Hintergrund der Entscheidung
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem aktuellen Beschluss vom 15. März 2024 (Az. 5 UF 219/23) eine wichtige Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt im paritätischen Wechselmodell getroffen. Dieser Beschluss beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen und Zuständigkeiten, wenn Eltern sich die Betreuung ihrer Kinder gleichmäßig teilen und einer von ihnen Unterhalt für die Kinder beantragen möchte.
Sachverhalt
Die Eltern, beide Lehrer und miteinander verheiratet, haben vier Söhne. Nach ihrer Trennung im Jahr 2020 einigten sie sich auf ein Wechselmodell, bei dem die Kinder abwechselnd bei beiden Elternteilen leben. Die Mutter zog im August 2023 zu ihrem neuen Lebensgefährten, während der Vater im gemeinsamen Einfamilienhaus verblieb. Beide Elternteile betreuen die Kinder nach einem festen Zeitplan: Die Kinder sind in geraden Wochen von Mittwoch bis Freitag und in ungeraden Wochen von Mittwoch bis Montag bei der Mutter, die übrige Zeit verbringen sie beim Vater.
Die Mutter beantragte im einstweiligen Anordnungsverfahren die Befugnis, den Kindesunterhalt geltend zu machen. Der Vater widersprach und argumentierte, dass die Kinder überwiegend bei ihm seien und die Mutter daher nicht berechtigt sei, Unterhalt zu fordern.
Gründe der Entscheidung
Das OLG Karlsruhe stellte klar, dass die Beschwerde des Vaters gemäß § 57 FamFG statthaft und zulässig war. Der Vater war beschwerdeberechtigt, da er geltend machte, überwiegend die Kinder zu betreuen und daher selbst die Befugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt gemäß § 1629 Abs. 2 und 3 BGB zu haben. Das Gericht entschied, dass § 1629 Abs. 3 BGB analog anzuwenden sei, wenn die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse keine eindeutige Obhut eines Elternteils erkennen lassen.
Entscheidung des OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe gab der Beschwerde des Vaters statt und hob die vorläufige Übertragung der Befugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt auf die Mutter auf. Die Anträge der Mutter wurden abgewiesen. Das Gericht betonte, dass im Wechselmodell kein Elternteil die alleinige Obhut innehat, wenn die Betreuungszeiten gleichwertig sind. Es stellte fest, dass die Mutter nicht allein berechtigt sei, Unterhalt zu fordern, da sie nicht überwiegend die Betreuung der Kinder übernommen habe.
Praktische Bedeutung der Entscheidung
Diese Entscheidung verdeutlicht, dass im Wechselmodell beide Elternteile gleichberechtigt sind, und es sorgfältig geprüft werden muss, wer den Kindesunterhalt geltend machen darf. Wichtig ist hierbei die tatsächliche Betreuungszeit und die aktive Rolle beider Elternteile im Alltag der Kinder. Die Entscheidung stellt klar, dass das Wechselmodell nicht durch einseitiges Handeln eines Elternteils geändert werden kann, sondern dass hierfür eine gerichtliche Entscheidung notwendig ist.
Für betroffene Eltern bedeutet dies, dass eine einvernehmliche Regelung und klare Absprachen über die Betreuung und Unterhaltszahlungen getroffen werden sollten. Konflikte können durch frühzeitige Mediation und Beratung vermieden werden.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stellt klar, dass im Wechselmodell beide Elternteile eine gleichwertige Rolle spielen und die Geltendmachung von Kindesunterhalt genau geprüft werden muss. Eltern, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, sollten sich umfassend rechtlich beraten lassen, um Missverständnisse und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Für weitergehende Fragen und individuelle Beratung stehen wir Ihnen in der Kanzlei am Forum gerne zur Verfügung.