Das Fahren ohne Fahrerlaubnis -  also nicht nur: ohne den zu Hause vergessenen Führerschein, sondern generell ohne Berechtigung für das geführte Fahrzeug - ist eine Straftat.

Diese Straftat wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Sie kann sowohl vom Fahrzeugführer selbst als auch vom Halter eines Fahrzeugs begangen werden. Geregelt ist das in § 21 StVG.

Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist - anders als eine  Ordnungswidrigkeit wie etwa das zu schnelle Fahren - nicht einfach mit einem Bußgeld belegt, sondern es führt im "Worst-Case-Szenario" (das zum Beispiel bei Vorbelastungen oder einer großen Zahl von Fällen eintreten kann) zu einer Freiheitsstrafe. Überdies zieht eine Verurteilung regelmäßig zivilrechtliche und versicherungsrechtliche Folgen nach sich. Der Vorwurf ist also ernst zu nehmen. 

Die Ermittlungen der Polizei beginnen meist nach einer Kontrolle oder einem Tempoverstoß. Beschuldigte erfahren häufig erst mit zeitlicher Verzögerung vom laufenden Verfahren, in der Regel durch einen Anhörungsbogens oder eine Vorladung. Immer wieder kommt es auch vor, dass Beschuldigte erst durch Zustellung eines vom Amtsgericht erlassenen Strafbefehls oder mit Anklage durch die Staatsanwaltschaft erfahren, dass es jetzt "ernst" wird.

Spätestens dann müssen Entscheidungen getroffen werden. Keinesfalls sollte ein Anhörungsbogen selbst beantwortet werden. Und schon gar nicht sollte man als Beschuldigter ohne vorherige Kenntnis des genauen Vorwurfs sich einer polizeilichen Befragung aussetzen.

Beschuldigte sollten Ruhe bewahren, auf keinen Fall unüberlegt Angaben machen und schon gar nicht - was leider immer wieder vorkommt -  bei der Polizei anrufen.

Statt dessen ist es wichtig, sich die Interessenlage der Beteiligten klar zu machen: Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte verfolgen aus ihrer Sicht eine Straftat. Der Fokus der Beamten liegt also darauf, einen Straftäter seiner Strafe zuzuführen. Und so gehen sie auch an die Sache heran.

Für die oft entscheidenden Besonderheiten des Einzelfalls interessieren sich die Ermittler in dieser Phase kaum. Vielmehr wird bei einem häufig vorkommenden Delikt wie dem Fahren ohne Fahrerlaubnis oft schematisch gearbeitet.

Gerade beim Fahren ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG ist es deshalb aus Sicht des Beschuldigten wichtig, dass das Gesamtbild nicht aus dem Blick gerät: Gibt es weitere Vorfälle, ggf. auch in anderen Bundesländern? Ist Ursache des Vorwurfs das Fahren während eines Fahrverbots, mit einem unzulässigen Fahrzeug oder das Zulassen der Fahrt als Halter? Wie ist die Beweislage? Nicht zuletzt natürlich auch: Gibt es bereits Punkte in Flensburg und was bedeutet das für den Führerschein.

All dies wird sich nur mit Erfahrung und durch die Kenntnis der Ermittlungsakten aufklären und in die richtige Richtung lenken lassen. Ein kundiger Strafverteidiger wird deshalb etwaige Vernehmungstermine zunächst absagen und vor jeglichen Angaben zur Person und zur Sache vollständige Einsicht in sämtliche Verfahrensakten nehmen.

Es wird nämlich einen sehr großen Unterschied machen, ob als Vorwurf nur einzelne, kurze und ggf. fahrlässig unternommene Fahrten im Raum stehen, oder zahlreiche vorsätzlich begangene Fahrten durch das ganze Bundesgebiet. 

Der Verteidiger wird deshalb insbesondere auch prüfen, ob und welche der vorgeworfene Fahrten einem Beschuldigten gerichtsfest nachgewiesen werden können. 

Sodann wird er gemeinsam mit dem Beschuldigten eine Gesamtstrategie erarbeiten mit dem Ziel, das Verfahren zügig und für den Beschuldigten so wenig belastend wie möglich abzuschließen

Je nach der genau aufzuarbeitenden Situation im Einzelfall wird es unterschiedliche Ziele der Verteidigung gegen den Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG geben.

Im Idealfall steht am Ende die Einstellung des Verfahrens, notfalls gegen Zahlung einer Geldauflage. 

Auch die Vermeidung der Hauptverhandlung durch ein rein schriftliches "Urteil" ohne Termin vor Gericht ("Strafbefehl") mit möglichst niedriger Geldstrafe und möglichst ohne "Führerscheinsperre" kann ein anzustrebendes Ziel sein.

Sofern sich eine Hauptverhandlung nicht vermeiden lassen sollte, wird es darum gehen, diese optimal vorzubereiten und das bestmögliche Ergebnis zu erreichen mit dem klaren Ziel, schnellstmöglich wieder legal, also mit gültigem Führerschein, im Straßenverkehr unterwegs zu sein.




Rechtsanwalt Christian Wiese, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Kritenbarg 7, 22391 Hamburg