Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. November 2024 (Aktenzeichen: IX ZR 179/23) behandelt einen Rechtsstreit zwischen einem Kläger und dem Insolvenzverwalter eines Bauunternehmers. Der Kläger hatte den Bauunternehmer mit dem Ausbau seines Hauses beauftragt und bereits zwei Teilzahlungen geleistet. Bevor der Bauunternehmer sämtliche Arbeiten erbracht hatte, stellte er seinen Geschäftsbetrieb ein und meldete Insolvenz an. Der Kläger verlangte als Besteller vom Insolvenzverwalter eine prüffähige Schlussrechnung, um feststellen zu können, in welcher Höhe er Überzahlungen geleistet hatte, d. h. in welchem Umfang die vom Bauunternehmer erbrachten Arbeiten die von ihm geleisteten Zahlungen noch nicht aufgebraucht hatten.
Das Landgericht Stade und das Oberlandesgericht Celle hatten dem Kläger Recht gegeben und den Insolvenzverwalter verurteilt, die Schlussrechnung zu erstellen. Der BGH hob diese Urteile aber auf und wies die Klage ab.
Die wesentlichen Punkte des Urteils sind:
- Anspruch auf Schlussrechnung: Grundsätzlich kann ein Besteller nach Kündigung eines Werkvertrags aus wichtigem Grund vom Unternehmer eine Schlussrechnung verlangen. Nur so kann der Besteller prüfen, ob seine Voraus- oder Abschlagszahlungen die vom Unternehmer erbrachten Leistungen übersteigen. Der Unternehmer hat im Fall einer Kündigung aus wichtigem Grund nämlich nur einen Anspruch auf die Vergütung, die für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entstanden ist.
- Insolvenz des Unternehmers: In der Insolvenz des Unternehmers hat der Besteller keinen Anspruch gegen den Insolvenzverwalter auf Erteilung einer Schlussrechnung. Der Insolvenzverwalter kann zwar eine Schlussrechnung erteilen, muss es aber nicht.
- Schätzung der Forderung: Ohne Schlussrechnung darf der Besteller seine Forderung, d. h. seinen Anspruch auf Rückzahlung eines etwaigen Überschusses, schätzen und beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. Das darf er selbst dann, wenn ihm genaue Informationen zu den erbrachten Leistungen fehlen. Er kann sich auf die ihm zur Verfügung stehenden Kenntnisse beschränken. Ist der Vortrag des Bestellers nachvollziehbar, muss der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen, ob bzw. in welchem Umfang die Voraus- oder Abschlagszahlungen des Bestellers durch die vom Unternehmen erbrachten Leistungen aufgebraucht worden sind.
- Prozessökonomische Erwägungen: Der BGH betont, dass die Anmeldung der geschätzten Forderung zur Tabelle für den Gläubiger ein kostengünstiger und effizienter Weg ist, um seine Ansprüche im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Zudem ist die rechtzeitige Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle kostenfrei.
- Kostenrisiken: Soweit der Insolvenzverwalter eine zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung feststellt, nimmt der Forderungsinhaber an der Verteilung der Insolvenzmasse teil. Wenn ein Insolvenzverwalter keine Schlussrechnung erteilt und die geschätzte Forderung bestreitet, muss er belegen, warum die Forderung unberechtigt ist. Andernfalls könnte er auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle verklagt werden. Erteilt der Insolvenzverwalter jedoch nachträglich die geforderte Auskunft oder Schlussrechnung, kann der Gläubiger seine Forderung entsprechend anpassen.
Zusammengefasst entschied der BGH, dass ein Besteller keinen Anspruch gegen einen Insolvenzverwalter hat, dass dieser eine Schlussrechnung erstellt. Vielmehr muss ein Besteller schätzen, in welcher Höhe er das insolvente Unternehmen überzahlt hat und seine geschätzte Forderung im Insolvenzverfahren zur Insolvenztabelle anmelden.