Nach einer Scheidung stellt sich oft die Frage, wer wem Unterhalt zahlen muss – und vor allem, wie lange. Das Unterhaltsrecht kann komplex sein, da es verschiedene Arten von Unterhalt gibt. In diesem Beitrag erkläre ich die wichtigsten Aspekte des nachehelichen Unterhalts, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wann der Unterhaltsanspruch endet.
1. Wer hat Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?
Grundsätzlich gilt: Nach einer Scheidung soll jeder Ex-Partner selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen ein Ehegatte weiterhin finanzielle Unterstützung benötigt. Ein Unterhaltsanspruch besteht insbesondere in folgenden Fällen:
✅ Betreuungsunterhalt: Wenn ein gemeinsames Kind unter drei Jahren betreut wird, kann ein Elternteil Unterhalt verlangen. In manchen Fällen kann dieser Anspruch auch über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus bestehen.
✅ Aufstockungsunterhalt: Wenn ein Ehepartner nach der Scheidung nicht genug verdient, um den gewohnten Lebensstandard zu halten, kann er unter Umständen einen Ausgleich verlangen.
✅ Unterhalt wegen Krankheit oder Alters: Ist ein Ex-Partner aufgrund von Krankheit oder hohem Alter nicht in der Lage zu arbeiten, besteht ein Anspruch auf Unterhalt.
✅ Unterhalt wegen Ausbildung oder Weiterbildung: Falls jemand während der Ehe die eigene Ausbildung zurückgestellt hat (z. B. zugunsten der Kinderbetreuung), kann ebenfalls ein Anspruch auf Unterhalt bestehen, um eine nachträgliche Berufsausbildung oder Weiterbildung zu ermöglichen.
📌 Wichtig: Der Unterhaltspflichtige muss wirtschaftlich in der Lage sein, Unterhalt zu zahlen. Ist das nicht der Fall, kann der Anspruch entfallen oder gekürzt werden.
2. Wie lange muss Unterhalt gezahlt werden?
Die Dauer des Unterhalts ist individuell und hängt von den jeweiligen Lebensverhältnissen ab.
🔹 Grundsatz der Eigenverantwortung: Der Gesetzgeber möchte, dass geschiedene Ehepartner so schnell wie möglich finanziell auf eigenen Beinen stehen. Der Unterhalt ist also nicht automatisch lebenslang zu zahlen.
🔹 Dauer des Unterhalts in der Praxis:
• Kurzzeitige Ehe (weniger als 3 Jahre): Oft entfällt der nacheheliche Unterhalt ganz oder wird nur für kurze Zeit gewährt.
• Langjährige Ehe: Je länger die Ehe dauerte und je größer die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Ex-Partnern sind, desto eher wird Unterhalt zugesprochen.
• Dauerhafter Unterhalt: Nur in Ausnahmefällen (z. B. bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit) besteht ein lebenslanger Anspruch.
👩⚖️ Praxis-Tipp: In vielen Fällen wird der Unterhalt befristet oder stufenweise reduziert, damit sich der unterhaltsberechtigte Ehepartner nach und nach selbst versorgen kann.
3. Wie wird die Höhe des Unterhalts berechnet?
Die Berechnung des nachehelichen Unterhalts ist komplex und richtet sich nach den individuellen Einkommensverhältnissen beider Ex-Partner.
📌 Grundlage der Berechnung:
• Maßgeblich ist das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Ex-Partners.
• In der Regel hat der/die Berechtigte Anspruch auf 45 % des bereinigten Einkommensunterschieds zwischen beiden Ex-Partnern.
• Selbstbehalt: Der Unterhaltspflichtige muss jedoch noch genug Geld für den eigenen Lebensunterhalt behalten. Der Selbstbehalt gegenüber dem Ex-Partner liegt derzeit bei 1.600 € monatlich (Stand 2025).
⚖️ Beispielrechnung:
• Der Ex-Mann verdient 3.500 € netto, die Ex-Frau verdient 1.500 € netto.
• Einkommensunterschied: 2.000 €
• 45 % von 2.000 € = 900 € nachehelicher Unterhalt
💡 Achtung: Dieses Beispiel ist stark vereinfacht. Die genaue Berechnung kann kompliziert sein und hängt auch von Abzügen wie Schulden oder berufsbedingten Kosten ab. Hier ist eine rechtliche Beratung definitiv empfehlenswert.
4. Wann endet der Unterhaltsanspruch?
Ein Unterhaltsanspruch kann aus verschiedenen Gründen entfallen:
❌ Wiederverheiratung des unterhaltsberechtigten Ex-Partners: Sobald der/die Berechtigte neu heiratet, entfällt der Anspruch automatisch.
❌ Finanzielle Eigenständigkeit: Wenn der Ex-Partner nach einer gewissen Zeit genug verdient, um selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen.
❌ Verwirkung des Unterhalts: Falls der Berechtigte z. B. in einer verfestigten neuen Partnerschaft lebt oder schwerwiegende Verstöße gegen den Ex-Partner vorliegen (z. B. Straftaten gegen den Unterhaltspflichtigen o.Ä.).
❌ Gerichtliche Befristung oder Begrenzung: Viele Unterhaltsansprüche werden vom Familiengericht auf eine bestimmte Zeit begrenzt.
5. Fazit: Brauche ich eine anwaltliche Beratung?
Die Berechnung und Durchsetzung von nachehelichem Unterhalt ist kompliziert. Eine anwaltliche Beratung ist besonders sinnvoll, wenn:
✅ Uneinigkeit über die Höhe oder Dauer des Unterhalts besteht.
✅ Der/die Unterhaltspflichtige sich weigert zu zahlen.
✅ Ein bestehender Unterhaltsanspruch gekürzt oder gestrichen werden soll.
Als erfahrene Anwältin für Familienrecht stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite und unterstütze Sie dabei, Ihre Unterhaltsansprüche durchzusetzen oder unberechtigte Forderungen abzuwehren.
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