Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit beim Ausparken – und plötzlich ist da eine Delle im anderen Fahrzeug. Niemand ist zu sehen, niemand scheint den Vorfall bemerkt zu haben. Viele fahren in dieser Situation einfach weiter, ohne sich weiter Gedanken zu machen. Doch genau das kann strafbar sein – und in der Folge zu einem Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, umgangssprachlich Fahrerflucht, führen.

Was viele nicht wissen: Schon ein vermeintlich harmloser Parkrempler kann erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – bis hin zum Verlust der Fahrerlaubnis und einem Eintrag im Bundeszentralregister. Umso wichtiger ist es, frühzeitig zu verstehen, was genau unter Unfallflucht fällt, welche Rechte und Pflichten Sie haben und wie Sie sich im Ernstfall richtig verhalten.


Was ist „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“? (§ 142 StGB)

Die sogenannte Unfallflucht ist in § 142 StGB geregelt. Die Vorschrift stellt unter Strafe, wenn sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Dazu gehören unter anderem:

  • Ihre Personalien

  • Ihre Fahrzeugdaten

  • Und insbesondere Angaben dazu, ob und wie Sie an dem Unfall beteiligt waren

Es spielt dabei keine Rolle, ob Sie sich schuldhaft verhalten haben oder ob es sich nur um einen geringen Schaden handelt. Entscheidend ist allein, dass es zu einem Verkehrsunfall mit Fremdschaden gekommen ist und Sie den Unfallort verlassen haben, ohne die Feststellung Ihrer Person zu ermöglichen oder eine angemessene Wartezeit einzuhalten.


Wer ist „Unfallbeteiligter“ im Sinne des Gesetzes?

Nach § 142 Abs. 5 StGB gilt jeder als „Unfallbeteiligter“, dessen Verhalten zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Das betrifft also nicht nur den „Hauptverursacher“, sondern potenziell auch:

  • Mitinsassen des Fahrzeugs

  • Fahrzeughalter, wenn die Fahrereigenschaft nicht geklärt ist

  • Personen, die rangierten oder ein anderes Fahrzeug einwiesen

Das Gesetz ist hier weit gefasst – was in der Praxis bedeutet: Auch wer glaubt, nichts mit dem Unfall zu tun zu haben, kann schnell in den Fokus der Ermittlungen geraten.


Welche Pflichten habe ich nach einem Unfall?

Wer an einem Unfall beteiligt ist, hat folgende gesetzliche Pflichten:

  1. Am Unfallort bleiben

  2. Feststellungen zur Person, zum Fahrzeug und zum Unfall ermöglichen

  3. Wenn kein Geschädigter oder keine Polizei erreichbar: angemessene Zeit warten

  4. Falls erforderlich: nachträgliche Meldung bei der Polizei (§ 142 Abs. 2 StGB)

Ein Zettel an der Windschutzscheibe reicht in der Regel nicht aus, um dieser Pflicht zu genügen. Wird keine angemessene Wartezeit eingehalten und auch keine nachträgliche Meldung bei der Polizei gemacht, liegt regelmäßig eine strafbare Unfallflucht vor.


Wie lange muss ich warten?

Was eine „angemessene Wartezeit“ ist, hängt vom Einzelfall ab – insbesondere von:

  • Tageszeit

  • Ort des Geschehens

  • Schadenshöhe

  • Verkehrsdichte

Die Gerichte gehen bei Bagatellschäden auf öffentlichen Parkplätzen häufig von einer Wartezeit von 20–60 Minuten aus. Danach muss der Unfall bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle gemeldet werden – persönlich oder telefonisch.


Wie erfährt die Polizei von einem Unfall?

In der Praxis gibt es mehrere typische Konstellationen, wie ein Ermittlungsverfahren wegen Unfallflucht in Gang kommt:

  • Zeugen notieren das Kennzeichen

  • Dashcam-Aufnahmen oder Überwachungskameras liefern Hinweise

  • Der Geschädigte entdeckt den Schaden und stellt Anzeige

  • Spuren am Fahrzeug des Verdächtigen führen zur Identifikation

Wird ein Fahrzeug eindeutig identifiziert, wird die Fahrzeughalterin oder der -halter zunächst als Beschuldigte(r) geführt – mit allen Konsequenzen eines Strafverfahrens.


