Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einer aktuellen Entscheidung wichtige Festlegungen zum Pflichtenkreis und Vorständen und Geschäftsführern in eine Unternehmenskrise getroffen.
Die Entscheidung zeigt erneut auf, dass Unternehmenslenker in Krisenzeiten sehr genau darauf achten müssen,wie es um die Firma bestellt ist. Kommen sie dieser Kardinalpflicht nicht nach, kann es für Vorstände und Geschäftsführer in der Folge sogar zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom Januar 2025 einen Fall entschieden, in welchem nach der Insolvenz eines Unternehmens die D&O-Versicherung der Geschäftsleitung zur Begleichung von Schadenersatzansprüchen des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer herangezogen werden sollte.
Der Versuch scheiterte. Die Haftpflichtversicherung konnte sich mit Erfolg darauf berufen, dass die Geschäftsleitung durch eine verspätete Insolvenzantragstellung Kardinalpflichten aus dem Versicherungsvertrag verletzt hatte und die Versicherung deswegen in der Folge leistungsfrei wurde.
Worum ging es?
Ein Unternehmen aus dem Bereich des Bauwesens hatte eine Managerhaftpflichtversicherung für dessen Organe abgeschlossen. Das Unternehmen befand sich in wirtschaftliche Schieflage, es bestanden insbesondere Forderungen von Seiten des Finanzamtes gegen das Unternehmen, welche die vorhandenen Barmittel erheblich überstiegen. Dennoch wirtschaftete das Unternehmen erst einmal weiter und stellte dann viel zu spät einen Insolvenzantrag.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main befand, dass es zu den Kardinalpflichten von Geschäftsführern und Vorständen gehört, bei Erkennbarkeit einer Insolvenzreife einen rechtzeitigen Insolvenzantrag zu stellen. Die Insolvenzreife sei hier auch erkennbar gewesen, da die Unternehmensleitung schließlich von den Finanzamtsforderungen wusste und ihr auch klar war, dass zur Begleichung nicht ausreichend Barmittel zur Verfügung standen.
Damit sei die D&O Versicherung leistungsfrei für etwaige Schadensersatzansprüche des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer, da die Verletzung einer Kardinalpflicht zugleich den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nahe lege. Wissentliche Pflichtverletzungen von Kardinalpflichten lassen den Versicherungsschutz für die Organe einer Gesellschaft entfallen.
Damit haftet die Geschäftsleitung selbst und unmittelbar in voller Höhe für den durch die verspätete Insolvenzantragstellung entstandenen Schaden, ohne hierfür die Versicherung heranziehen zu können.
Handlungsempfehlung
Es ist Geschäftsführern und Vorständen dringend anzuraten, bei einer sich anbahnenden Krise fachgerechten Rat zu den Verhaltenspflichten und etwaigen Lösungsansätzen einzuholen, bevor die Problematik voll auf deren Privatvermögen durchschlägt. Dies gilt insbesondere, wenn für die nähere Zukunft mit der Fälligkeit wesentlicher Forderungen gerechnet werden muss, die von der Firma voraussichtlich nicht bedient werden können.