Sie haben eine Strafanzeige wegen einer Nachstellung bzw. umgangssprachlich auch „Stalking“ genannt erhalten und wurden von der Polizei zu einer Beschuldigtenvernehmung geladen. Jetzt fragen Sie sich, muss ich diesen Vernehmungstermin wahrnehmen und welche Konsequenzen drohen mir.

Im Artikel werde ich die wichtigsten Fragen beantworten. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, kontaktieren Sie mich. Das Erstgespräch ist für Sie kostenlos. Im Erstgespräch klären wir, was Ihnen vorgeworfen wird. Welche Strafe Ihnen drohen könnte und ob gegebenenfalls ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt.


Wie muss ich auf eine Vorladung bei der Polizei reagieren?

Als Beschuldigter sind Sie grundsätzlich nicht verpflichtet sich selbst zu belasten oder an Ihrer Überführung aktiv mitzuwirken. Daher sind Sie auch nicht verpflichtet, die  Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei wahrzunehmen. Sie brauchen zu diesem Termin einfach nicht erscheinen.

Sollten Sie mich kontaktieren, nachdem Sie eine Vorladung zu einer Beschuldigtenvernehmung erhalten haben. Würde ich diese bei der Polizei für Sie absagen und zunächst Akteneinsicht beantragen, um zu klären, was gegen Sie vorliegt und ob überhaupt ausreichende Beweise vorliegen, die einen hinreichenden Tatverdacht gegen Sie begründen.


Was passiert nach erfolgter Akteneinsicht?

Sobald ich die Akte erhalten habe, kann ich diese prüfen und feststellen, welche genauen Anschuldigungen gegen Sie vorliegen. Ich kann der Akte entnehmen, ob die Anzeige auf konkreten Zeugenaussagen beruht. Im Falle der Nachstellung ist dabei auch entscheidend, ob lediglich eine Aussage des angeblichen Opfers vorliegt oder noch weitere Zeugenaussagen. Entscheidend ist auch, ob eventuelle Screenshots von Nachrichtenverläufen, Anruflisten oder sonstige Beweismittel vorhanden sind, die die Angaben des Anzeigenden belegen können.

Im Anschluss daran, kann eine Verteidigungsstrategie erarbeitet werden. Liegen keine ausreichenden Beweise vor, werde ich die Einstellung des Verfahrens nach § 170 II StGB für Sie beantragen.


Welche Strafe habe ich im Falle einer Verurteilung wegen Nachstellung zu erwarten?

Das einfache Stalking sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Welche konkrete Strafe daraus resultiert ist eine Frage des Einzelfalls und steht im Zusammenhang mit der Ihnen vorwerfbaren Schuld und den möglicherweise vorliegenden Milderungsgründen. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Ersttäter in der Regel mit deutlich milderen Strafen rechnen können, als mehrfach vorbestrafte Täter.


Wann liegt eine Nachstellung vor?

Eine Nachstellung, besser bekannt als „Stalking begeht, wer gegen oder ohne den Willen einer Person (unbefugt) und mehrmals (wiederholt) Nachstellungshandlungen (§ 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 StGB) vornimmt die geeignet sind, die Lebensgestaltung des Opfers nicht nur unerheblich zu beeinträchtigten.


Welche Nachstellungshandlungen werden gemäß § 238 Abs. 1 erfasst?

§ 238 Absatz 1 StGB nennt 8 Nachstellungshandlungen.

Nach Nummer 1 liegt eine Nachstellungshandlung vor, wenn der Täter die räumliche Nähe des Opfers aufsucht. Gemeint ist damit, dass der Täter dem Opfer beispielsweise vor deren Wohnung oder an ihrem Arbeitsplatz auflauert.

Nummer 2 hat die größte praktische Relevanz und erfasst ungewollte Telefonanrufe, SMS, Whats App Nachrichten, E-Mail-Nachrichten und ähnliches. Darüber hinaus werden auch die Kontaktaufnahme von Dritten erfasst, wenn sie auf Anweisung des Täter handeln

Nummer 3 a) erfasst Fälle, in denen der Täter Waren oder Dienstleistungen im Namen des Opfers und auf deren Rechnung bestellt. Variante b) erfasst hingegen Fälle, in denen der Täter, ohne offen in Erscheinung zu treten Dritte veranlasst, Kontakt mit den Opfer aufzunehmen.

Nummer 4 erfasst Fälle in denen der Täter das Opfer mit dem Tod, einer Körperverletzung oder Freiheitsberaubung bedroht. Die Drohung kann sich auch gegen Familienmitglieder oder Freunde des Opfers richten.

Nummer 5 erfasst Fälle in denen sich der Täter zum Beispiel in den PC oder das Smartphone des Opfers oder eines Familienmitgliedes oder Freundes einhackt um an deren Daten zu kommen. Die Variante erfasst das „Cyberstalking“ gem. §§ 202a bis 202c StGB

Nummer 6 erfasst vor allem Fälle in denen der Täter Nacktbilder des Opfers, die er zu einem anderen Zeitpunkt freiwillig von diesem erhalten hat oder eines Familienmitgliedes oder Freundes veröffentlicht.

