Teilungsversteigerungen sind oft emotional und rechtlich komplex – insbesondere, wenn Miteigentümer sich im Rahmen einer Trennung oder Scheidung über das gemeinsame Immobilienvermögen streiten. Doch auch in diesen Verfahren gilt: Fairness hat Vorrang. Das zeigt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss v. 18.07.2024 – V ZB 43/23), der die Versagung eines Zuschlags wegen manipulativen Bieterverhaltens bestätigt hat.

Der Fall: Täuschung zur Abschreckung potenzieller Mitbieter

Im Zentrum des Falls stand ein Ehepaar, das im Zuge eines Scheidungsverfahrens die Teilungsversteigerung ihres gemeinsam bewohnten Hauses beantragt hatte. Der Ehemann wollte die Immobilie selbst ersteigern und versuchte, andere Interessenten gezielt davon abzuhalten, ein Gebot abzugeben. Dazu verbreitete er während des Versteigerungstermins falsche Informationen:

  • Er behauptete, er habe Vollstreckungsschutz beantragt und Erinnerung eingelegt.

  • Er sei pflegebedürftig mit anerkannter Pflegestufe III und könne das Haus nicht verlassen.

  • Teile der Immobilie seien angeblich an ausländische Mieter vergeben.

  • Sein Anwalt erklärte zusätzlich, das Grundstück sei mit nicht näher bestimmten Grundschulden in Höhe von 200.000 Euro belastet.

Diese Aussagen zeigten Wirkung: Kein anderer Bieter gab ein Gebot ab – das einzige stammte vom Ehemann selbst, gerade einmal 53 Cent über dem Mindestgebot.

Rechtsfolgen: Zuschlagsversagung wegen unfairer Einflussnahme

Die Ehefrau stellte einen Antrag auf Versagung des Zuschlags – mit Erfolg. Das Vollstreckungsgericht und in der Folge auch der BGH bestätigten, dass das Verhalten des Ehemanns gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen habe. Maßgeblich war § 100 Abs. 3 i.V.m. § 83 Nr. 6 ZVG: Danach kann der Zuschlag versagt werden, wenn das Verfahren nicht ordnungsgemäß verläuft.

Zwar dürfen auch Miteigentümer mitbieten und rechtliche Mittel wie Vollstreckungsschutz nutzen. Doch die Gerichte stellten klar, dass der Zweck dieser Maßnahmen im vorliegenden Fall nicht der Schutz eigener Rechte, sondern die bewusste Manipulation anderer Bietinteressenten war.

Keine Kausalität erforderlich – aber wahrscheinlich

Der BGH stellte zudem klar: Es muss nicht nachgewiesen werden, dass die Aussagen des Bieters kausal für das Verhalten der anderen Interessenten waren. Es reicht, dass das Verhalten objektiv geeignet war, den Bietprozess zu beeinflussen. Im konkreten Fall sei ein Zusammenhang sogar wahrscheinlich.

Grundsatz der Fairness und Eigentumsschutz als Leitlinien

Neben der Verletzung prozessualer Grundsätze spielte auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG eine Rolle. Der BGH betonte, dass Zwangsversteigerungsverfahren einer Auslegung bedürfen, die der "Verschleuderung" von Eigentum entgegenwirkt. Eine faire Verfahrensgestaltung ist zwingende Voraussetzung für eine wirksame Eigentumsübertragung im Rahmen der Versteigerung.


Fazit: Fairness im Verfahren entscheidet über den Zuschlag

Der Fall zeigt eindrücklich: Wer versucht, durch Täuschung oder psychologischen Druck Einfluss auf den Verlauf einer Teilungsversteigerung zu nehmen, riskiert den Zuschlag – auch wenn formal ein wirksames Gebot abgegeben wurde. Gerichte werten solche Eingriffe als ernsthaften Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensfairness.