Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und andere digitale Assets stellen eine neue Herausforderung in der Testamentsgestaltung dar. Aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen und mangelnder gefestigter Rechtsprechung bestehen erhebliche rechtliche und steuerliche Unsicherheiten bei der Vererbung und Verwaltung von Kryptowerten. Um Erben einen reibungslosen Zugriff auf das digitale Vermögen zu ermöglichen und steuerliche Risiken zu minimieren, ist eine vorausschauende Planung essenziell.

1. Kryptowerte als Teil des Nachlasses

Nach der gegenwärtig vorherrschenden Literaturmeinung und auch der Mitteilung der Bundesregierung sollen Kryptowährungen nach deutschem Erbrecht vererbbar sein und unterliegen der sogenannten Universalsukzession gemäß § 1922 BGB (Übergang des Vermögens als Ganzes auf den Erben / die Erbengemeinschaft).

Für die erfolgreiche Testamentsgestaltung ist aber ein genauer Blick auf die konkret zu vererbenden Kryptowerte geboten. Denn erst die genaue Kenntnis über die rechtliche Einordnung eines Kryptoassets ermöglicht eine erfolgreiche testamentarische (und steuerliche) Gestaltung.  

Kryptoassets sind vielfältig und lassen sich beispielsweise in Payment Token, Security Token und Utility Token unterteilen. Payment Token wie Bitcoin dienen als digitales Zahlungsmittel, unterliegen jedoch keiner einheitlichen Regulierung. Security Token verbriefen Eigentums- oder Beteiligungsrechte und können dem Wertpapierrecht unterfallen, wodurch sie strengen regulatorischen Anforderungen unterliegen. Utility Token gewähren Zugang zu bestimmten Plattformen oder Dienstleistungen und sind in der Regel nicht als Wertpapiere eingestuft, können aber Grauzonen unterliegen. Die rechtliche Einordnung von Kryptoassets entwickelt sich dynamisch weiter und orientiert sich oft an bestehenden Finanz- und Wertpapiergesetzen.

2. Erbschaftsteuer & Pflichtteilsrecht: Herausforderungen bei der Vererbung von Kryptowährungen

Kryptowährungen unterliegen in Deutschland der Erbschaftsteuer. Allerdings bestehen Unsicherheiten in Bezug auf:

  • Bewertung: Kryptowährungen unterliegen starken Kursschwankungen. Maßgeblich ist der Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erbfalls. Wie dieser Wert genau ermittelt wird, ist jedoch nicht abschließend geklärt. Grundsätzlich handelt es sich um den „gemeinen Wert“, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 BewG).
  • Abgrenzung von Privat- und Betriebsvermögen: Werden Kryptowerte im Betriebsvermögen gehalten bzw. betrieblich genutzt (z. B. durch Mining oder Trading), kann dies steuerlich anders behandelt werden als im Privatvermögen. Die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen erfordert eine präzise Einordnung. Mehr zur steuerlichen Beratung für digitale Assets erfahren Sie hier!
  • Pflichtteilsberechnung: Pflichtteilsberechtigte haben gegen den/die Erben einen Anspruch auf Zahlung eines anhand des Nachlasswertes zu berechnenden Geldbetrages. Die Volatilität von Kryptowährungen kann hierbei zu erheblichen Streitigkeiten führen. Maßgeblich ist grundsätzlich der Wert zum Todestag. Ein anschließender Kursverfall geht grundsätzlich zu Lasten der Erben. 

Praxistipp:

  • Regelmäßige Dokumentation des Krypto-Portfolios mit Stichtagsbewertungen.
  • Steuerliche Beratung zur Optimierung der Steuerlast im Erbfall.

3. Testamentsgestaltung und Vermächtnisse für Kryptovermögen

Da Kryptowährungen nicht bei Banken oder in klassischen Depots verwahrt werden, ist eine präzise Testamentsgestaltung wichtig:

  • Quotenvermächtnisse: Eine prozentuale Aufteilung des Kryptovermögens an verschiedene Erben kann sinnvoll sein, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
  • Einzelzuwendungen: Bestimmte Wallets oder spezifische Kryptowährungen können einzelnen Personen vermacht werden.
  • Regelungen zur Verfügungsmacht: Die private Schlüsselverwaltung sollte genau geklärt sein, um Zugriffsprobleme zu vermeiden.

Praxistipp:

  • Testament mit klaren Formulierungen zur Verteilung der Kryptowährungen.
  • Dokumentation der privaten Schlüssel unter Wahrung der Sicherheit. Keinesfalls sollten Zugangsdaten in das Testament aufgenommen werden!

4. Testamentsvollstreckung: Schutz und Verwaltung digitaler Werte

Die Einsetzung eines sachkundigen Testamentsvollstreckers kann sicherstellen, dass Kryptowerte fachgerecht verwaltet und an die Erben übertragen werden. Da Kryptowährungen technischen und sicherheitskritischen Besonderheiten unterliegen, sollte eine Person mit entsprechender Fachkenntnis ausgewählt werden.

Praxistipp:

  • Auswahl eines Testamentsvollstreckers mit Erfahrung im Bereich Kryptowährungen.
  • Erstellung einer detaillierten Anweisung zur Verwaltung des digitalen Nachlasses.

5. Rechtliche Unsicherheiten und zukünftige Entwicklungen

Aufgrund der Dynamik im Bereich digitaler Assets sind zahlreiche Fragen ungeklärt:

  • Regulierung: Künftige gesetzliche Regelungen können die erbrechtliche Behandlung von Kryptowährungen erheblich beeinflussen.
  • Nachweis der Erbfolge: Der Nachweis gegenüber Krypto-Börsen und Wallet-Anbietern ist uneinheitlich geregelt und kann zu praktischen Problemen führen.
  • Zugangsprobleme: Ohne klare Regelungen können Erben Schwierigkeiten haben, Zugang zu Wallets und Börsenaccounts zu erhalten.

Praxistipp:

  • Regelmäßige Überprüfung der Testamentsgestaltung auf neue gesetzliche Entwicklungen.
  • Erstellung eines digitalen Nachlassplans mit allen relevanten Informationen.

Fazit

Die Vererbung von Kryptowährungen erfordert eine umfassende Planung und eine klare Testamentsgestaltung unter Wahrung der Vertraulichkeit der Zugangsschlüssel. Angesichts der bestehenden rechtlichen und steuerlichen Unsicherheiten ist eine frühzeitige Beratung durch Ihren Rechtsanwalt und Steuerberater dringend zu empfehlen. So kann sichergestellt werden, dass das digitale Vermögen im Erbfall gesichert bleibt und nicht verloren geht.