Nummer 7 erfasst vor allem Fälle, in denen der Täter Fake-Profile des Opfers erstellt und dort Aussagen im Namen des Opfers veröffentlicht, die den Ruf des Opfers schädigen können. Zum Beispiel Rechtsradikale oder Sexuelle Äußerungen.

Nummer 8 ist ein Auffangtatbestand, der eine Handlung voraussetzt, die vergleichbar mit den in den Nummern 1 bis 7 genannten ist. Erfasst werden davon zum Beispiel körperliche oder sexuelle Angriffe, die die Schwelle zur Körperverletzung gemäß § 223 StGB oder zum sexuellen Übergriff gemäß § 177 Abs. 1 StGB noch nicht überschritten haben und daher nach diesen Tatbeständen nicht strafbar sind.


Was bedeutet unbefugt?

Unbefugt ist die Nachstellungshandlung, wenn Sie gegen oder ohne den Willen des Opfers begangen wird. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass die Nachstellungshandlung zu keiner Strafbarkeit führt, wenn das Opfer grundsätzlich mit dieser einverstanden ist.


Was bedeutet wiederholt?

Wiederholt bedeutet, das nicht nur eine einzelne Nachstellungshandlung vorliegt. Wie viele Nachstellungshandlungen erforderlich sind, um den Tatbestand zu erfüllen, ist dabei allerdings eine Frage des Einzelfalls und kann nicht anhand einer festen Anzahl festgestellt werden.

Die Wiederholung der Nachstellungshandlungen muss dabei jedenfalls grundsätzlich geeignet sein, die Lebensgestaltung des Opfers nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Das Merkmal „wiederholt“ kann daher nur im Zusammenhang mit diesem weiteren Merkmal bewertet werden.


Wann ist die Nachstellungshandlung geeignet die Lebensgestaltung nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen?

Erforderlich ist, dass es zu einer objektiv nachvollziehbaren Änderungen der Lebensgewohnheiten des Anzeigenden gekommen ist.

Davon kann ausgegangen werden, wenn die Person ihren Arbeitsplatz, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und ähnliches wechselt, umzieht, ihre Hobbys aufgibt, beispielsweise aus einem Verein austritt. Ebenso kann davon ausgegangen werden, wenn die Person sich in Therapie begeben musste, weil sie unter Angstzuständen leidet und sich nicht mehr traut das Haus alleine zu verlassen.


Wann liegt ein besonders schwerer Fall gemäß § 238 Abs. 2 vor?

§ 238 Absatz 2 StGB enthält 7 Regelbeispiele, die einen besonders schweren Fall der Nachstellung begründen. Bei Vorliegen eines Regelbeispiels erhöht sich der Strafrahmen auf  Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Ein besonders schwerer Fall der Nachstellung liegt nach der Nummer 1 vor, wenn der Täter das Opfer oder eine Familienmitglied oder Freund tatsächlich gesundheitlich verletzt.

Nach der Nummer 2 liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter das Opfer, ein Familienmitglied oder Freund durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

Ein besonders schwerer Fall der Nachstellung  liegt nach der Nummer 3 vor, wenn der Täter eine Vielzahl von Nachstellungshandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten begeht.

Nach der Nummer 4 liegt ein besonders schwerer Fall der Nachstellung vor, wenn der Täter bei seinem „Cyberstalking“ ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist.

Ein besonders schwerer Fall der Nachstellung liegt nach der Nummer 5 vor, wenn der Täter durch das Cyberstalking Nacktbilder des Opfers erhalten hat und diese dann veröffentlicht.

Im Rahmen der Nummer 6 liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter einen Inhalt durch Cyberstalking erlangt hat und diesen dann veröffentlicht, um den Ruf des Opfers zu schädigen.

Eine besonders schwerer Fall liegt nach Nummer 7 vor, wenn der Täter 21 Jahre ist und das Opfer unter 16 Jahren ist.


Wann liegt eine Erfolgsqualifikation gemäß § 238 Abs. 3 vor?

Die Erfolgsqualifikation des § 238 Absatz 3 StGB liegt vor, wenn das Opfer, ein Familienmitglied oder ein Freund durch die Tat stirbt. Bestraft wird die Tat mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Dies kann zum Beispiel angenommen werden, wenn das Opfer durch die Tat in den Suizid getrieben wird oder wenn das Opfer bei der Flucht vor dem Täter zu Tode kommt. Es geht hier also explizit nicht um eine beabsichtigte Tötung im Sinne der §§ 211 (Mord), 212 (Totschlag) StGB.


Welche weiteren Beschuldigungen können im Zusammenhang mit der Nachstellung aufkommen?

Im Zusammenhang mit der Nachstellung können auch Strafanzeigen wegen Beleidigung, § 185 StGB, Bedrohung, § 241 StGB, Körperverletzung, § 223 StGB und Hausfriedensbruch, § 123 StGB erstattet worden sein.