Nicht selten kommt es vor, dass Sozialämter oder Jobcenter gewährte Leistungen als sogenannte „Überzahlungen“ ganz oder teilweise zurückfordern. Hierfür gelten folgende Regeln:
Fehlerhafter Bewilligungsbescheid
Eine Rückforderung setzt voraus, dass dem durch den Bescheid Begünstigten zu hohe Leistungen bewilligt worden waren. Das Gesetz unterscheidet zwei Konstellationen:
Der Bescheid war von Anfang fehlerhaft oder er wurde fehlerhaft, weil sich beim Begünstigten die Verhältnisse wesentlich geändert haben (z. B. durch einen Vermögenszufluss oder eine neue familiäre Situation). In diesen Fällen kann das Amt oder ein anderer Leistungsträger unter bestimmten Voraussetzungen den ursprünglichen Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen und die Erstattung der Überzahlungen verlangen.
Vertrauensschutz
Eine Rückforderung von zuviel gezahlten Leistungen scheidet aus, wenn der Begünstigte auf den Bewilligungsbescheid vertraut hat und das Vertrauen gerechtfertigt war. In einen nur vorläufigen Bescheid eines Jobcenters kann aber kein Vertrauen auf seine Richtigkeit gesetzt werden.
Verschulden des Begünstigten
Eine Rückforderung überzahlter Beträge ist hingegen zulässig, wenn sich der Begünstigte schuldhaft verhalten hat. Das ist nach dem Gesetz insbesondere der Fall, wenn der Bescheid auf (vorsätzlich oder grob fahrlässig) falschen Angaben des Begünstigten beruhte oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Bescheids kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte oder der Begünstigte eine wesentliche Änderung seiner Verhältnisse verschwiegen hat.
Verjährung
Will ein Sozialleistungsträger einen fehlerhaften für den Empfänger günstigen Bescheid für die Vergangenheit aufheben, muß er das innerhalb eines Jahres tun, nachdem er von den Tatsachen Kenntnis erlangt hat, die eine rückwirkende Rücknahme des Bescheids erlauben.
Ermessen
Je nachdem, weswegen der Bewilligungsbescheid fehlerhaft ist, muß der Leistungsträger vor der Rücknahme ein Ermessen ausüben oder ist zur Rücknahme gesetzlich verpflichtet. Die Einzelheiten sind kompliziert und bedürfen der (fach)anwaltlichen Prüfung.
Erstattungsbescheid
Regelmäßig wird der Aufhebungsbescheid mit einem Erstattungsbescheid kombiniert. Häufig enthält der Erstattungsbescheid wiederum einen Aufrechnungs-bescheid.
Aufschiebende Wirkung
Ein Widerspruch gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Aufrechnungen und Vollstreckungsmaßnahmen sind damit bis zu einer endgültigen Entscheidung unzulässig.
Eine Organisation, der Sie vertrauen können
Rückforderung von Sozialleistungen
2021/04/03
Ulrich Fachinger
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