Unternehmensliquidation. Was klingt wie das letzte Kapitel einer Geschichte, ist in Wirklichkeit das erste Kapitel vieler arbeitsrechtlicher Fragen.


Was bedeutet die Liquidation einer Gesellschaft für Arbeitsverträge, Mitbestimmung und Sozialpläne?




1.Liquidation ≠ Kündigung

Durch den Liquidationsbeschluss wandelt sich der Zweck der Gesellschaft – von einem wirtschaftlich-werbenden in einen abwickelnden Gesellschaftszweck.

Doch das bedeutet nicht, dass auch die Arbeitsverhältnisse der Gesellschaft mit den Arbeitnehmenden automatisch enden. Es schlägt vielmehr, wenn die unternehmerische Tätigkeit tatsächlich eingestellt oder im Zuge der Liquidation umstrukturiert wird, die Stunde des Arbeitsrechts.


2. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Die Unternehmensliquidation kann eine Betriebsänderung im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG darstellen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn:

  • eine Betriebsstilllegung geplant ist,
  • erhebliche Personalmaßnahmen (z. B. Massenentlassungen) erfolgen,
  • ein wesentlicher Teil des Betriebs verlagert oder ausgegliedert wird.

In diesen Fällen muss der Betriebsrat frühzeitig informiert und beteiligt werden. Zudem kann die Aufstellung eines Sozialplans erforderlich sein, wenn das Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt.


3. Betriebsstilllegung oder Betriebsübergang?

Eine zentrale arbeitsrechtliche Frage ist, ob die Unternehmensliquidation zu einer Betriebsstilllegung oder zu einem Betriebsübergang nach § 613a BGB führt.

  • Betriebsstilllegung: Der Betrieb wird endgültig eingestellt, sämtliche Arbeitsverhältnisse enden mit Kündigung.
  • Betriebsübergang: Der Betrieb oder Betriebsteile werden auf einen neuen Inhaber übertragen, wobei die Arbeitnehmer und ihre Arbeitsverhältnisse entsprechend übergehen.

Ob eine Stilllegung oder ein Übergang vorliegt, hat also erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen – insbesondere für Kündigungsschutz und Sozialplanpflichten.


4. Arbeitsrechtliche Pflichten der Liquidatoren

Die Liquidatoren sind für die Einhaltung sämtlicher arbeitsrechtlicher Vorschriften verantwortlich. Dazu gehört insbesondere:

  • Einhaltung der Kündigungsfristen (§ 622 BGB bzw. vertraglich festgelegte Kündigungsfristen)
  • Beachtung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)
  • Sozialplanpflicht bei relevanten Betriebsänderungen
  • Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist.




Fazit

Die Liquidation eines Unternehmens hat weitreichende arbeitsrechtliche Konsequenzen. Arbeitgeber sollten frühzeitig prüfen, ob eine Betriebsänderung vorliegt und welche Mitbestimmungsrechte zu beachten sind. Arbeitnehmer und Betriebsräte sollten ihre Rechte kennen und frühzeitig Verhandlungen über einen Sozialplan führen. Die sorgfältige arbeitsrechtliche Begleitung der Liquidation ist entscheidend, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.