Mehr noch als der Pistensport, also Ski- und Snowboard-Fahren, hängt dem Rodelsport der Ruf an, gar kein richtiger „Sport“ zu sein, sondern wahlweise ein harmloses Vergnügen für Klein(st)kinder bei dem schon nichts passieren wird, oder aber eine - meist alkoholgeschwängerte - Abend-/ Nachtgaudi für Erwachsene.
Nun kann man bei Rodelhügeln in städtischen Parks oder auf anderen Grünflächen tatsächlich kaum einen Anhaltspunkt dafür finden, warum diese Art der Bewegung gefährlicher sein soll als etwa Rad- oder Skateboardfahren – eher im Gegenteil.
Bei Bahnen, deren Gesamtlänge nur in seltenen Fällen mehr als 200 Meter beträgt und wo selbst bei solider Steilheit die mögliche Höchstgeschwindigkeit kaum über derjenigen eines handelsüblichen E-Bikes liegt, kann das auch nicht überraschen. Zwar gibt es auch hier jeden Winter zahlreiche Verletzungen, die aber in ihrer großen Mehrheit nicht „rodelspezifisch“ sind.
Anders sieht dies freilich aus, wenn auf den fünf, sechs oder noch mehr Kilometer langen Bahnen im Alpenraum nicht nur eine echte präparierte Rodelpiste befahren wird, sondern dabei auch Geschwindigkeiten weit jenseits der 50 km/h erreicht werden.
Abgesehen von der Selbstverständlichkeit, dass ein Rodler hier nicht nur eine gewisse Technik beherrschen, sondern auch eine vernünftige Ausrüstung bei sich haben sollte, gelten dort, insbesondere in Österreich, spezielle Regeln die im Falle eines Unfalls mit Fremdeinwirkung auch ganz ernst gemeint sind.
Bei einem derzeit laufenden Verfahren, das einen Rodelunfall auf einer mittelschweren Piste in Sölden zum Gegenstand hat, war der Unfallverursacher nicht nur ein völliger Novize, sondern trug auch Turnschuhe, die auf einer Rodelbahn etwa so sinnvoll sind wie Slicks auf einer vereisten Straße.
Auch ohne spezifische Rodel-Regeln wäre es nicht schwer, dem Rodler hier eine Sorgfaltspflichtverletzung zu attestieren.
Aber als Ergänzung hierzu gelten etwa die Regelungen des Tiroler Rodelverbands, die sich zumindest teilweise an den bekannten FIS-Regeln orientieren: Darin sind neben eher allgemeinen Verhaltensregeln wie Rücksichtnahme auf andere oder verhältnisangepasstem Fahren auch konkrete wie das Gebot, nicht in der Mitte der Bahn sondern an deren Rand hochzugehen (wenn es keinen separaten Aufstiegs-Weg gibt) oder die naheliegende Regel, die Rodelpiste freizuhalten, enthalten (www.tiroler-rodelverband.at/index.php/sicheres-rodeln.html).
Gegen beide wird regelmäßig verstoßen, was zwar in der Mehrzahl der Fälle nicht direkt zu Kollision und Verletzung führt, aber eben ein deutlicher Ausweis eines nur rudimentär ausgeprägten Gefahrenbewusstseins ist.
Wenn dann etwas passiert und ein Regelverstoß festgestellt wird, ist der Spaß definitiv vorbei.
Andreas Pflieger
Rechtsanwalt und Skilehrer