OLG Saarbrücken: Volle Haftung bei Vorfahrtsverletzung trotz Fahrbahnverengung

Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hat mit Urteil vom 13. Dezember 2024 (Az. 3 U 23/24) entschieden, dass ein Verkehrsteilnehmer, der beim Einbiegen in eine bevorrechtigte Straße die Vorfahrt missachtet, auch dann voll haftet, wenn der bevorrechtigte Fahrer aufgrund parkender Fahrzeuge die linke Fahrbahnseite nutzen musste. 


Sachverhalt: Kollision beim Einbiegen in eine verengte Straße

Im zugrunde liegenden Fall befuhr der Kläger mit seinem VW T4 eine Straße, deren rechte Fahrbahnseite durch ein parkendes Fahrzeug verengt war. Er wich diesem Hindernis aus und nutzte die linke Fahrbahnseite. Der Beklagte bog mit seinem Fahrzeug von einer untergeordneten Straße nach rechts in die bevorrechtigte Straße ein und kollidierte mit dem von rechts kommenden Klägerfahrzeug. Das Landgericht hatte zunächst eine Haftungsverteilung von 75 % zu 25 % zulasten des Beklagten angenommen. Das OLG Saarbrücken hob dieses Urteil auf und sprach dem Kläger vollen Schadensersatz zu. 


Rechtliche Würdigung: Vorfahrtsverletzung überwiegt

Das OLG stellte klar, dass der Beklagte die Vorfahrt des Klägers gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO missachtet hat. Die Nutzung der linken Fahrbahnseite durch den Kläger aufgrund parkender Fahrzeuge stellt keinen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot dar, solange dies gefahrlos möglich ist. Ein solcher Umstand begründet keine Mithaftung des bevorrechtigten Fahrers. 


Bedeutung für Verkehrsteilnehmer

Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen auf die tägliche Praxis im Straßenverkehr:

  • Vorfahrtsregelung bleibt entscheidend: Auch bei Fahrbahnverengungen durch parkende Fahrzeuge gilt die Vorfahrtregel uneingeschränkt.

  • Keine Mithaftung bei ordnungsgemäßem Verhalten: Wer aufgrund eines Hindernisses die linke Fahrbahnseite nutzt und dabei die Vorfahrt beachtet, trägt keine Mitschuld bei einem Unfall.

  • Verantwortung des Einbiegenden: Fahrer, die in eine bevorrechtigte Straße einbiegen, müssen sicherstellen, dass sie keinen bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer behindern oder gefährden.


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Handlungsempfehlungen

Für bevorrechtigte Fahrer:

  • Achten Sie stets auf Ihre Vorfahrt und nutzen Sie die Fahrbahn unter Beachtung der Verkehrssicherheit

  • Dokumentieren Sie Unfälle sorgfältig, um Ihre Unschuld nachweisen zu können.

Für einbiegende Fahrer:

  • Vergewissern Sie sich vor dem Einbiegen, dass kein bevorrechtigter Verkehrsteilnehmer naht.

  • Berücksichtigen Sie, dass parkende Fahrzeuge die Sicht einschränken können und erhöhen Sie Ihre Aufmerksamkeit entsprechend.


Fazit

Das Urteil des OLG Saarbrücken betont die Bedeutung der Vorfahrtsregelung im Straßenverkehr. Selbst bei Fahrbahnverengungen durch parkende Fahrzeuge bleibt die Vorfahrt entscheidend. Verkehrsteilnehmer sollten sich dieser Regelungen bewusst sein, um Unfälle zu vermeiden und im Schadensfall ihre Rechte wahren zu können.