Wollen Arbeitgeber wirksam eine Kündigung aussprechen, ist es wichtig, die Zustellung nachweisen zu können. Ohne Zustellungsbeleg ist die Kündigung unwirksam.


Das Bundesarbeitsgericht hatte sich im Rahmen seiner Entscheidung vom 30.01.2025 – Az. 2 AZR 68/24 - mit der Frage zu beschäftigen – ob eine Kündigung ohne den Nachweis eines Auslieferungs-/Zustellungsnachweises wirksam ist?

Diese Frage beantwortet das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar mit der Aussage, dass der fehlende Auslieferungsbeleg zu Gunsten der gekündigten Arbeitnehmerin zu werten sei und die Kündigung deshalb unwirksam war.

Gelingt es dem Arbeitgeber nicht den Beweis zu führen, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer tatsächlich zugegangen ist, wird die Kündigung als nicht existent behandelt und das Arbeitsverhältnis besteht fort.


Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung

Eine Kündigung ist nur dann wirksam, wenn alle hierfür erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies sind,

  • Ordnungsgemäße Kündigungserklärung
  • Einhaltung der Schriftform
  • Angabe von Kündigungsgründen – dies nur, wenn individual-, kollektiv-vertraglich oder gesetzlich vorgesehen)
  • Beachtung der Kündigungsfrist
  • Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer
  • Ausspruch der Kündigung durch einen Vertreter des Arbeitgebers: Beachtung der Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB
  • Kein Nichtigkeitsgrund, wie
  • Verstoß gegen die guten Sitten / Treu und Glauben
  • Verletzung von Grundrechten
  • Diskriminierungsverbot
  • Kein Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch bes. Kündigungsschutz
  • durch Gesetz - z.B. Mutterschutzgesetz, Schwerbehinderung
  • Zustimmungs- und Anzeigebedürftigkeit, z.B. §§ 85 ff. SGB IX
  • Soziale Rechtfertigung der Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
  • Evtl. Anhörung des Betriebsrats bzw. ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats


Zustellungsmöglichkeiten

Nachfolgend zeigen wir auf, welche Möglichkeiten für die Zustellung der Kündigung der Arbeitgeber hat.


Zustellung per Einwurf-Einschreiben

Eine Kündigung per Einwurf-Einschreiben versendet - sog. Willenserklärung gegenüber Abwesenden gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Kündigung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeht.

Kündigung muss in den Machtbereich des Empfängers gelangen und er Kenntnisnehmen kann und mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

Wird der Zugang der Kündigung durch den Arbeitnehmer im Rahmen der Kündigungsschutzklage der Zugang der Kündigung bestrittet und behauptet das Einwurf-Schreiben nicht erhalten zu haben, ist der Arbeitgeber für den Zugang darlegungs- und beweispflichtig.

Vielfach wird angeführt, der Zugang der Kündigung mittels Einwurf-Einschreiben anhand des sog. Einlieferungsbeleg nachgewiesen werden kann.

Hierdurch kann jedoch nur nachgewiesen werden, dass die Kündigung mittels Postversand erfolgte, aber der Nachweis, dass die Zustellung und der Zugang der Kündigung erfolgten, gelingt damit nicht.

Ein Nachweis in gewisser Hinsicht kann anhand des sog. Auslieferungsbeleges erfolgen, weil das Einwurf-Einschreiben mit der alltäglichen Tagespost in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen wird und dieser Vorgang vom Mitarbeiter der Post mit einer genauen Datums- und Uhrzeitangabe dokumentiert wird.

ABER – es kann nur nachgewiesen werden, dass irgendein Schriftstück per Post zugestellt wurde, jedoch nicht, dass es die Kündigung ist.


Hinweis:

Nach der gängigen Rechtsprechung begründet der Einlieferungsbeleg zusammen mit dem Auslieferungsbeleg zwar einen Anscheinsbeweis, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten auch zugegangen ist, sofern das Zustellverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und protokolliert wurde. Ein Anscheinsbeweis stellt allerdings lediglich ein Indiz für die tatsächliche Zustellung dar, den der Arbeitnehmer durch entsprechenden Vortrag erschüttern kann.


Zustellung anhand persönlicher Übergabe

Eine weitere Möglichkeit der Zustellung ist eine persönliche Übergabe der Kündigung im Original an den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz.

Die Kündigung sollte dahingehend ausgestaltet sein, dass der Arbeitnehmer den Empfang durch seine Unterschrift bestätigt. Die Bestätigung sollte, sofern der Arbeitnehmer die Entgegennahme verweigert, dahingehend dokumentiert werden, wer die Kündigung wann, wo und wem übergeben hat.

Sinnvoll ist auch, einen Zeugen zur Übergabe hinzuzuziehen.


Übergabe/Zustellung per Boten

Die Zustellung des Kündigungsschreibens kann auch per Boten – eigener Mitarbeiter oder ein externer Botendienst – erfolgen.

Wichtig hierbei ist, dass der Bote das originale Kündigungsschreiben gesehen, d.h. zur Kenntnis genommen hat, um bezeugen zu können, dass es sich bei dem zugestellten Schreiben um das Kündigungsschreiben handelt.

