Beitrag von Max van der Leeden, Fachanwalt für Arbeitsrecht:


Häufige Frage meiner Mandanten bei Kündigungen im Arbeitsverhältnis: Was ist mit meiner Ausbildungszeit? Verlängert sich die Kündigungsfrist durch die Ausbildung? Zählt die Ausbildungszeit bei dem gesetzlichen Kündigungsschutz mit dazu? Was ist mit der Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes? Zählt auch da meine Ausbildung mit dazu? Hier habe ich die wichtigsten Antworten zusammengestellt:  


Verlängert sich durch die Ausbildung die Kündigungsfrist:

Ja. Die Kündigungsfristen gem. § 622 BGB stellen zwar im Wortlaut auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab, die Ausbildungszeit ist jedoch bei der Berechnung dieser Fristen nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes genauso zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 09.09.2010, 2 AZR 714/08). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Ausbildende direkt nach der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird. Die Ausbildung muss somit in aller Regel bei der maßgeblichen Kündigungsfrist mitgezählt werden.


Zählt die Ausbildung bei dem Kündigungsschutz mit?

Auch hier ein klares ja. Auf die 6-monatige Wartezeit ist die Zeit einer vorangegangenen Ausbildung anzurechnen. Auch im Ausbildungsrecht gibt es eine Regelung, wonach auf den Berufsausbildungsvertrag die für den Arbeitsvertrag geltenden Vorschriften und Rechtsgrundsätze entsprechend anzuwenden sind, § 10 Abs. 2 BBiG. Ein Arbeitnehmer, der im unmittelbaren Anschluss an seine Ausbildung übernommen wird, hat deshalb die Wartezeit für den gesetzlichen Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG in aller Regel (schon) erfüllt und kann sich vom ersten Tag als Arbeitnehmer auf den gesetzlichen Kündigungsschutz berufen. Das gilt jedenfalls dann, wenn im Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden.


Ist die Ausbildung bei der Abfindung zu berücksichtigen?

Auch hier gibt es von meiner Seite ein klares ja. Die Ausbildung ist Teil der Betriebszugehörigkeit. Bei der Bemessung der Abfindung muss diese Ausbildungszeit in aller Regel mitberücksichtigt werden. Dabei spielt keine Rolle, dass während der Ausbildung nur eine geringe Vergütung bezahlt wird. Maßgeblich für die Frage der Höhe der Abfindung ist ohnehin in aller Regel das letzte, also das aktuelle Bruttogehalt einschließlich sämtlicher Vergütungsbestandteile.


Fazit:

Bei einer Kündigung im Arbeitsverhältnis sollten Sie sich immer durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Ausbildungszeiten werden bei Kündigungen häufig nicht beachtet. Nicht vergessen: Kündigungen müssen innerhalb von drei Wochen ab Zugang gerichtlich angegriffen werden, ansonsten ist der Zug abgefahren. Bei einer Kündigung sollten Sie immer auch die Ausbildungszeit im Auge haben, auch wenn diese Zeit schon lange zurück liegt. 


Stand: Oktober 2024