Am 7. Oktober 2024 entschied das Arbeitsgericht Berlin (Az: 59 Ca 8733/24) über die Wirksamkeit der Kündigung eines Straßenbahnfahrers, der wegen eines bedrohlichen Facebook-Posts entlassen wurde. Der Fall wirft interessante Fragen zur Meinungsfreiheit und den Pflichten von Arbeitnehmern auf und zeigt, wie soziale Medien das Arbeitsverhältnis beeinflussen können. Erfahren Sie mehr über den Hintergrund und die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin im heutigen Blogartikel der Kanzlei am Südstern aus Berlin.

Details zur Facebook-Gruppe und dem bedrohlichen Post

Ein seit 2009 beschäftigter Straßenbahnfahrer und alleinerziehender Vater von drei Kindern war Administrator einer privaten Facebook-Gruppe mit rund 1000 Mitgliedern, die sich an das Fahrpersonal seines Arbeitgebers richtete. Im Mai 2024 veröffentlichte er in dieser Gruppe einen Kommentar zur Tarifpolitik der Gewerkschaft ver.di, den er mit einer Fotomontage abschloss. Diese zeigte einen knienden Mann, auf dessen Kopf eine Pistole gerichtet war, mit der Überschrift „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“. Neben der abgebildeten Person waren sowohl das Logo der Gewerkschaft als auch das seines Arbeitgebers zu sehen.

Sieben Mitarbeiter, die zugleich in gewerkschaftlichen Funktionen tätig waren, empfanden diesen Beitrag als bedrohlich und wandten sich mit einer Beschwerde an die Arbeitgeberin. Nach Anhörung des Klägers sowie des Personalrats sprach die Arbeitgeberin sowohl eine fristlose als auch eine ordentliche Kündigung aus.

Der Kläger argumentierte, sein Beitrag sei durch die Meinungsfreiheit gedeckt und stelle keine konkrete Bedrohung dar. Die Fotomontage sei als provokante Kritik an der Tarifpolitik von ver.di zu verstehen, nicht als ernsthafte Drohung. Zudem betonte er, dass lediglich sieben von insgesamt 13.000 Beschäftigten eine Beschwerde eingereicht hätten, sodass aus seiner Sicht keine erhebliche Störung des Betriebsfriedens vorliege. Er vertrat die Auffassung, dass eine Abmahnung als Reaktion ausgereicht hätte und die Kündigung unverhältnismäßig sei.

Gerichtliche Beurteilung der Kündigung

Das Arbeitsgericht Berlin entschied, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei, da es der Arbeitgeberin zuzumuten sei, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Die ordentliche Kündigung hingegen wurde als wirksam erachtet.

Das Gericht stellte fest, dass die Fotomontage eine konkrete Bedrohung der Gewerkschaftsfunktionäre darstelle und eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens verursache. Die private Facebook-Gruppe mit etwa 1000 Mitgliedern sei nicht mehr als ein überschaubarer Adressatenkreis anzusehen, und der Beitrag sei auf eine Außenwirkung angelegt gewesen. Die Fotomontage sei als Drohung zu verstehen und auch so verstanden worden, was sich an den Beschwerden der sieben Beschäftigten zeige. Eine solche konkrete Bedrohung sei von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt.

Das Gericht betonte, dass der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Interesse daran habe, dass seine Arbeitnehmer respektvoll miteinander umgehen und der Betriebsfrieden gewahrt bleibe. Die Bedrohung von Kollegen stelle eine erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar und rechtfertige eine verhaltensbedingte Kündigung. Eine Abmahnung sei in diesem Fall nicht erforderlich gewesen, da die Pflichtverletzung so schwerwiegend sei, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber unzumutbar sei.

In der Interessenabwägung stellte das Gericht fest, dass das Interesse des Arbeitgebers am Schutz seiner Beschäftigten und der Wahrung des Betriebsfriedens das Interesse des Klägers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwiege. Die 15-jährige Betriebszugehörigkeit und die familiäre Situation des Klägers könnten die Interessen des Arbeitgebers nicht aufwiegen.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass die Meinungsfreiheit auch im Arbeitsverhältnis nicht uneingeschränkt gilt, insbesondere wenn Äußerungen als bedrohlich empfunden werden oder den Betriebsfrieden stören. Arbeitgeber sind berechtigt, Maßnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten und zur Wahrung eines störungsfreien Arbeitsumfeldes zu ergreifen. Arbeitnehmer sollten sich darüber im Klaren sein, dass auch Äußerungen in sozialen Medien arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.

Die Kanzlei am Südstern aus Berlin steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Arbeitsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.


Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. Oktober 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.