Derzeit tummeln sich diverse Anwaltskollegen in sozialen Netzwerken, die Kunden von Coaches versprechen, in Anspruch genommene Leistungen nicht zahlen zu müssen. So sei man zur Zahlung nicht verpflichtet, wenn man unzufrieden sei und Coaches werden pauschal als unseriös stigmatisiert.

Sicherlich befinden sich insbesondere im Rahmen der angebotenen Online-Coachingverträge einige zweifelhafte Anbieter, doch viele Coaches sehen sich zu Unrecht dem Vorwurf einer Abzocke ausgesetzt.

Coaching-Kunden müssen Verträge erfüllen

Wir vertreten Coaches, Lebensberater und Therapeuten, deren Kunden nach regulärem Vertragsabschluss die Zahlung verweigern und somit ihren Teil des Vertrages nicht erfüllen.

Dabei hat die fehlende Zahlungsmoral der Kunden selten etwas mit der angebotenen Leistung des Coaches oder einer etwaigen Unwirksamkeit des Vertrages zu tun, sondern vielmehr ihre Ursache in dem Wunsch, die einmal begonnene Ausbildung nicht abzuschließen.

Nur allzu gerne werben sogenannte Verbraucheranwälte reißerisch auf Instagram, Facebook und TikTok damit, dass Gerichte Online-Coaching Verträge als generell unwirksam beurteilen und Kunden deshalb nicht zahlen müssen.

Wir wollen im Folgenden einen Überblick über die tatsächliche Rechtslage bieten, denn diese ist differenzierter als medial suggeriert:

Verstoß gegen Fernunterrichtsschutzgesetz – Urteil des OLG Celle,  Az.: 3 U 85/22

Das Urteil des OLG Celle vom 1. März 2023 wird vielfach als eine Art Freifahrtschein zum Ausstieg aus Verträgen über ein Online-Coaching gewertet. Aber auch nach der Entscheidung des OLG Celle ist ein Coaching-Vertrag nur dann nichtig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.


Richtig ist, dass das OLG Celle entschieden hat, das ein Vertrag über Online-Coaching nichtig ist, wenn der Anbieter gegen das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) verstoßen hat. Nach dieser Regelung muss der Coach über eine Zulassung für Fernlehrgänge gemäß § 12 FernUSG verfügen. Ansonsten ist der Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig. Tatsächlich dürfte eine solche Zulassung in vielen Fällen nicht vorliegen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Verbraucher und auch Gewerbetreibende so einfach aus dem Vertrag aussteigen und ggf. bereits gezahlte Gebühren zurückfordern können.

Denn zunächst muss geklärt werden, ob überhaupt ein Fernunterrichtsvertrag vorliegt. Dazu ist gemäß § 1 FernUSG erforderlich, dass der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lernerfolg durch den Lehrenden überwacht wird. Schon diese Voraussetzung ist bei vielen Online-Coachings nicht erfüllt, da regelmäßig auch Live-Calls mittels Zoom oder anderen Tools stattfinden. Der technische Fortschritt ermöglicht es, persönliche Telefonate mittels Zoom oder spezielle Mitgliederbereiche zu schaffen. Je nach Coaching-Angebot wird entschieden werden müssen, ob dann überhaupt noch eine überwiegende räumliche Trennung im Sinne des Fernunterrichtsgesetzes vorliegt.

Auch das Erfordernis der Überwachung des Lernerfolges ist nicht ohne weiteres zu bejahen. Nach der Entscheidung des OLG Celle genügt hierfür bereits die Möglichkeit einer Rücksprache.

Diese Bewertungen des OLG Celle sorgten für Aufsehen. Oft wird jedoch verschwiegen, dass andere Gerichte diese Angelegenheiten anders bewerten und damit die Position der Coaches stärken.

LG München, Urteil vom 12.02.2024, Az. 29 O 12157 / 23

Eine Unternehmerin hatte im Juni 2022 einen Vertrag über ein neunmonatiges Online-Coaching zum Preis von 20.000 Euro geschlossen. Das Coaching beinhaltete u.a. Zoom-Webinare und periodische persönliche Coachingeinheiten. Einige Monate später kündigte die Teilnehmerin den Vertrag und verlangte die Rückzahlung ihrer Gebühren. Dabei berief sie sich u.a. darauf, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen das FernUSG nichtig sei.

Das Landgericht München bewertete dies anders: Das Coaching sei nicht als Fernunterricht zu sehen. Zur Begründung führte das Gericht an, dass durch die angebotenen Zoom-Meetings keine räumliche Trennung vorliege. Nach dem Wortlaut des FernUSG sei zwar auf eine räumliche Trennung abzustellen. Allerdings stamme der Gesetzestext aus dem Jahr 1977 und konnte die technischen Entwicklungen nicht absehen. Daher müsse vielmehr berücksichtigt werden, ob eine zeitliche Trennung vorliegt. Da die Zoom-Meetings live erfolgen, sei das aber nicht der Fall.

Zudem stellte sich das LG München gegen die Ansicht des OLG Celle, dass das FernUSG auch im B2B-Bereich bei Verträgen mit Unternehmern anwendbar sei. Das Gesetz diene im Wesentlichen dem Verbraucherschutz.

OLG Hamburg, Urteil vom 20.02.2024, Az. 10 U 44/23

Ähnlich wie das LG München entschied auch das OLG Hamburg, dass das FernUSG auf einen Online-Coaching-Vertrag keine Anwendung findet. Hier hatte die Klägerin ein sechsmonatiges Online-Coaching gebucht, das einen umfassenden Zugang zu Coaching-Videos bot. Zudem bestand alle drei Wochen die Möglichkeit, an einem Zoom-Meeting teilzunehmen.

Das OLG Hamburg stellte fest, dass aus dem Online-Coaching nicht ersichtlich sei, ob eine Überwachung des Lernerfolgs vorgesehen war. Zudem habe kaum eine Wissensvermittlung stattgefunden, sondern in erster Linie sei umfangreiches Informationsmaterial zugänglich gemacht worden. Insofern läge kein Fernunterricht vor.

OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023, Az. 2 U 24/23

Auch das OLG Köln stärkte die Position von Coaches: Ohne eine echte Kontrolle des Lernerfolgs läge kein Fernunterricht vor, das Fernunterrichtgesetz fände keine Anwendung. Das Merkmal einer vertraglich vereinbarten Überwachung des Lernerfolgs sei zwar nach der Rechtsprechung des BGH weit auszulegen. In dem streitgegenständlichen Vertrag sei eine Leistungskontrolle nicht ausdrücklich erwähnt worden. Es seien weder Prüfungsaufgaben noch die Möglichkeit zur Rücksprache vereinbart worden. Eine einfache Selbstkontrolle stelle keine Leistungskontrolle dar, so das OLG Köln.

Coach nicht zum Erfolg verpflichtet

Häufig verkennen die Teilnehmer eines Online-Coachings, dass sich der Coach in der Regel nicht verpflichtet, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Nur wenn der streitige Coaching-Vertrag als Werkvertrag gestaltet ist, muss der Coach nicht nur die vertraglich vereinbarte Dienstleistung erbringen, sondern verpflichtet sich auch, ein bestimmtes Erfolgsziel zu erreichen. Wird dies nicht erreicht, kann der Kunde Anspruch auf Nacherfüllung bzw. Minderung des Honorars haben.

Liegt aber, wie regelmäßig vereinbart, ein Dienstvertrag vor, hat sich der Anbieter nicht zu einem bestimmten Ergebnis verpflichtet. Der Kunde kann dann nur in Ausnahmefällen Ansprüche geltend machen, sofern der Anbieter seine vertraglich vereinbarte Dienstleistung erfüllt hat.

Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit

Sind die Kunden mit dem Ergebnis des Coachings nicht zufrieden, berufen sie sich oft auf Sittenwidrigkeit, um aus dem Vertrag auszusteigen. Sittenwidrigkeit liegt aber nur vor, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände vorliegen, die den Vertrag als sittenwidrig erscheinen lassen. Von Sittenwidrigkeit ist in der Regel erst dann auszugehen, wenn der Preis des Kurses den Wert der erbrachten Leistung um 100 % übersteigt.

Widerruf des Coaching-Vertrags

Der Widerruf eines Online-Coaching-Vertrags ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Vertrag als Verbraucher abgeschlossen wurde. Unternehmer haben keine Widerrufsmöglichkeit. Auch Verbraucher können den Vertrag nur unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen. So hat der Verbraucher nur dann ein 14-tägiges Widerrufsrecht, wenn der Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist, z.B. telefonisch oder per E-Mail. Häufig muss im Einzelfall entschieden werden, ob der Coaching-Vertrag als Verbraucher oder Unternehmer geschlossen wurde und ob ein Widerrufsrecht besteht.