In den letzten Jahren sind vermehrt Urteile zum Thema Annahmeverzug und der Frage, wann der Arbeitnehmer böswillig anderweitigen Verdienst unterlässt, ergangen. Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.01.2025 (Az. 5 AZR 273/24) konkretisiert das BAG Grundsätze für die Anrechnung böswillig unterlassenen Verdienstes nach § 11 Nr. 2 KSchG.
Die Ausgangslage ist folgende:
Der Arbeitnehmer hat sich erfolgreich gegen eine Kündigung gewährt und ist weiterzubeschäftigen. Es stellt sich damit die Frage nach den Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur ordnungsgemäßen Weiterbeschäftigung, also die Frage nach sogenannten Annahmeverzugsansprüchen gegen den Arbeitgeber.
Früher konnte man als Anwalt dem Arbeitnehmer in Aussicht stellen, dass der Arbeitgeber die Vergütung für die Zwischenzeit nachzubezahlen hat. Dies unter Anrechnung meist zwischenzeitlich erhaltenem Arbeitslosengeld.
Etliche Urteile des BAG später ist es nicht mehr ganz so einfach. Die rechtliche Auseinandersetzung mit § 11 Nr. 2 KSchG hat sich vertieft und es wird immer häufiger danach gefragt, ob der Arbeitnehmer es in der Zwischenzeit böswillig unterlassenen hat, anderweitigen Verdienst zu erzielen, also eine andere Beschäftigung aufzunehmen.
1. Zumutbare Arbeit
Dies kann zunächst einmal nur der Fall sein, wenn es sich um eine anderweitige zumutbare Arbeit handelt. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Klar ist jedenfalls, dass die Vorschriften aus dem SGB III zur zumutbaren Beschäftigung bei Arbeitslosigkeit (also der Blickwinkel der Agentur für Arbeit) nicht einfach übernommen werden kann.
2. Stellenangebote
Eine besondere Bedeutung kommt den Vermittlungsangeboten der Agentur für Arbeit zu. Auf diese sollte sich der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren tunlichst bewerben oder konkret festhalten, warum die unterbreiteten Angebote nicht zumutbar sind.
Unterbreitet der Arbeitgeber (mit dem man im Kündigungsschutzverfahren ist) Stellenangebote, die er aus zB Zeitungsannoncen oder Jobportalen zusammengestellt hat, dann hat sich der Arbeitnehmer auch auf diese zu bewerben oder wiederum konkret festzuhalten, warum die unterbreiteten Angebote nicht zumutbar sind.
3. Besonderheiten
Je nachdem, ob dem Arbeitnehmer konkrete Stellenangebot unterbreitet worden sind und ob sich der Arbeitnehmer darauf beworben hat, gelten unterschiedliche Regelungen zur Darlegungs- und Beweislast von Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Prozess.
Klar ist jetzt jedenfalls, dass der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses gegenüber der Agentur für Arbeit deutlich machen darf, dass er zu der Beklagten zurückkehren wolle, denn das - so das BAG - ist gerade der Zweck des Kündigungsschutzes. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, diesen Wunsch gegenüber der Agentur für Arbeit kundzutun. Es ist auch nicht zu beanstanden, dies im Bewerbungsgespräch einem potentiellen neuen Arbeitgeber mitzuteilen, denn für diesen ist es von Interesse, ob er einen Arbeitsplatz längerfristig besetzen könne oder mit dem baldigen Wiederausscheiden eines Bewerbers rechnen müsse.
Fazit:
Es ist wichtig bereits im Kündigungsschutzprozess die Weichen richtig zu stellen, damit man nach gewonnener Kündigungsschutzklage keine bösen Überraschungen erlebt. Lassen Sie sich daher möglichst frühzeitig fachkundig beraten.