Was droht bei Unfallflucht?

Unfallflucht ist kein Bagatelldelikt. Bereits bei einem Schaden von wenigen hundert Euro drohen:

  • Geldstrafe

  • Eintrag ins Führungszeugnis

  • 3 Punkte in Flensburg

  • Fahrerlaubnisentzug bei bedeutendem Fremdschaden (> ca. 1.300 €)

  • Sperrfrist für die Wiedererteilung des Führerscheins

  • Kündigung durch die Kfz-Versicherung

Wichtig: Der Verlust der Fahrerlaubnis kann auch bei Ersttätern erfolgen.


Warum Sie niemals ohne anwaltliche Hilfe handeln sollten

Viele Beschuldigte erhalten zunächst einen Anhörungsbogen oder eine Vorladung zur Polizei. Der Impuls, sich sofort zu äußern oder die Situation zu „klären“, ist nachvollziehbar – aber brandgefährlich. In vielen Fällen liefern Beschuldigte mit gut gemeinten Erklärungen genau die Informationen, die für eine spätere Verurteilung gebraucht werden.

Deshalb gilt: Machen Sie keine Angaben zur Sache, bevor Sie nicht mit einem erfahrenen Strafverteidiger gesprochen haben. Nur durch Einsicht in die Ermittlungsakte lässt sich feststellen, ob überhaupt ein konkreter Tatnachweis geführt werden kann – und welche Verteidigungsstrategie im Einzelfall sinnvoll ist.


Was passiert nach einer Anzeige wegen Unfallflucht?

Nach Eingang einer Strafanzeige leitet die Polizei ein Ermittlungsverfahren ein. Die zentralen Schritte dabei sind:

  • Feststellung des Halters über das Kennzeichen

  • Befragung von Zeugen

  • Spurensicherung am angeblich beschädigten Fahrzeug

  • Ggf. Untersuchung Ihres Fahrzeugs auf kompatible Schäden

  • Versand eines Anhörungsbogens oder einer Vorladung

Wenn die Polizei Sie als Fahrer vermutet, werden Sie als Beschuldigter geführt – mit allen Konsequenzen: Sie haben das Recht zu schweigen, Akteneinsicht über einen Anwalt zu nehmen und sich professionell verteidigen zu lassen.


Warum Sie als Beschuldigter keine Aussage machen sollten

Auch wenn der Begriff „Anhörung“ harmlos klingt – tatsächlich geht es um ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Aussagen zur Sache, zum Hergang oder zur Wartezeit können später gegen Sie verwendet werden – selbst dann, wenn Sie sich in bester Absicht äußern.

Deshalb lautet die wichtigste Regel:
Keine Aussage ohne Akteneinsicht durch einen Verteidiger.

Denn: Erst wenn Ihr Anwalt die Ermittlungsakte kennt, lässt sich zuverlässig beurteilen:

  • Wie stichhaltig ist der Tatnachweis?

  • Gibt es verwertbare Zeugen oder Aufnahmen?

  • Liegen die technischen Spuren gegen Sie vor?

  • Bestehen Zweifel an Ihrer Fahrereigenschaft?

  • Kann ein Sachverständigengutachten nachweisen, dass Sie den Unfall bereits nicht sinnlich wahrgenommen haben können?

In vielen Fällen stellt sich heraus: Die Beweislage ist schwächer als angenommen. Wer voreilig gesteht oder Angaben macht, nimmt sich die Chance auf Einstellung oder Freispruch.


Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden

In der Praxis machen viele Betroffene die gleichen Fehler – oft aus Unkenntnis oder Angst vor Konsequenzen. Diese typischen Fallstricke sollten Sie unbedingt vermeiden:

  • Zettel hinterlassen statt zu warten: reicht nicht aus, um der Feststellungspflicht zu genügen

  • Nachträgliche Meldung bei der Polizei ohne Anwalt: riskant, weil Sie sich selbst belasten könnten

  • Versicherung anrufen und „offen“ beichten: die Versicherung kann später gegen Sie aussagen

  • Aussage gegenüber Polizei oder Zeugen: kein „Vertrauensgespräch“, sondern Beweismittel

Viele dieser Fehler führen dazu, dass eigentlich zweifelhafte Verfahren später mit einer Verurteilung enden – weil unbedachte Aussagen oder Spuren nachträglich den Tatnachweis ermöglichen.


Welche Verteidigungsansätze gibt es?

Die beste Verteidigungsstrategie hängt immer vom Einzelfall ab. In der anwaltlichen Praxis gibt es aber einige häufige Ansatzpunkte:

  1. Fahrereigenschaft nicht nachgewiesen
    – Nur der Fahrer kann grundsätzlich wegen Unfallflucht belangt werden. Ist nicht sicher, wer fuhr, muss das Verfahren eingestellt werden.

  2. Kein „Unfall“ im strafrechtlichen Sinn
    – Nicht jede Berührung oder Spur ist ein relevanter Unfall i.S.d. § 142 StGB – insbesondere bei Bagatellschäden kann der Straftatbestand entfallen.

  3. Keine Kenntnis vom Schaden
    – Der Täter muss wissen, dass ein Unfall passiert ist. Dies ist z. B. bei sehr geringem Kontakt (Parkrempler) nicht immer der Fall.

  4. Erforderliche Feststellungen waren bereits erfolgt
    – Wenn der Geschädigte anwesend war und Ihre Daten aufgenommen hat, fehlt es an einer Strafbarkeit – auch wenn Sie später wegfuhren.

  5. Unverzügliche nachträgliche Meldung
    – Wenn Sie den Schaden nachträglich bei der Polizei anzeigen, kann die Strafe unter Umständen entfallen (§ 142 Abs. 4 StGB) – aber Vorsicht: nur unter engen Voraussetzungen!


Welche Rolle spielt die Schadenshöhe?

Eine zentrale Rolle im Verfahren spielt die Höhe des Fremdschadens:

  • < 1.300 € Schaden: häufig noch ohne Entzug der Fahrerlaubnis

  • > 1.300 € Schaden: „bedeutender Schaden“ → Entziehung der Fahrerlaubnis sowie 3 Punkte in Flensburg und Geldstrafe

Die Höhe des Schadens wird oft durch Gutachten oder Kostenvoranschläge bestimmt – ist aber im Ermittlungsverfahren regelmäßig umstritten. Auch hier kann ein Anwalt gezielt angreifen und ggf. Gegengutachten einholen.


Gibt es Chancen auf Einstellung des Verfahrens?

Ja – unter bestimmten Umständen kann das Verfahren gegen Sie eingestellt werden:

  • Mangels Tatnachweis: z. B. keine Zeugen, keine Spuren

  • Auflagen oder geringe Schuld (§§ 153, 153a StPO)

  • Nachträgliche Schadensregulierung und Reue können sich mildernd auswirken

In der Verteidigungspraxis gelingt es oft, das Verfahren bereits im Ermittlungsstadium zu beenden, ohne dass es zu Anklage oder Hauptverhandlung kommt.


Mit welchen Strafen müssen Sie bei Unfallflucht rechnen?

Der Gesetzgeber sieht für Unfallflucht empfindliche Strafen vor – je nach Schwere des Falls und persönlichen Umständen. Die häufigsten Sanktionen sind:

  • Geldstrafe: in Tagessätzen bemessen (z. B. 30 bis 90 Tagessätze)

  • Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB): bei bedeutendem Fremdschaden über ca. 1.300 €

  • Sperrfrist für Wiedererteilung: in der Regel 6 bis 12 Monate

  • Eintrag im Fahreignungsregister (Punkte in Flensburg): in der Regel 3 Punkte

  • Eintrag im Führungszeugnis: ab über 90 Tagessätzen Geldstrafe oder mehr als 3 Monaten Freiheitsstrafe

Besonders dramatisch sind Fälle, in denen der Schaden über 1.300 € liegt. Dann droht häufig die Entziehung der Fahrerlaubnis – unabhängig davon, ob Sie vorbestraft sind oder nicht. Diese Beträge sind leider schnell erreicht. 


