Überstunden – Pflicht zur Vergütung oder unbezahlte Mehrarbeit?

Viele Arbeitnehmer fragen sich: Müssen Überstunden bezahlt werden? Die Antwort ist nicht immer eindeutig, denn es kommt auf den Arbeitsvertrag, tarifliche Regelungen und die betriebliche Praxis an. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch klare Vorgaben dazu gemacht, wann Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung haben.

1. Grundsatz: Keine Überstunden ohne Anordnung oder Duldung

Nicht jede Mehrarbeit führt automatisch zu einem Vergütungsanspruch. Überstunden müssen vom Arbeitgeber entweder ausdrücklich angeordnet, zumindest gebilligt oder geduldet worden sein. Das bedeutet:
✅ Der Arbeitgeber fordert die Überstunden an (Anordnung)
✅ Der Arbeitgeber weiß von den Überstunden und toleriert sie über einen längeren Zeitraum (Duldung)
✅ Der Arbeitgeber erkennt geleistete Überstunden nachträglich an (Billigung)

Wichtig: Überstunden, die Arbeitnehmer „freiwillig“ leisten, um z. B. Projekte schneller abzuschließen, führen nicht automatisch zu einer Vergütungspflicht!

2. Arbeitsvertragliche oder tarifliche Regelungen

Ob Überstunden bezahlt werden müssen, hängt oft vom Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag ab:
📌 Klausel im Arbeitsvertrag: Enthält der Vertrag eine Regelung, wonach Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, muss geprüft werden, ob diese wirksam ist. Allgemeine Formulierungen wie „Mit dem Gehalt sind alle Überstunden abgegolten“ sind in vielen Fällen unwirksam.
📌 Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung: Falls ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung gilt, kann dort eine automatische Vergütungspflicht oder ein Freizeitausgleich geregelt sein.

3. Nachweis der Überstunden – Wer muss was beweisen?

Im Streitfall trägt der Arbeitnehmer die Beweislast für die geleisteten Überstunden. Dies bedeutet:
📌 Der Arbeitnehmer muss detailliert darlegen, an welchen Tagen er Überstunden geleistet hat.
📌 Es muss nachgewiesen werden, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet oder zumindest geduldet hat.
📌 Am besten führen Arbeitnehmer ein Überstunden-Tagebuch oder nutzen digitale Zeiterfassungssysteme.

💡 Tipp: Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21) hat klargestellt, dass Arbeitnehmer genau nachweisen müssen, dass Überstunden „auf Veranlassung des Arbeitgebers“ geleistet wurden.

4. Anspruch auf Freizeitausgleich oder Bezahlung?

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten:
🔹 Bezahlung der Überstunden – Wenn keine anderslautende Regelung besteht, sind Überstunden mit dem regulären Stundenlohn oder einem tariflichen Zuschlag zu vergüten.
🔹 Freizeitausgleich – Statt einer Vergütung kann auch ein Freizeitausgleich vereinbart sein, d. h. Arbeitnehmer erhalten zusätzliche freie Tage.

5. Keine Vergütung bei Führungskräften?

Bei leitenden Angestellten oder hochbezahlten Arbeitnehmern kann eine Vergütungspflicht entfallen, wenn sich aus dem Gehalt ergibt, dass Überstunden abgegolten sind. Dies betrifft jedoch nur Fälle, in denen das Gehalt deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung liegt.

Fazit: Lassen Sie Ihre Ansprüche prüfen!

Arbeitgeber versuchen oft, sich der Zahlungspflicht zu entziehen. Falls Ihr Arbeitgeber Überstunden nicht vergütet oder Sie unsicher sind, ob Ihre Arbeitsvertragsklauseln wirksam sind, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen.

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