Im dritten Teil dieser Serie beleuchten wir den Verfahrensablauf im Steuerstrafrecht von der Entdeckung einer möglichen Steuerhinterziehung bis hin zur Urteilsverkündung. Ein Steuerstrafverfahren verläuft in mehreren Schritten und kann weitreichende Konsequenzen für den Beschuldigten haben. Ziel ist es, den Verfahrensweg verständlich darzustellen und praktische Hinweise für Betroffene zu geben.

Wie wird eine Steuerhinterziehung entdeckt?

Die Entdeckung einer Steuerhinterziehung erfolgt oft durch eine Steuerprüfung oder eine Außenprüfung durch das Finanzamt. Eine Steuerprüfung kann durch Zufallsfunde, Kontrollmitteilungen oder durch gezielte Hinweise Dritter, beispielsweise aus einer Anzeige, ausgelöst werden. Bei einem Anfangsverdacht werden die Steuerfahndung oder andere Ermittlungsbehörden aktiv, und ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet.

Was sind häufige Auslöser eines Steuerstrafverfahrens?


  • Steuerprüfungen: Eine Nachprüfung der Steuererklärung kann Hinweise auf Unregelmäßigkeiten geben, die weitere Ermittlungen notwendig machen.
  • Kontrollmitteilungen: Finanzämter tauschen relevante Informationen untereinander aus, um mögliche Verstöße aufzudecken.
  • Anzeige durch Dritte: Eine Steuerhinterziehung wird häufig durch anonyme oder namentliche Anzeigen durch Dritte, wie beispielsweise ehemalige Geschäftspartner oder Mitarbeiter, aufgedeckt.
  • Automatisierter Datenabgleich: Durch das steuerliche Kontrollsystem werden Auffälligkeiten in Steuerdaten schneller sichtbar.

Wie läuft ein Ermittlungsverfahren bei Steuerhinterziehung ab?

Liegt ein Anfangsverdacht vor, wird ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses dient der Klärung, ob der Verdacht der Steuerhinterziehung bestätigt wird und ob es zur Erhebung der Anklage kommt.

Welche Schritte erfolgen im Ermittlungsverfahren?


  1. Eröffnung des Ermittlungsverfahrens: Mit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens wird der Beschuldigte durch einen schriftlichen Bescheid oder durch Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen in Kenntnis gesetzt.
  2. Durchsuchung und Beschlagnahme: In schweren Fällen kann eine Durchsuchung der Wohnung oder Geschäftsräume des Beschuldigten angeordnet werden, um Beweismittel sicherzustellen. Dies kann auch die Beschlagnahmung von Dokumenten und digitalen Daten umfassen.
  3. Zeugenbefragungen und Beweiserhebung: Die Steuerfahndung befragt Zeugen und erhebt Beweise. Hierzu gehören Kontoauszüge, Verträge und andere relevante Dokumente.
  4. Anhörung des Beschuldigten: Der Beschuldigte hat das Recht, sich zur Sache zu äußern, kann aber auch von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Ein Anwalt kann in dieser Phase die Interessen des Beschuldigten vertreten und eine Verteidigungsstrategie entwickeln.

Was ist bei einer Durchsuchung zu beachten?

Betroffene sollten Ruhe bewahren und auf ihr Schweigerecht bestehen. Es ist ratsam, die Durchsuchung durch einen Anwalt begleiten zu lassen und keine freiwilligen Angaben zu machen, bevor die Sachlage genau geklärt ist. Der Anwalt hat das Recht, bei der Durchsicht der beschlagnahmten Gegenstände anwesend zu sein und die beschlagnahmten Unterlagen einzusehen.

Wann endet das Ermittlungsverfahren?

Das Ermittlungsverfahren endet entweder mit der Einstellung des Verfahrens oder mit der Erhebung der Anklage. Gründe für eine Einstellung können fehlende Beweise oder die geringe Schuld des Beschuldigten sein. Falls ausreichende Beweise vorliegen, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage vor dem zuständigen Strafgericht.

Welche Arten der Verfahrenseinstellung gibt es?

  1. Einstellung nach § 153a StPO: Das Verfahren kann gegen Auflagen eingestellt werden, beispielsweise gegen eine Geldauflage oder Wiedergutmachung des Schadens. Dies ist besonders in Fällen mit geringem Verschulden eine Möglichkeit, das Verfahren ohne Verurteilung zu beenden.
  2. Einstellung mangels Tatverdacht: Liegen keine ausreichenden Beweise vor, kann das Verfahren auch ohne Auflagen eingestellt werden. Der Beschuldigte gilt in diesem Fall als unschuldig.

Wie verläuft das Hauptverfahren?

Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt und das Gericht das Hauptverfahren eröffnet, findet eine Hauptverhandlung statt. In diesem Prozess wird der Tatvorwurf ausführlich geprüft und das Gericht entscheidet auf Grundlage der Beweislage.

Welche Schritte beinhaltet das Hauptverfahren?


  1. Anklageerhebung: Die Anklage wird durch die Staatsanwaltschaft erhoben und dem Beschuldigten schriftlich mitgeteilt. Der Beschuldigte kann Stellung dazu nehmen.
  2. Eröffnung des Hauptverfahrens: Das Gericht prüft die Anklage und eröffnet das Verfahren, wenn die vorgelegten Beweise ausreichen, um eine Verhandlung zu rechtfertigen.
  3. Hauptverhandlung: In der Verhandlung werden die Beweise vorgelegt, und Zeugen werden vernommen. Der Beschuldigte hat das Recht, sich zu den Vorwürfen zu äußern oder von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen.
  4. Plädoyers: Staatsanwalt und Verteidiger fassen ihre Positionen zusammen und beantragen eine entsprechende Entscheidung des Gerichts.
  5. Urteilsverkündung: Das Gericht entscheidet auf Grundlage der Beweise und der Vorträge der Parteien. Im Fall einer Verurteilung kann eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe verhängt werden.

Beispiel zur Verfahrensweise im Hauptverfahren

Herr B wird der Steuerhinterziehung beschuldigt, weil er Einnahmen aus einem Nebengewerbe nicht angegeben hat. Die Steuerfahndung fand im Rahmen einer Steuerprüfung heraus, dass Herr B auf seinem Konto regelmäßige Zahlungseingänge aus dieser Tätigkeit erhielt. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage, und das Gericht eröffnet das Hauptverfahren. In der Verhandlung legt der Staatsanwalt Kontoauszüge und Zeugenberichte vor. Herr B äußert sich nicht zu den Vorwürfen, und sein Verteidiger bringt vor, dass die Zahlungen Geschenke von Verwandten waren. Das Gericht entscheidet auf Basis der Beweise.

Welche Strafen drohen bei Steuerhinterziehung?

Im Falle einer Verurteilung hängt die Höhe der Strafe vom Umfang der Steuerhinterziehung und den konkreten Umständen ab. Das Strafmaß kann von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe reichen.

Welche Faktoren beeinflussen die Strafzumessung?

  1. Höhe der hinterzogenen Steuer: Eine zentrale Rolle spielt der Betrag der hinterzogenen Steuer. Bei einer Summe von über 50.000 Euro liegt ein besonders schwerer Fall vor, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren nach sich ziehen kann.
  2. Vorsatz oder Fahrlässigkeit: War die Steuerhinterziehung vorsätzlich oder fahrlässig? Vorsätzliche Handlungen werden strenger bestraft.
  3. Wiederholung und Dauer: Bei einer mehrfachen oder lang andauernden Steuerhinterziehung fällt die Strafe höher aus.
  4. Reue und Wiedergutmachung: Die freiwillige Begleichung der Steuerschuld und eine Entschuldigung können strafmildernd wirken.


Gibt es Möglichkeiten, das Verfahren zu beenden, ohne verurteilt zu werden?

Ja, es gibt mehrere Möglichkeiten, ein Verfahren im Steuerstrafrecht ohne Verurteilung zu beenden:

  1. Selbstanzeige nach § 371 AO: Unter bestimmten Bedingungen kann eine Selbstanzeige eine Strafe vermeiden. Sie muss jedoch umfassend und vollständig sein.
  2. Einstellung nach § 153a StPO: Bei geringem Verschulden kann das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden. In diesem Fall wird keine Schuld festgestellt.

Wie kann man sich gegen eine Anklage im Steuerstrafrecht verteidigen?

Eine Verteidigung im Steuerstrafrecht erfordert eine genaue Analyse der Beweise und eine starke rechtliche Argumentation. Ein erfahrener Anwalt kann durch mehrere Strategien die bestmögliche Verteidigung aufbauen:


  1. Anfechtung der Beweise: Die Verteidigung kann die Beweismittel hinterfragen oder Fehler in der Beweiserhebung aufzeigen. Unrechtmäßig erlangte Beweise, wie zum Beispiel durch unrechtmäßige Durchsuchungen, sind nicht verwertbar.
  2. Berufen auf Irrtum oder Unwissenheit: In bestimmten Fällen kann eine Verteidigung auf einem Tatbestandsirrtum basieren. Wenn der Beschuldigte glaubhaft darlegen kann, dass er über seine Steuerpflicht nicht ausreichend informiert war, kann das als mildernder Umstand gelten.
  3. Berufen auf das Steuergeheimnis: Die Verteidigung kann sich auf das Steuergeheimnis berufen, um unrechtmäßig erhobene Beweise anzufechten.

Fazit: Der Ablauf eines Steuerstrafverfahrens ist komplex und erfordert rechtliches Know-how

Der Ablauf eines Steuerstrafverfahrens von der Ermittlung bis zur Hauptverhandlung und Urteilsverkündung ist für Laien oft schwer nachvollziehbar. Ein Steuerstrafverfahren bringt erhebliche Konsequenzen mit sich, weshalb eine professionelle Verteidigung in allen Phasen des Verfahrens empfehlenswert ist. Mit einem erfahrenen Anwalt an der Seite haben Beschuldigte die besten Chancen, eine faire Verteidigung zu erhalten und die Strafe möglichst gering zu halten.

In unserem nächsten Teil widmen wir uns der Selbstanzeige und deren Voraussetzungen als Möglichkeit, eine Strafe zu vermeiden.

Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht

Christian Keßler

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