Die Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Instrument, um sicherzustellen, dass persönliche Angelegenheiten auch im Falle von Krankheit, Alter oder einem Unfall verlässlich geregelt werden können. In den meisten Fällen wird diese Vollmacht in gutem Glauben an enge Familienmitglieder oder Freunde übertragen. Doch leider erlebe ich in meiner Praxis immer wieder, dass die mit dieser weitreichenden Befugnis verbundene Macht auch missbraucht wird. Dies kann zu schweren finanziellen und emotionalen Schäden führen.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht ermächtigt eine Vertrauensperson (den Vollmachtnehmer oder auch Bevollmächtigten), für eine andere Person (den Vollmachtgeber) in rechtlichen, finanziellen oder medizinischen Angelegenheiten als Vertreter zu handeln. Die Reichweite einer Vorsorgevollmacht ist enorm: Sie reicht vom Zugriff auf Bankkonten über den Verkauf von Immobilien bis hin zur Einwilligung in wichtige medizinische Behandlungen. Solange der Vollmachtgeber in der Lage ist, die Kontrolle über seine Angelegenheiten auszuüben, kann er die Handlungen des Bevollmächtigten überwachen. Sobald er diese Fähigkeit jedoch verliert, obliegt es allein dem Bevollmächtigten, verantwortungsbewusst zu handeln – und genau dann können Probleme entstehen. Die Bevollmächtigten können dann unkontrolliert über Konten und Vermögen verfügen.
Wie kann eine Vorsorgevollmacht missbraucht werden?
Eine Vollmacht wird missbraucht, wenn der Bevollmächtigte die ihm übertragenen Befugnisse nicht im Sinne des Vollmachtgebers nutzt, sondern zum eigenen Vorteil handelt. Besonders häufig erlebe ich in der Praxis den Missbrauch der Vollmacht in Vermögensangelegenheiten. Hier ein paar konkrete Beispiele aus meinem Kanzleialltag:
1. Erschlichene Vollmacht durch angebliche Freunde
Es gibt Fälle, in denen sich vermeintliche Freunde das Vertrauen eines hilfsbedürftigen Menschen erschleichen, um auf sich eine Vorsorgevollmacht ausstellen zu lassen. Sie geben vor, dem Vollmachtgeber unter die Arme zu greifen, während sie sich in Wahrheit am Vermögen des Vollmachtgebers bereichern wollen. Mit der erteilten Vollmacht bekommen sie Zugang zu den Bankkonten und können frei über diese verfügen, ohne dass der Vollmachtgeber davon etwas mitbekommt.
2. Missbrauch der Vollmacht innerhalb der Familie
Auch innerhalb der eigenen Familie kann es zum Missbrauch von Vollmachten kommen. Oft sind es erwachsene Kinder, die in der Nähe der Eltern wohnen oder sogar zu ihnen zurückziehen, um sich möglichst viel um sie kümmern zu können. Was auf den ersten Blick wie eine fürsorgliche Unterstützung wirkt, hat tatsächlich andere Beweggründe. Ohne Absprache mit den Eltern werden größere Geldbeträge für persönliche Zwecke verwendet. Der Vollmachtgeber, oft gesundheitlich eingeschränkt, bemerkt nicht, dass sein Vermögen schwindet.
Diese Vorgehensweisen können über Jahre hinweg unentdeckt bleiben und werden häufig nur zufällig von Angehörigen oder engen Freunden bemerkt.
Es ist zu erwähnen, dass viele Bevollmächtigte zunächst oft nicht mit böser Absicht handeln. Die Redewendung „Gelegenheit macht Diebe“ trifft in diesen Fällen häufig zu. Der Missbrauch beginnt oft schleichend, mit kleinen Beträgen oder Anschaffungen. Wenn die Bevollmächtigten merken, dass sie nicht entdeckt werden, können die Beträge schnell steigen.
In vielen Fällen geschieht dies unbewusst und verselbstständigt sich, ohne dass sich die Bevollmächtigten der strafrechtlichen Relevanz ihrer Handlungen bewusst sind. Die Vollmachtgeber, oft an Demenz leidend, sind häufig gutgläubig und lassen sich zu Zahlungen überreden. Es kommt vor, dass sie Quittungen unterschreiben, die sie nicht verstehen oder deren Inhalt sie nicht hinterfragen. Diese Dynamik kann zu erheblichen finanziellen Schäden führen, und die betroffenen Personen haben oft nicht die Möglichkeit, rechtzeitig zu intervenieren.
Wie kann man sich vor dem Missbrauch der Vorsorgevollmacht schützen?
Der beste Schutz vor dem Missbrauch einer Vorsorgevollmacht liegt in einer sorgfältigen Vorbereitung und der Auswahl einer vertrauenswürdigen Person, die zudem einer gewissen Kontrolle durch andere Vertrauenspersonen unterliegen sollte.
Was tun bei Verdacht auf Missbrauch?
Wenn Sie den Verdacht haben, dass eine Vorsorgevollmacht missbraucht wird, sollten Sie schnell handeln, um weiteren Schaden abzuwenden:
- Rechtsanwalt konsultieren: Ein Anwalt kann Sie dabei unterstützen, den Sachverhalt zu bewerten, sie umfassend zu beraten und ggfs. rechtliche Schritte einzuleiten.
- Rechtliche Schritte einleiten: Sie können unter Umständen den Missbrauch der Vollmacht zur Anzeige bringen oder zivilrechtliche Maßnahmen ergreifen, um den Bevollmächtigten zu stoppen und Schadenersatz zu fordern.
- Rechtliche Betreuung beantragen: Falls die Vorsorgevollmacht nicht mehr im Sinne des Vollmachtgebers genutzt wird, kann ein Gericht einen Betreuer oder Kontrollbetreuer einsetzen, der die Handlungen des Bevollmächtigten kontrolliert oder die Vollmacht widerruft und die Aufgaben des Bevollmächtigten übernimmt
Fazit
Eine Vorsorgevollmacht bietet große Sicherheit, wenn sie korrekt genutzt wird. Doch wie ich aus meiner beruflichen Erfahrung immer wieder feststelle, kann sie auch leicht missbraucht werden. Daher ist es wichtig, die richtige Person auszuwählen, Vorkehrungen zu treffen und bei Verdacht auf Missbrauch rasch zu handeln.
Als Rechtsanwalt mit Erfahrung in Fällen des Missbrauchs von Vorsorgevollmachten stehe ich Ihnen gerne zur Seite. Zögern Sie nicht, sich bei Verdacht auf Missbrauch an mich zu wenden – ich unterstütze Sie dabei, Ihre Interessen zu wahren und rechtliche Schritte einzuleiten.
Kontakt: https://www.anwalt-betreuungsrecht.de/