Gründung eines MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum)
Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 26.01.2022 – B 6 KA 2/21 R
Die vom Gesetzgeber mit Beginn 2004 in die ambulante Gesundheitsversorgung eingeführten Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) haben sich mittlerweile fest im Markt etabliert. Neben der Möglichkeit der Teilnahme an der ambulanten Gesundheitsversorgung für Träger von Krankenhäusern, haben auch Vertragsärzte und Vertragszahnärzte ihre Praxen in MVZ umgewandelt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werfen allerdings nach wie vor viele Fragen auf.
So musste sich das BSG mit einer entsprechend strittigen Frage beschäftigen (Vorinstanz: SG Magdeburg)
Der Sachverhalt
Grundlage der Entscheidung war ein auf Gründung eines MVZ gerichteter Antrag zweier Vertragsärzte. Die Ärzte schlossen sich zuvor in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, die Träger des genehmigten MVZ war. Zudem beantragten die Ärzte unter Verzicht auf ihre persönlichen Zulassungen für sich unter Vorlage von Anstellungsverträgen zwischen sich und der "eignen" Gesellschaft Anstellungsgenehmigungen zwecks Anstellung im MVZ.Der Berufungsausschuss genehmigte die Tätigkeit der beiden Vertragsärzte im MVZ, erteilte aber die beantragten Anstellungsgenehmigungen nicht.Nach Auffassung des Berufungsausschusses könne ein Gesellschafters einer Personengesellschaft mit der eigenen Gesellschaft kein Arbeitsverhältnis eingehen, es fehle daher für die Anstellungsgenehmigung an der erforderlichen Anstellung.
Die Entscheidung
Die Aussfassung des Berufungsausschusses wurde indes durch das Bundessozialgericht bestätigt. Zuvor hat das Sozialgericht Magdeburg die Entscheidung des Berufungsausschusses noch aufgehoben. Das BSG vertritt die Auffassung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn Voraussetzung für eine Anstellungsgenehmigung sei. Denn diese setze voraus, dass der Arzt weisungsgebunden arbeitet, in einen fremden Betrieb eingegliedert ist und ihm Art, Zeit und Ort vorgegeben ist. Die Ärzte erfüllten diese Voraussetzungen jedoch nicht, da diese mittels ihrer Gesellschafterstellung defacto Einfluss nehmen können. Am anschaulichsten zeigt sich dies in der Einmann-GmbH, die nur einen Gesellschafter hat, der gleichzeitig bei der GmbH angestellt ist. Der Gesellschafter kann über seine Stellung vollen Einfluss auf die Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses mit der GmbH nehmen und ist damit de facto weder weisungsgebunden noch in einen fremden Betrieb eingegliedert.
Die Auswirkungen
Folgen des Urteils:Der Vertragsarzt bleibt persönlich zugelassen, seine Zulassung ruht und wird unter dem Dach des MVZ fortgeführt.Das MVZ (defacto sie die Trägergesellschaft) rechnet seine Leistungen ab, verfügt aber nicht über die Zulassung in Form einer Anstellungsgenehmigung.Die steuerrechtlichen Folgen wirken sich vor allem in der Gründung und weiteren Gestaltung der Übertragung der Praxis wie folgt aus:
Bei der Gründung eines MVZ durch Einbringung der eigenen Praxis in eine GmbH ist die steuerrechtlich weiterhin unklar, ob für eine steuerneutrale Einbringung die persönliche Zulassung übergehen muss. Klar ist, dass der Vertragsarzt im Zuge des Verkaufs seiner Gesellschaftsanteile und Beendigung der eigenen Tätigkeit - sollte er zu diesem Zeitpunkt zugelassen sein - die Zulassung noch auf das MVZ übertragen werden muss. Dies kann mittels öffentlichen Ausschreibungs- und Nachbesetzungsverfahren oder durch Verzicht zugunsten einer Anstellung (mindestens 3 Jahre abgängige Beschäftigung) erfolgen.