In der heutigen digitalen Welt ist der Schutz der Privatsphäre wichtiger denn je. Schnell sind persönliche Daten und Bilder verbreitet, sind Sie doch schnell mit einem Klick oder per Smartphone hochgeladen. Daten, Bilder und Videosequenzen, die sich einmal in Umlauf befinden werden schnell weitergeteilt und Datenschutzverstöße und Persönlichkeitsrechtsverletzungen geraten so außer Kontrolle. Besonders kritisch wird es, wenn private und intime Bilder oder Videos ohne Zustimmung veröffentlicht werden – ein Phänomen, bekannt als Rachepornografie oder Revenge Porn. Nachfolgend möchte ich Sie über die rechtliche Situation in Deutschland aufklären und Ihnen als Betroffene Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. 


Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Rachepornografie?
  2. Rechtlicher Hintergrund in Deutschland
  3. Maßnahmen gegen Rachepornografie
  4. Handlungsempfehlungen
  5. Beispiele aus der Rechtsprechung



1. Was ist Rachepornografie?


Rachepornografie, oft auch als „Revenge Porn“ bezeichnet, umfasst das Veröffentlichen oder Verbreiten von pornografischen Materialien einer Person ohne deren Zustimmung, häufig als Akt der Rache eines ehemaligen Partners. Die Bandbreite dieser Erscheinungen reicht von der Veröffentlichung privater Nachrichten und Fotos bis hin zu sexuell expliziten Videos. Dabei nutzen Täter häufig soziale Medien, Foren und spezielle Websites, um maximalen Schaden anzurichten oder aber selbst Profit zu schlagen, indem Bilder und Videos verkauft werden. Oft wird die Veröffentlichung zur Erpressung oder als Druckmittel verwendet. 



2. Rechtlicher Hintergrund in Deutschland


Gegen die Veröffentlichungen können Betroffene sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich vorgehen. Je nach Sachverhalt kann der Tatbestand des § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen), des § 184k StGB (Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen) oder § 238 StGB (Stalking) verwirklicht sein.

Das unbefugte Herstellen, Übertragen oder Zugänglichmachen von Bildaufnahmen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich einer Person betreffen steht gem. § 201a StGB unter Strafe. Konkret bedeutet dies, dass das Anfertigen oder Verbreiten von intimen Bildern oder Videos ohne Einwilligung der abgebildeten Person strafbar ist. Die Strafandrohung reicht bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

  • Absatz 1: Betrifft das Herstellen oder Übertragen von Bildaufnahmen einer Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet.
  • Absatz 2: Erweitert den Schutz auf das unbefugte Zugänglichmachen solcher Aufnahmen.


Seit dem 1. Januar 2021 in Kraft, zielt der § 184k StGB - Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmendarauf ab, die Lücke zu schließen, die speziell bei der Verletzung des Intimbereichs durch unbefugte Bildaufnahmen besteht. Er schützt Personen vor dem heimlichen Anfertigen oder Verwenden von Bildern, die sie in einer bloßstellenden oder intimen Pose zeigen, und zwar unabhängig vom Ort der Aufnahme.

Obwohl nicht spezifisch auf Rachepornografie ausgerichtet, kann der § 238 StGB - Stalking relevant werden, wenn das Verhalten des Täters als Nachstellung (Stalking) betrachtet wird, die das Opfer schwerwiegend beeinträchtigt. Seit dem 1. Oktober 2021 umfasst der Paragraph auch die Fälle, in denen eine wiederholte, belästigende Verbreitung intimer Bilder eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers zur Folge hat.


Aber auch zivilrechtlich kann gegen Racheporn vorgegangen werden. 

Betroffene können sich beispielsweise auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen. Dieses wird aus Art. 1 und Art. 2 des Grundgesetzes abgeleitet. Auch aus dem KUG (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie ) kann vorgegangen werden . Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Zudem kann ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden und damit die weitere Verbreitung, sowie die Löschung erreicht werden. Ansprüche können gegenüber Plattformen und Tätern geltend gemacht werden. 

Zudem kann auch Schadensersatz und ggf. Geldentschädigung geltend gemacht werden. Materielle sowie immaterielle Schäden sind dabei erstattungsfähig. Die Höhe des Schadensersatzes hängt vom Einzelfall ab und berücksichtigt stets die Umstände des konkreten Falls, wie beispielsweise die Schwere des Eingriffs. 

3. Handlungsempfehlungen

Opfer von Rachepornografie sind nicht schutzlos gestellt und haben sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Möglichkeiten sich zu wehren. 


Um effektiv gegen Rachepornografie vorzugehen sollten Sie folgendes beachten: 

1. Sofortiges Handeln bei Entdeckung

Dokumentation: Sobald Rachepornografie entdeckt wird, sollten alle relevanten Beweise gesichert werden. Dies umfasst Screenshots von Webseiten, URLs, und jegliche Kommunikation, die als Beweis für die Veröffentlichung ohne Zustimmung dienen kann.

