Nutzungsentschädigung bei Alleinnutzung der gemeinsamen Immobilie durch einen der getrennt lebenden Eheleute
Oft trennen sich Eheleute dergestalt, dass einer der beiden die gemeinsame Immobilie weiter nutzt. Dafür sieht das Gesetz dann vor, dass dem anderen dafür eine Nutzungsentschädigung zu zahlen ist. Oft wird aber eine solche nicht ausdrücklich vereinbart und es kommt irgendwann zum Streit.
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Nutzungsentschädigung nicht als solche allein berechnet und betrachtet werden darf, sondern dass eine Gesamtschau unter Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen erfolgen muss (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2024).
In der Tat sehen sehr oft die Eheleute die Überlassung der gemeinsamen Immobilie auch als Unterhalt an.
In einem Verfahren auf Zahlung von Nutzungsentschädigung in der Trennungszeit gemäß § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB sind hypothetische Unterhaltsansprüche im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen.
Im Januar 2020 trennte sich ein in München wohnhaftes Ehepaar. Im Sommer 2020 zog der Ehemann schließlich aus dem im gemeinsamen Eigentum stehenden Reihenhaus aus. Da die Ehefrau das Haus nunmehr allein bewohnte, verlangte der Ehemann die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung. Die Ehefrau wandte sich gegen die Forderung mit der Begründung, sie werde unterhaltsbedürftig, sollte sie die Nutzungsentschädigung zahlen müssen.
Amtsgericht und Oberlandesgericht bejahten einen Anspruch des Ehemannes auf Nutzungsentschädigung. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts komme es dabei nicht auf mögliche Unterhaltsansprüche der Ehefrau an. Solche müssen in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden.
Gegen die Entscheidung richtete sich die Revision der Ehefrau.
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Ehefrau. Die Frage nach möglichen Unterhaltsansprüchen der Ehefrau sei im Rahmen der Billigkeitsabwägung bedeutend. Gerade in Fällen, in denen der eigentlich einkommensschwächere Ehegatte im Hinblick auf den von ihm gezogenen Wohnvorteil auf die Geltendmachung von Trennungsunterhalt verzichtet, könne es nicht der Billigkeit entsprechen, ihn zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung zu verpflichten, die ihm anschließend als Ergebnis eines gesonderten Trennungsunterhaltsverfahrens wieder zufließen würde. In diesen Fällen sei es sachgerecht, die Wohnungsüberlassung als Teil der Unterhaltgewährung anzusehen und im Hinblick darauf gegebenenfalls von der Festsetzung einer gesonderten Vergütung für die Nutzung der Wohnung abzusehen.
Die hypothetischen Unterhaltsansprüche des verbleibenden Ehegatten seien anhand der gewonnenen Erkenntnisse über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten überschlägig zu prüfen. Es sei summarisch zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Größenordnung dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten im Falle der Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung Ansprüche auf Trennungsunterhalt gegen den ausgezogenen Ehegatten zustehen würden.