Das OLG Frankfurt am Main hat am 24.07.2024 nochmals klar gestellt, dass die Ausschlagung einer Erbschaft bei einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses ausgeschlagen werden kann.

Eine Frau hatte das Erbe ihrer alkoholkranken Mutter ausgeschlagen, da sie aufgrund des chaotischen und verwahrlosten Zustands der Wohnung davon ausging, dass ihre Mutter verschuldet war und im sozialen Brennpunkt lebte. Später stellte sich jedoch heraus, dass ihre Mutter ein Vermögen im oberen fünfstelligen Bereich auf dem Konto hatte. Nachdem sie davon durch ein Schreiben des Nachlasspflegers erfahren hatte, erklärte die Tochter die Anfechtung der Erbausschlagung und beantragte einen Erbschein.

Das Nachlassgericht wies ihren Antrag ab, weil es die Anfechtung für unwirksam hielt. Daraufhin legte die Frau Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt ein. Das OLG gab ihr Recht und entschied, dass sie die Erbausschlagung wirksam anfechten könne (Beschluss vom 24.07.2024, Az. 21 W 146/23). Der entscheidende Punkt war, dass die Frau sich über die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses geirrt hatte, insbesondere über das Vorhandensein der erheblichen Kontoguthaben. Dies wurde als Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB gewertet, der zur Anfechtung der Ausschlagung berechtigt.

Das OLG stellte klar, dass es in solchen Fällen nicht – einfach - um einen Irrtum über den Wert des Nachlasses an sich geht, sondern um einen Irrtum über die konkreten wertbildenden Faktoren des Nachlasses, wie das Vorhandensein von Kontoguthaben. Diese Abgrenzung ist wichtig. Die Anfechtung wäre nur dann ausgeschlossen gewesen, wenn die Frau ihre Entscheidung bewusst auf den Wert an sich und die Annahme der Verschuldung gestützt hätte. Da dies jedoch nicht der Fall war und die Frau die Anfechtung unverzüglich nach Kenntnis des Vermögens erklärte, wurde ihr Antrag zugelassen.

Im Fall eines Irrtums ist immer zu fragen, ob sich dieser auf die wertbildenden Faktoren und somit die Eigenschaft der Sache bezieht – anfechtbar oder auf den Wert an sich – nicht anfechtbar.

Bereits zuvor hatte das OLG Düsseldorf in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein gesetzlicher Erbe, der fälschlicherweise von einer Überschuldung ausgegangen war, die Erbausschlagung wirksam anfechten konnte, nachdem sich herausstellte, dass der Erblasser ein erhebliches Vermögen hinterlassen hatte (Beschluss vom 20.11.2020, Az. I-3 Wx 166/20). Auch hier handelte es sich um einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft.