Insbesondere: Frist zum Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ab Kenntnis vom Kündigungsgrund? (BGH Urt. v. 13.07.2016 – VIII ZR 296/15)

Im Zuge der Mietrechtsreform im Jahr 2001 wurde das Recht der Kündigung von Mietverhältnissen neu geordnet. Der Tatbestand einer außerordentlichen fristlosen Kündigung fand sich nunmehr in den Vorschriften der §§ 543, 569 BGB geregelt. Die Normen enthalten keine Frist für die Ausübung des Kündigungsrechtes. Nur kurze Zeit später trat die Schuldrechtsreform in Kraft, mit der im Allgemeinen Teil des Schuldrechts die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund nach § 314 BGB eingeführt wurde. Diese Vorschrift enthält gegenüber den vorgenannten Regelungen mit ihrem Abs. 3 die Anordnung, dass der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Seitdem war ungeklärt, ob diese in den allgemeinen Vorschriften enthaltene Frist auch für das besondere Schuldrecht, mithin für das Mietrecht gilt. Mit dieser Unsicherheit räumt die Entscheidung des für Wohnraummietverhältnisse zuständigen VIII. Zivilsenates des BGH auf.

In der Sache hatte eine Mieterin die Mieten für die Monate Februar und April 2013 nicht gezahlt und wurde daraufhin im August von der Vermieterin angemahnt. Trotz Bedauerns und Entschuldigung der Mieterin glich diese die rückständigen Mieten in der Folgezeit nicht aus. Daraufhin erklärte die Vermieterin im November 2013 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Der daraufhin klageweise vor dem Amtsgericht verfolgte Räumungs- und Herausgabeanspruch hatte Erfolg, wurde jedoch in der 2. Instanz unter Verweis auf die Vorschrift des § 314 Abs. 3 BGB abgewiesen. Der BGH stellte die ursprüngliche Entscheidung wieder her und führte hierzu im Wesentlichen aus:

Die mietrechtlichen Kündigungsvorschriften enthielten weder eine zeitliche Beschränkung für den Ausspruch der Kündigung noch einen Verweis auf die allgemeine Vorschrift des § 314 Abs. 3 BGB. Diesbezüglich habe der Gesetzgeber die Vorschriften über die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses abschließend und speziell geregelt und von der Einfügung einer Fristenregelung bewusst abgesehen. Auch die kurz darauf in Kraft getretene Schuldrechtsreform habe hieran nichts geändert. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die bestehenden Kündigungsrechte Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften genießen.

Im Ergebnis der Entscheidung lässt sich festhalten, dass jedenfalls für Wohnraummietverhältnisse der Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht an eine Frist ab Kenntnis vom Kündigungsgrund gebunden ist. Der Vermieter ist damit nicht gehalten, so früh wie möglich eine fristlose Kündigung auszusprechen. Gerade in Ansehung von Zahlungsrückständen ist ein gewisses Zuwarten möglich. Für Mieter birgt die Entscheidung die Gefahr, dass auch längst als erledigt geglaubte, weil durch den Vermieter zunächst nicht weiter „verfolgte“ Kündigungsgründe den Ausspruch einer fristlosen Kündigung wirksam rechtfertigen können.