Einleitung: 
Sich im komplexen Dschungel der Medizinproduktregulierungen zurechtzufinden, kann eine herausfordernde Aufgabe sein. Kürzlich beleuchtete das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg die entscheidende Bedeutung der richtigen Risikoklassifizierung in seinem Beschluss zu einer dermatologischen Softwareapplikation (Az.: 3 W 30/23). Dieser Blogbeitrag geht auf die Feinheiten des Falls ein und bietet rechtliche Empfehlungen für Unternehmen im Bereich der Medizinprodukte.


Zusammenfassung des Falls:
In einem richtungsweisenden Beschluss vom 22. September 2023 entschied das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, dass eine Softwareapplikation zur asynchronen Untersuchung von Hautveränderungen als Medizinprodukt der Klasse IIa eingestuft werden muss. Diese Entscheidung basiert auf Anhang VIII, Regel 11 der EU-Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745, die besagt, dass Software, die Informationen für diagnostische oder therapeutische Zwecke bereitstellt, mindestens in die Klasse IIa eingestuft werden muss.
Die fragliche Applikation ermöglichte die Aufnahme, Speicherung, Anzeige und Übermittlung digitaler Bilder von Hautarealen und die Kommunikation mit Dermatologen zur Diagnoseerstellung. Das Gericht stellte fest, dass diese Funktionalität erhebliche Sicherheits- und Gesundheitsrisiken birgt, was eine höhere Klassifizierung erforderlich macht.


Rechtliche Empfehlungen
1. Sicherstellen einer korrekten Risikoklassifizierung:

Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Produkte korrekt klassifiziert sind. Eine falsche Risikoklassifizierung kann nicht nur zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, sondern auch zu erheblichen finanziellen Belastungen und Reputationsschäden.


2. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung:   

Es ist ratsam, regelmäßig zu überprüfen, ob die Klassifizierung noch den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Änderungen in der Gesetzgebung oder in der Produktfunktionalität können eine Neubewertung erforderlich machen.


3. Dokumentation und Nachweis:   

Unternehmen sollten umfassende Dokumentationen über die Risikobewertung und die Klassifizierung ihrer Produkte führen. Dies kann im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung als Nachweis dienen.


4. Rechtliche Beratung einholen:   

Bei Unsicherheiten ist es sinnvoll, frühzeitig rechtliche Beratung einzuholen. Spezialisten im Medizinprodukterecht können helfen, die richtige Risikoklassifizierung zu bestimmen und rechtliche Risiken zu minimieren.


5. Schulung und Sensibilisierung:   

Mitarbeiterschulungen zur Bedeutung der Risikoklassifizierung und den rechtlichen Anforderungen können helfen, Fehler zu vermeiden und die Compliance zu gewährleisten.

Fazit


Für detaillierte rechtliche Beratung und weitere Informationen steht Ihnen unser Expertenteam jederzeit zur Verfügung.

Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22.09.2023 (Az.: 3 W 30/23) Zivilsenat | Beschluss |