Meldung bei Plattformen: Viele soziale Medien und Webseiten haben Richtlinien gegen Rachepornografie und bieten die Möglichkeit, unangemessene Inhalte zu melden. Nutzen Sie diese Funktionen umgehend, um die Entfernung der Inhalte zu beantragen.

2. Rechtliche Schritte einleiten

Anzeige erstatten: Es sollte geprüft werden, ob eine Strafanzeige erstattet werden kann. Am besten lassen Sie sich hierzu beraten. 

Rechtsanwalt/Rechtsanwältin konsultieren: Lassen Sie sich bezüglich Ihrer Ansprüche beraten und holen Sie sich Hilfe bei der Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen. 

3. Kontakt zu Unterstützungsnetzwerken

Beratungsstellen aufsuchen: Es gibt zahlreiche Beratungsstellen und Organisationen, die Opfer von Internetkriminalität und speziell von Rachepornografie unterstützen. Diese können psychologische, rechtliche und praktische Hilfe bieten.


5. Beispiele aus der Rechtsprechung 

In einem Fall des Landgerichts Kiel veröffentlichte der Ex-Partner einer Frau neben drei Bildern, die sie teilweise nackt zeigten, auch ihren vollen Namen, ihre Adresse und Telefonnummer, wodurch der Eindruck erweckt wurde, sie biete sexuelle Dienste an. Sie erhielt daraufhin unsittliche Angebote. Das Gericht hielt ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro für angemessen (LG Kiel, Urteil vom 27.04.2006, Az.: 4 O 251/05).


Ein Amateurmodel erstellte in einem Fotostudio Aktfotos. Ein Lehrling des Fotografen entwendete einige Bilder und veräußerte sie mit einem gefälschten Modelvertrag an ein Magazin. Eines dieser Bilder wurde als Coverfoto, gemeinsam mit einem Bild eines kopulierenden Paares und dem Titel „7 Tipps für den Mega-Orgasmus“, verwendet. Das Oberlandesgericht Hamm sprach dem Model daraufhin eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 20.000 DM zu, da die Redaktion bei Aktfotos zur besonders sorgfältigen Recherche verpflichtet ist (OLG Hamm, Urteil vom 03.03.1997, Az.: 3 U 132/96).

Das Landgericht Hamburg urteilte im Jahr 2001, dass Prominenten bei der Veröffentlichung von Paparazzi-Aktfotos eine Entschädigung von 150.000 DM zusteht (LG Hamburg, Urteil vom 20.07.2001, Az.: 324 O 68/01).

Das Landgericht Frankfurt entschied in einem Fall über Nacktbilder einer Minderjährigen, die unbeabsichtigt kopiert und an Mitschüler verteilt wurden, dass die Verbreiterin 1.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen hat (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 20.05.2014; Az.: 2-03 O 189/13).

Das Landgericht Berlin urteilte, dass die unerlaubte Internetveröffentlichung eines privaten Sexvideos ohne Zustimmung nach einer Trennung ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro rechtfertigt (LG Berlin, Urteil vom 07.10.2014, Az.: 27 O 166/14).


Laut einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf darf selbst bei Kunstaktionen, bei denen Personen nackt posieren, ohne deren Zustimmung kein Bild im öffentlichen Programmheft erscheinen. Der Verantwortliche wurde zu einer Schmerzensgeldzahlung von 5.000 Euro verurteilt (LG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2011, Az.: 12 O 438/10).


Das OLG Hamm sprach in einem späteren Urteil einer jungen Frau, deren Bild aus einer privaten Situation im Internet verbreitet wurde, lediglich 7.000 Euro Schmerzensgeld zu, was eine Reduktion gegenüber der ursprünglichen Entscheidung darstellte (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 20.02.2017, Az.: 3 U 138/15).

In einem jüngsten Beschluss des OLG Oldenburg wurde einer Frau, deren intimste Fotos durch eine ehemalige Freundin weitergeleitet wurden, lediglich ein Schmerzensgeld von 500 Euro zugesprochen, da sie selbst durch das Versenden der Bilder zur Verbreitung beigetragen hatte (OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 05.03.2018, Beschluss vom 06.04.2018, Az.: 13 U 70/17).

Das Oberlandesgericht Oldenburg verurteilte einen Mann, der das Gesicht seiner Ex-Partnerin auf pornografische Bilder montiert und online gestellt hatte, zu einer Zahlung von 15.000 Euro Schmerzensgeld. In erster Instanz war der Betrag noch höher angesetzt (OLG Oldenburg, Urteil vom 11.08.2015, Az.: 13 U 25/15).