Was versteht man im Arbeitsrecht unter Diskriminierung wegen des Alters?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, schützt Beschäftigte und Bewerber/innen vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter Merkmale – darunter auch das Alter. Eine Diskriminierung wegen des Alters liegt vor, wenn eine Person allein deshalb benachteiligt wird, weil sie einem bestimmten Altersbereich angehört oder nicht angehört.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Diskriminierung rechtlich relevant wird?

Zunächst muss die Benachteiligung etwa im Rahmen einer Bewerbung auf eine Arbeitsstelle oder auf eine Beförderung beispielsweise stattfinden. Dann braucht es ein Indiz dafür, dass das Alter ursächlich für die Benachteiligung war. Das kann zum Beispiel durch eine bestimmte Formulierung in einer Stellenausschreibung gegeben sein. Liegt ein solches Indiz vor, kehrt sich die Beweislast um – das bedeutet: Die Arbeitgeberseite muss dann beweisen, dass objektive, nicht diskriminierende Gründe für die Ablehnung maßgeblich waren.

Es gab einen Fall eines Bewerbers aus dem Jahrgang 1972, der sich durch den Begriff „Digital Native“ in einer Stellenanzeige diskriminiert fühlte. Was war das Problem?

In der Stellenausschreibung hieß es sinngemäß: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, datengetriebener PR und digitaler Tools zuhause.“ Der Kläger sah in der Stellenausschreibung ein Indiz für eine altersbezogene Diskriminierung, da er sich selbst nicht mehr zur Gruppe der sogenannten „Digital Natives“ zählte. Dies hat das Gericht bestätigt, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 07.11.2024 - 17 Sa 2/24.

Warum sah das Gericht den Begriff „Digital Native“ als problematisch an?

Das Gericht hat den Begriff historisch und sprachlich eingeordnet. Er beschreibt Menschen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind – also typischerweise ab den frühen 1980er-Jahren Geborene. Der Begriff grenzt diese von „Digital Immigrants“ ab, also älteren Generationen, die sich die Technik erst später aneignen mussten. Das LAG argumentierte, dass der Begriff „Digital Native“ in der Anzeige eine bestimmte Altersgruppe anspricht – und dadurch Bewerber außerhalb dieser Gruppe mittelbar ausschließt. Das stelle eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters dar.

Könnte der Arbeitgeber nicht sagen, dass es doch eigentlich um digitale Kompetenz ging – und nicht um das Alter?

Dies hat das Gericht nicht überzeugt. Digitale Kompetenzen kann man explizit und neutral beschreiben – etwa durch konkrete Anforderungen an Softwarekenntnisse oder Social-Media-Erfahrung. Der Begriff „Digital Native“ hingegen trägt eine implizite Alterszuschreibung in sich. Die Arbeitgeberseite vermochte insoweit keine überzeugenden sachlichen Gründe vorgetragen, die die Wahl dieses Begriffs rechtfertigen könnten – was laut AGG jedoch notwendig wäre, um eine Diskriminierung ausnahmsweise zu erlauben (§§ 8, 10 AGG).

Was bedeutet das Urteil für Arbeitgeber, die Stellenanzeigen formulieren?

Es ist ein deutliches Signal, dass altersbezogene Begriffe – selbst wenn sie modern oder vermeintlich harmlos klingen – schnell rechtlich problematisch sein können. Arbeitgeber sollten neutrale, kompetenzbasierte Anforderungen formulieren und auf Begriffe verzichten, die unbewusst bestimmte Altersgruppen ausschließen.

Sven Rasehorn
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht

Foto(s): KI-generiert, ChatGPT (OpenAI, 2025)