In meinen Beratungsgesprächen werde ich bei einvernehmlichen Scheidungen oft gefragt, ob das Trennungsjahr verkürzt werden kann, um schneller geschieden zu werden. Meine Antwort darauf lautet: Ja und Nein. Ja, es gibt faktisch die Möglichkeit, das Trennungsjahr abzukürzen, und Nein, ich rate davon ab. Diese Option birgt erhebliche Risiken. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie es möglich ist, das Trennungsjahr zu verkürzen und warum eine vorschnelle Verkürzung des Trennungsjahres weitreichende rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben kann.

1. Trennung von Tisch und Bett: Die wesentliche Voraussetzung

Das Trennungsjahr ist eine gesetzliche Voraussetzung für die Scheidung. Während dieser Zeit darf keine häusliche oder wirtschaftliche Gemeinschaft zwischen den Ehepartnern bestehen. Das bedeutet eine vollständige Trennung von „Tisch und Bett“. Die Ehepartner können sich auch in der gemeinsamen Ehewohnung trennen, sie müssen jedoch getrennt schlafen und getrennte Haushalte führen. Dies bedeutet auch, dass kein gemeinsames Haushaltskonto geführt werden darf, wobei ein gemeinsames Konto von dem die Hauskreditraten abgehen, unschädlich ist. Auch dürfen keine Versorgungsleistungen mehr erbracht werden, wie z.B. Waschen, Einkaufen oder Kochen.

2. Einvernehmliche Rückdatierung

Gerade bei einvernehmlichen Scheidungen kommt es häufig vor, dass sich die Ehepartner darauf einigen, ein früheres Trennungsdatum anzugeben, um die Scheidung schneller durchzuführen. Da eine Scheidung vor Ablauf des Trennungjahres nur bei einem Härtefall möglich ist, sind jegliche Vereinbarungen für des Gericht nicht bindend.  Allerdings übernimmt das Familiengericht bei übereinstimmenden Angaben der Ehepartner im Regelfall das angegebene Trennungsdatum ohne weitere Prüfung. Dies kann dazu verleiten, das Trennungsdatum zurückzudatieren. Dies kann jedoch mehrere negative Folgen haben.

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3. Mögliche Konsequenzen

  • Möglicher Prozessbetrug: Vor Gericht muss jeder die Wahrheit sagen. Die falsche Angabe des Trennungszeitpunkts kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie etwa eine Anzeige wegen Prozessbetruges.
  • Doppelte Scheidungskosten: Es kommt immer wieder vor, dass sich ein Ehepartner doch nicht an die Abmachung hält. Wenn das Trennungsjahr zum Scheidungstermin noch nicht abgelaufen ist, muss das Gericht den Scheidungsantrag abweisen. Der Antragsteller trägt dann alle Kosten, einschließlich der Anwaltskosten des Ehepartners.
  • Nachzahlung von Steuern und Steuerhinterziehung: Eine gemeinsame Veranlagung ist letztmalig im Jahr der Trennung möglich. Danach muss zwingend jeder seine Steuererklärung alleine machen. Dies führt zu erheblichen Steuernachzahlungen und zu einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung, wenn im Jahr nach dem angegebenen Trennungsdatum noch gemeinsam veranlagt wurde. 
  • Verkürzung des Trennungsunterhaltsanspruchs: Mit Einreichung des Scheidungsantrages gelten strengere Voraussetzungen für die Berechnung des Trennungsunterhalts. Die verkürzte Trennungszeit kann deshalb zu einem Verlust von Unterhaltsansprüchen führen. 
  • Früherer Stichtag für den Zugewinnausgleich: Der Stichtag für die Berechnung des  Zugewinnausgleich ist die Zustellung des Scheidungsantrags. Ein verfrühter Scheidungsantrag kann damit zu einer veränderten Berechnungsgrundlage führen.
  • Verkürzung des Versorgungsausgleichs: Der Versorgungsausgleich wird bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags berechnet. Ein verfrühter Scheidungsantrag kann die Berechnungszeit verkürzen und somit die Ansprüche mindern.
  • Erstattung gezahlter Kreditraten: Zahlt ein Ehepartner die Kreditraten für einen gemeinsamen Kredit alleine, so kann er ab der Trennung die Hälfte der Kreditraten vom anderen Ehepartner zurück verlangen. Dieser Anspruch ist für die Zahlungen vor der Trennung ausgeschlossen. Wird nun das Trennungsdatum zurückdatiert, kann dies erhebliche Ausgleichsansprüche zur Folge haben. 
  • Verkürzung der Familienversicherung: Die Familienversicherung entfällt mit Rechtskraft der Scheidung. Wird das Trennungsjahr verkürzt, muss früher eine eigene Versicherung abgeschlossen werden.
  • Widerruf der Verfahrenskostenhilfe: Für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ist das Einhalten des Trennungsjahres Voraussetzung. Fällt dem Gericht nachträglich auf, dass das Trennungsjahr nicht eingehalten wurde, kann die Bewilligung aufgehoben und die Verfahrenskosten müssen selbst getragen werden. Oftmals ergeben sich Erkenntnisse zum Trennungsjahr aus den eingereichten Unterlagen zur Verfahrenskostenhilfe.

Ich hoffe ich konnte verdeutlichen, dass die Verkürzung des Trennungsjahres erheblichen finanziellen und rechtlichen Folgen hat. In unserer heutigen schnelllebigen Zeit, vergeht ein Jahr wie im Flug. Dies steht in keiner Relation zu den möglichen strafrechtlichen Konsequenzen und finanziellen Schäden. Deshalb sollten Sie der Versuchung widerstehen, das Trennungsjahr zu verkürzen.

Zögern Sie nicht, Kontakt mit mir aufzunehmen. Gemeinsam klären wir Ihre Fragen und finden die beste Strategie für Ihre Scheidung. Lassen Sie uns sicherstellen, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben und Sie rechtlich auf der sicheren Seite stehen.