Das Syltvideo ist ein Politikum geworden. Die deutschen Massenmedien verurteilen einheitlich die jungen Menschen, die auf einer Party den Slogan „Ausländer raus!“ Zum Lied von Gigi D’Agostino singen.

Doch es stellt sich die Frage, inwieweit der Vorfall rechtliche Relevanz hat.

1. Die Verwendung des Hitlergrußes und anderer Formen (etwa „der Deutsche Gruß“) ist durch § 86a des Strafgesetzbuches (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) unter Strafe gestellt.

2. Das Singen an sich „Ausländer raus!“ Ist jedoch nicht per se unter Strafe gestellt. Es ist bereits fraglich, ob es sich hier bei den meisten um eine ernstgemeinte, politische Äußerung handelt oder ob einfach unter dem Einfluss der Gruppendynamik mitgesungen wurde. Doch selbst wenn man es als eine ernstgemeinte Äußerung sehen wollte, wäre dies von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.

3. Es ist bekannt geworden, dass ein Mädchen, das mitgesungen hat, von Ihrem Arbeitgeber fristlos gekündigt wurde. Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer nicht wegen seiner politischen Gesinnung gekündigt werden. Die Kündigung ist nur zulässig. wenn durch die politische Betätigung die Arbeitstätigkeit beeinflusst wird. Mit anderen Worten: Es muss eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten vorliegen.

Die Kündigung ist selbst dann unzulässig, wenn sich der Arbeitnehmer beispielsweise in seiner Freizeit an Aufmärschen oder rechten "Gedenkfeiern" beteiligt - solange dies keine Auswirkung auf seine Arbeitsleistung hat. 

Diese Kündigung sollte man auf jeden Fall anfechten.

4. Es ist fraglich, ob die Berichterstattung und Veröffentlichung des Videos durch die Medien überhaupt zulässig war. 

Bereits die Herstellung von Filmaufnahmen einer Person ohne Verbreitungsabsicht und innerhalb eines öffentlich zugänglichen Bereichs kann einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründen. Wenngleich sich der Abgebildete bei Aufzeichnung außerhalb seiner besonders geschützten Privatsphäre bewegt, so ist die Aufnahme nur dann als zulässig anzusehen, wenn das vorliegende Interesse des Filmenden bei Würdigung aller Gesamtumstände dem Interesse am Schutze des angegriffenen Persönlichkeitsrechtes überwiegt.

Vgl. Urteil des LG Duisburg vom 17.10.2016, Az.: 3 O 381/15Vgl. 

Zwar haben die Medien den Vorfall zum Politikum gemacht. Fraglich ist aber, ob objektiv ein öffentliches Interesse vorlag. Denn neutral betrachtet handelt es sich um Jugendliche, die bei einer Feier zu tief ins Glas geschaut haben und eine zulässige (wenn auch verpönte) Meinung äußern. Das diese Position in den Medien unbeliebt ist, ist offensichtlich. Die Zulässigkeit über die Berichterstattung sollte von einem Gericht überprüft werden.

Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie gerne meine Kanzlei.

Mit freundliche Grüßen

RA Richter