Wann gilt ein Schaden als „bedeutend“?

Gerichte ziehen meist eine Grenze bei rund 1.300 €. Das umfasst in der Praxis oft schon kleinere Kratzer oder Dellen an modernen Fahrzeugen – denn die Reparaturkosten steigen durch Smart-Repair, Kunststoffstoßfänger und Sensorik schnell.

Wichtig: Auch wenn Sie denken, „das war doch nur ein Kratzer“, kann der Schaden aus Sicht der Polizei oder der Versicherung höher ausfallen.

Ein erfahrener Anwalt prüft deshalb:

  • Ist der Schaden realistisch kalkuliert?

  • Wurde der tatsächliche Reparaturweg berücksichtigt?

  • Gibt es ein Gegen-Gutachten?

Diese Punkte sind entscheidend für den Entzug der Fahrerlaubnis.


Was tun, wenn der Führerschein weg ist?

Wenn die Staatsanwaltschaft oder das Gericht von einem bedeutenden Schaden ausgeht, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Die Folgen:

  • Abgabe des Führerscheins

  • Sperrfrist für die Wiedererteilung (meist 6–12 Monate)

  • Antrag auf Wiedererteilung nur mit medizinischer/psychologischer Prüfung (MPU) möglich

Deshalb ist es oberstes Ziel der Verteidigung, den Führerschein zu retten – sei es durch Anfechtung des Schadens, frühzeitige Einstellung oder Strafmilderung.


Warum Sie frühzeitig anwaltliche Hilfe brauchen

Viele Mandanten kommen zu spät zum Anwalt – oft erst, wenn der Strafbefehl bereits rechtskräftig oder der Führerschein weg ist. Doch gerade im frühen Stadium eines Ermittlungsverfahrens bestehen die besten Chancen auf:

  • Einstellung des Verfahrens (§ 170 Abs. 2 StPO)

  • Einstellung gegen Auflage (§ 153a StPO)

  • Erhalt des Führerscheins

Ein Rechtsanwalt kann Ihre Interessen gezielt durchsetzen, belastende Beweise hinterfragen und auf eine möglichst diskrete Lösung hinwirken – oft ohne Gerichtsverhandlung.


Fazit: Ruhig bleiben, schweigen, anwaltlichen Beistand sichern

Unfallflucht ist ein Vorwurf mit ernsthaften Folgen – aber nicht jeder Kratzer führt zur Verurteilung. Entscheidend ist, dass Sie Ihre Rechte kennen und keine vorschnellen Aussagen machen.

Ihr erster Schritt sollte immer der Gang zum Anwalt sein – nicht zur Polizei.

Mit frühzeitiger anwaltlicher Hilfe lassen sich Ermittlungsverfahren oft diskret beenden, ohne dass es zu Anklage oder Gerichtsverfahren kommt. Und selbst bei belastender Aktenlage bestehen viele Verteidigungsansätze, um den Schaden zu begrenzen und den Führerschein zu retten.


Jetzt handeln – bevor es zu spät ist

Sie haben Post von der Polizei erhalten? Man wirft Ihnen Unfallflucht vor?

Dann sollten Sie keine Zeit verlieren. Als erfahrener Strafverteidiger berate und vertrete ich Sie bundesweit – diskret, effektiv und mit klarem Ziel:
Verfahren beenden – Führerschein retten – Vorstrafe vermeiden.

Telefon: 0172 8974716
E-Mail: [email protected]

Rechtsanwalt Tom Beisel – Strafverteidiger & Verteidigung bei Verkehrsstraftaten