'Nur' weil Ihr Ex fremdgegangen ist, heißt das nicht automatisch, dass Sie mehr Unterhalt oder das alleinige Sorgerecht erhalten.
Wenn eine Beziehung zerbricht, sind die emotionalen Folgen oft schwer zu verarbeiten. In vielen Fällen gibt es einen "Schuldigen", und das führt zu vielen Missverständnissen und Fehlannahmen darüber, was im Rahmen von Trennungen und Scheidungen rechtlich tatsächlich durchsetzbar ist. Eine der häufigsten Annahmen, die ich immer wieder höre, lautet: „Weil mein Ex fremdgegangen ist, muss er mir mehr Unterhalt zahlen oder ich bekomme das alleinige Sorgerecht.“
Es tut mir leid, diese Vorstellung zu widerlegen, aber das ist nicht so einfach. In der Realität sind Trennungen und Scheidungen deutlich komplexer, als man es sich oft vorstellt. Fremdgehen ist zwar schmerzhaft und enttäuschend, aber es hat nicht zwangsläufig rechtliche Auswirkungen auf die finanziellen oder elterlichen Rechte und Pflichten. Hier sind die Gründe, warum das so ist.
1. Unterhalt wird nicht automatisch durch Fremdgehen beeinflusst
In Deutschland gibt es klare Richtlinien für den Unterhalt nach einer Trennung oder Scheidung. Der sogenannte Trennungsunterhalt oder der nacheheliche Unterhalt basiert auf verschiedenen Faktoren, aber nicht auf der Frage, ob einer der Partner fremdgegangen ist. Vielmehr kommt es auf das Einkommen der beiden Parteien, die Dauer der Ehe und die Lebensstandards, die während der Beziehung aufrechterhalten wurden, an.
Fremdgehen mag in einer Beziehung emotionalen Schaden anrichten, aber es beeinflusst nicht direkt den Anspruch auf Unterhalt. Es gibt nur in seltenen Fällen eine Ausnahme: Wenn ein Partner durch das Fremdgehen des anderen erheblichen finanziellen Schaden erlitten hat, könnte dies unter bestimmten Umständen eine Rolle spielen, allerdings ist das in der Praxis schwer zu beweisen und hat in der Regel keinen Einfluss auf den Unterhalt.
2. Das Sorgerecht wird nicht automatisch wegen Untreue geändert
Was das Sorgerecht betrifft, ist der Grundsatz klar: Das Wohl des Kindes steht immer an erster Stelle. Hierbei wird in erster Linie geprüft, welcher Elternteil für das Kind die bessere Betreuung und Pflege bieten kann. Es geht also nicht darum, ob ein Elternteil untreu war oder nicht.
Fremdgehen kann ein Indiz für eine schlechte Beziehung und möglicherweise für ein toxisches Umfeld sein, aber es ist keine Garantie dafür, dass das Gericht dem untreuen Elternteil das Sorgerecht entzieht. Vielmehr wird geprüft, wie beide Elternteile das Wohl des Kindes gewährleisten können, und ob der Elternteil, der fremdgegangen ist, das Kind negativ beeinflusst hat oder das Familienumfeld instabil gemacht hat.
Die Zuweisung des alleinigen Sorgerechts erfolgt in der Regel nur in besonders extremen Fällen, wie etwa bei Gewalt, Missbrauch oder anderen gravierenden Problemen, die das Kindeswohl gefährden. Fremdgehen alleine ist nicht genug, um automatisch das alleinige Sorgerecht zu erlangen.
3. Wie geht es nach der Trennung weiter?
Es ist verständlich, dass nach einer schmerzhaften Trennung und den emotionalen Wunden, die das Fremdgehen hinterlassen hat, viele Menschen nach einer Möglichkeit suchen, ihre Verletzungen zu kompensieren. Doch das Rechtssystem ist darauf ausgelegt, objektiv und zum Wohl der Kinder sowie auf Grundlage von Fakten und nicht von Gefühlen zu entscheiden. Es ist wichtig, dass Sie realistische Erwartungen an den Ausgang des Verfahrens haben und sich nicht in der Vorstellung verlieren, dass emotionaler Schmerz automatisch zu rechtlichen Vorteilen führen wird.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie völlig machtlos sind. Wenn Sie glauben, dass das Verhalten Ihres Ex-Partners das Kindeswohl gefährden oder Sie Schwierigkeiten beim Unterhalt haben, sollten Sie dies mit einem Anwalt besprechen. Dieser kann helfen, die Rechte zu verstehen und gegebenenfalls auch rechtliche Schritte einleiten, die auf den tatsächlichen Umständen Ihrer Situation basieren.
4. Was sollten Sie tun?
Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, ist es wichtig, dass Sie sich nicht nur von Gefühlen leiten lassen, sondern auch die Fakten im Blick behalten. Nehmen Sie sich Zeit, sich über die rechtlichen Grundlagen von Unterhalt und Sorgerecht zu informieren. Sprechen Sie mit einem Anwalt, der Ihnen helfen kann, die besten Schritte zu unternehmen und Ihre Rechte durchzusetzen.
Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Ihren Ärger oder Ihre Enttäuschung zu verarbeiten, könnte es auch hilfreich sein, professionelle Unterstützung in Form von Beratung oder Therapie in Anspruch zu nehmen. Eine Trennung ist emotional herausfordernd, und es ist wichtig, Wege zu finden, wie Sie mit Ihren Gefühlen umgehen können, ohne dass sie Ihre Entscheidungen negativ beeinflussen.
Fazit
Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber das Fremdgehen Ihres Ex-Partners allein führt nicht dazu, dass Sie automatisch mehr Unterhalt bekommen oder das alleinige Sorgerecht erhalten. Das Familienrecht basiert auf klaren Kriterien, die das Wohl der Kinder und die finanziellen Verhältnisse beider Partner in den Mittelpunkt stellen. Wenn Sie Unterstützung benötigen, um die rechtlichen Fragen rund um Trennung und Scheidung zu klären, scheuen Sie sich nicht, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Es gibt immer Lösungen – auch wenn sie nicht immer das sind, was wir uns in der hitzigen Emotion des Moments erhoffen.
Als erfahrene Anwältin für Familienrecht stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite und unterstütze Sie dabei, Ihre Ansprüche durchzusetzen oder unberechtigte Ansprüche abzuwehren.
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