Weiter sollte der Bote ein Zustell-Protokoll anfertigen, indem er wiedergibt, dass die Kündigung in den zugestellten Umschlag gelegt wurde und er diesen unter Angabe von Ort, Datum und Zeit zugestellt, d.h. in den Briefkasten des Empfängers gelegt oder diesem übergeben hat.


Zustellung mittels einfachem Post-Brief

Die Zustellung kann auch mittels einfachen Briefes (Postsendung) erfolgen. Die Kündigung wird dann anhand der Tagespost dem Empfänger zugestellt und in dessen Briefkasten gelegt. In Deutschland gilt ein einfacher Brief nach 3 Tagen als zugestellt.

Das Problem ist, dass die Zustellung nicht dargelegt und bewiesen werden kann.

Der Arbeitnehmer kann behaupten, die Kündigung wurde nicht zugestellt, weil Briefsendungen auch verloren gehen können.


Zustellung per Übergabe-Einschreiben (mit Rückschein)

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass die beste Zustellung diejenige mittels Übergabe-Einschreiben (mit Rückschein) ist.

Hierbei wird dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben nur gegen seine persönliche Unterschrift ausgehändigt.

Wird der Empfänger, der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Zustellung nicht angetroffen oder verweigert er die die Unterschrift verweigern, wird die Post-Sendung für 7 Tage zur Abholung bereitgehalten.

Der Post-Zusteller hinterlegt im Briefkasten des Arbeitnehmers ein Benachrichtigungsschreiben, dass eine Postsendung (Einschreibe-Brief) zur Abholung bereitliegt.

Der Zugang der Kündigung erfolgt bei dieser Variante erst mit der Unterschrift des Arbeitnehmers.

Wichtig:

Wenn der Arbeitnehmer die Sendung nicht abholt, weil er mit einer Kündigung rechnet, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers. Zudem besteht auch keine Pflicht des Arbeitnehmers zur Abholung des Schreibens.


Sachverhalt der Entscheidung

Die Klägerin arbeitet als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, einer Gemeinschaftspraxis von Augenärzten.

Die Arbeitgeber kündigten der Klägerin wegen des Verdachts der Manipulation einer Patientenakte, außerordentlich fristlos mit der Kündigung vom 26.07.2022, hilfsweise ordentlich gekündigt.

Die gekündigte Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage und bestritt den Zugang der Kündigung, indem sie behauptete, die Kündigung mittels Einwurf-Einschreiben nicht erhalten zu haben.

Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesse legte die Arbeitgeberin den Einlieferungsbeleg des Einwurf-Einschreibens und die Sendungsnummer als Beweis für den Zugang der Kündigung vor.

Die 1. Instanz, das Arbeitsgericht Heilbronn bejahte die Wirksamkeit der zweiten Kündigung. Der Beweis des Zugangs der Kündigung sei durch die Sendebericht erfolgt und zudem spreche für den Zugang der sog. Anscheinsbeweis.

Die gekündigte Arbeitnehmerin erhob gegen die Entscheidung des Arbeitsgericht Berufung zum Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg.

Das Landesarbeitsgericht entschied zu Gunsten der Arbeitnehmerin. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass ein Einlieferungsbeleg und die Sendungsnummer stellen keinen ausreichenden Beweis für den tatsächliche Zugang der Kündigung dar.

Die Arbeitgeberin hätte, für den Beweis des Zugangs, einen Auslieferungsbeleg vorlegen müssen, was diese nicht konnte. Der Zugang der Kündigung konnte auch nicht durch einen Zeugen, einen Boten geführt werden, sodass von der Unwirksamkeit der Kündigung auszugehen ist.


Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) bestätigt und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26. Juli 2022 beendet worden sei.

Der Arbeitgeber, die Arztpraxis hat darzulegen und zu beweisen, wann die Kündigung zugegangen ist. Diesen Zugang hat die Arbeitgeberin nicht nachweisen können.

Der Ausdruck des Sendungsstatus, auf dem dieselbe Sendungsnummer wie auf dem Einlieferungsbeleg sowie das Zustelldatum vermerkt sind, bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr für einen Zugang.

In diesem Fall lässt sich weder feststellen, wer die Sendung zugestellt hat, noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das vom Bundesgerichtshof beschriebene oder das jeweils gültige Verfahren der Deutschen Post AG für die Zustellung der eingelieferten Postsendung tatsächlich eingehalten wurde.

Der Sendungsstatus ist kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg. Er sagt nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.

Den Auslieferungsbeleg konnte die Arbeitgeberin nicht darbringen, sodass die Kündigung als nicht wirksam zugestellt angesehen werden konnte.


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Fazit

Arbeitgebern ist zu raten, ein Kündigungsschreiben entweder direkt am Arbeitsplatz zu übergeben oder durch einen Boten die Kündigung an den Arbeitnehmer überbringen lassen, damit dieser als Zeugen den Zugang bezeugen kann.

Arbeitnehmern ist bei Erhalt einer Kündigung zu raten, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Findet der Arbeitnehmer nämlich die Kündigung im Briefkasten, bedeutet das nicht, dass der Zugang des Kündigungsschreibens nachgewiesen werden kann. Der Arbeitnehmer sollte den Zugang dahingehend bestreiten, dass die Kündigung nicht zugegangen ist und der Arbeitnehmer bestreitet das Schreiben erhalten zu haben.


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