1.
Die Solarbranche boomt. Der Staat fördert die Installation von Solaranlagen durch die Befreiung von der Mehrwertsteuer, soweit die Solaranlage in der Nähe eines Wohngebäudes installiert wird.
Dies lockt viele neue Marktteilnehmer an, die zu Lasten teilweise sehr einseitigen Vertragsbedingungen verwenden.
2.
Der Unterzeichner liegen mehrere Verträge der Firma M+S Solar GmbH, 65510 Idstein vor. Nach den Verträgen übernimmt es die Firma M+S Solar GmbH eine vollständige Solaranlage einschließlich Wechselrichter und Speichersystem zu liefern und zu montieren.
In den Zahlungsplänen zu den Verträgen ist jeweils vorgesehen, dass 30 % des vereinbarten Kaufpreises zu der zu liefernden und zu montierenden Solaranlage bei Vertragsschluss, weitere 60 % bei Dachmontage fällig werden mithin 90 % nach Dachmontage der Solaranlage.
Diese Regelung dürfte jedenfalls bei Verwendung gegenüber einem Verbraucher AGB widrig sein, da die Dachmontage der Solaranlage weder die Lieferung des Wechselrichters, noch des Speichers noch die weiteren Leistungen zum Anschluss der Anlage umfassen, mithin bei Dachmontage der Solaranlage wesentliche Teile der Leistung fehlen.
Bei der Regelung zur Fälligkeit handelt sich im Regelfall um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingungen der Firma M+S Solar GmbH und damit um AGB. Deren Wirksamkeit ist anhand der Vorschriften der § 305 ff. BGB zu prüfen. Dabei ist Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit der Fälligkeitsregelung die gesetzliche Fälligkeitsregelung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
Inhaltlich handelt es sich bei den Verträgen um Kaufverträge mit Montageverpflichtung, da der Schwerpunkt der Leistung in der Lieferung und Montage industriell vorgefertigte Elemente besteht, so z.B. Landgericht Neuruppin, Urteil vom 19.12.20 23,1 O 119/23, juris.
Das Kaufvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches sieht vor, dass der Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe des Kaufgegenstandes zu leisten ist. Diesem Prüfungsmaßstab hält die Fälligkeitsregelung in den AGB, wonach insgesamt 90 % des Kaufpreises nach Dachmontage der Solaranlage geschuldet werden nicht stand. Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt, sodass anstelle der unwirksamen Fälligkeitsregelung die gesetzliche Regelung tritt. Daher schuldet der Kunde tatsächlich die Zahlung erst mit vollständiger Lieferung und Montage der Anlage.
3.
Zu denken ist auch an das verbraucherrechtliche Widerrufsrecht.
Handelt es sich um eine Verbrauchergeschäft, wird also die Solaranlage zur privaten Nutzung von einem Privatmann bzw. Privatfrau bestellt, so steht dem Verbraucher auch ein Widerrufsrecht zu, soweit die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses außerhalb von Geschäftsräumen oder eines Vertragsschlusses unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln ( E-Mail, Telefon, Fax ) vorliegen, was jedoch der Regelfall sein dürfte.
Selbst für den Fall, dass inhaltlich ein Werkvertrag vorliegen sollte, ergibt sich das Widerrufsrecht aus § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB, siehe beispielsweise BGH Urteil vom 30.08.2018, VII ZR 243/17 für den Fall eines Vertragsschlusses außerhalb von Geschäftsräumen durch einen Verbraucher, sogenanntes Haustürgeschäft.
Zwar beträgt die Widerrufsfrist grundsätzlich nur 2 Wochen.
Ist aber die Widerrufsbelehrung unwirksam oder wurde sie dem Verbraucher nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form zugänglich gemacht, beträgt die Widerrufsfrist 1 Jahr und 14 Tage. Im Falle eines erfolgreichen Widerrufs ist der Vertrag rückabzuwickeln.
Stephan Lengnick
Rechtsanwalt