In der Praxis stellen Arbeitgeber Kündigungen häufig per Einwurf-Einschreiben zu. Dies führt in den meisten Fällen auch zur beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum gewünschten Termin. Dennoch landen vor den Arbeitsgerichten vereinzelt Fälle, in denen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer über den Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung streiten. In diesen Fällen kann es für Arbeitgeber schnell sehr teuer werden. Denn wenn z.B. arbeitsvertraglich eine Kündigungsfrist von „drei Monaten zum Quartalsende“ vereinbart wurde, ist es von entscheidender Bedeutung, ob ein Kündigungsschreiben etwa noch am 30.09. zugegangen ist oder erst am 01.10.. Denn im ersten Fall endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12., während es im zweiten Fall erst mit Ablauf des 31.03. endet, was schnell zusätzliche Lohnkosten in Höhe eines fünfstelligen Betrages für den Arbeitgeber bedeutet.
Arbeitgeber sollten daher die neueste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Zugang von Kündigungen per Einwurf-Einschreiben zumindest in ihrer Kernaussage kennen.
Worum ging es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts?
In seiner Entscheidung (Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 20.06.2024 – 2 AZR 213/23) hatte das Bundesarbeitsgericht über einen Fall zu entscheiden, der der oben bereits angedeuteten Konstellation entspricht (dreimonatige Kündigungsfrist zum Quartalsende). Konkret ging im entschiedenen Fall eine Zahnärztin im Wege einer Kündigungsschutzklage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vor. Vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht blieb ihre Kündigungsschutzklage erfolglos. Inhaltlich hatte sie im Prozess u.a. vorgetragen, dass ihr Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 31.03.2022 endete, da ihr das Kündigungsschreiben nicht am 30.09.2021, sondern erst am 01.10.2021 zugegangen war.
Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?
Auch vor dem Bundesarbeitsgericht blieb die klagende Zahnärztin erfolglos. Denn die Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts nahmen ebenfalls einen Zugang der Kündigung am 30.09.2021 an. Denn der auf den 30.09.2021 datierte Auslieferungsbeleg des Einwurf-Einschreibens, den der Arbeitgeber der Zahnärztin im Prozess als Beweismittel vorlegen konnte, begründe einen Anscheinsbeweis dafür, dass das Kündigungsschreiben zu den üblichen Postzustellzeiten zugestellt wurde. Ein Anscheinsbeweis ist eine Rechtsfigur, die eine Beweisführung ermöglicht, wenn ein Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt werden kann.
Ob die Zahnärztin ihren Briefkasten am 30.09.2021 tatsächlich geleert hat oder nicht, ist dabei rechtlich irrelevant. Denn das Bundesarbeitsgericht (und auch alle anderen obersten Bundesgerichte) gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Zugang zu bejahen ist, wenn ein Schreiben „in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihm Kenntnis zu nehmen“. Auf eine tatsächliche Leerung des Briefkastens oder gar eine Kenntnisnahme vom Inhalt des Schreibens kommt es demnach nicht an.
Was sollten Arbeitgeber zukünftig beachten?
Durch die Anerkennung des Auslieferungsbeleges eines Einwurf-Einschreibens als Anscheinsbeweis hat das Bundesarbeitsgericht die Rechtsposition von Arbeitgebern gestärkt. Einwurf-Einschreiben bleiben daher weiterhin eine Möglichkeit, ein Kündigungsschreiben rechtssicher zuzustellen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitgeber den Auslieferungsbeleg so sichert und aufbewahrt, dass er auch im Kündigungsschutzprozess von der Rechtsanwältin als Beweismittel verwendet werden kann.
Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.
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