Am 16. Mai 2024 wurde im Deutschen Bundestag über eine Änderung des Strafrahmens für den strafbaren Umgang mit Kinderpornografie nach § 184b StGB abgestimmt. Knapp einen Monat später – am 14. Juni 2024 – billigte der Bundesrat das Gesetz, welches nun zeitnah in Kraft treten wird. Dieser Paragraph regelt die Strafen bei Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornografischen Inhalten. Warum ausgerechnet über eine Senkung dieses Straftatbestandes diskutiert wurde und welche Konsequenzen dies nun bei der Strafverfolgung hat, werden wir in diesem Artikel behandeln.
Auf Vorwürfe der Kinderpornographie ist die Kanzlei BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte spezialisiert. Die medienbekannten Verteidiger, zu denen ein Professor sowie mehrere Fachanwälte für Strafrecht zählen, hat über 800 positive Bewertungen in mehr als 2.000 betreuten Verfahren sammeln können. Die Verteidiger gehen mit Fingerspitzengefühl und Durchsetzungskraft vor. Der Fokus liegt zumeist auf der frühzeitigen Einstellung zur Vermeidung von Hauptverhandlungen. Dabei fallen faire und jederzeit transparente Kosten an. Sehr gute Erreichbarkeit ist Bestandteil jedes Mandats. Wenn der Fall es erfordert, arbeiten die Verteidiger außerdem mit den in der Kanzlei ebenso vertretenen Dezernaten für Presseberichterstattung sowie für berufsrechtliche Folgen von Straftaten zusammen.
Senkung der Mindeststrafen für verbotenen Umgang mit Kinderpornografie
Die Bundesregierung legte einen Gesetzentwurf vor, der die Mindeststrafe für das Verbreiten, Erwerben und Besitzen von kinderpornografischen Inhalten von einem Jahr auf sechs Monate bzw. drei Monate Freiheitsstrafe senkt. Der gesenkte Mindeststrafrahmen soll dazu führen, dass Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte nach § 184b StGB nicht mehr als Verbrechen im strafrechtlichen Sinn, sondern als Vergehen qualifiziert werden.
Verbrechen sind alle Straftaten, für die mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen ist. Bei Vergehen wird eine Mindeststrafe unter einem Jahr oder eine Geldstrafe als Mindeststrafe angedroht. § 184b StGB wurde früher eigentlich als Vergehen eingestuft, bis eine Gesetzesänderung vom 16. Juni 2021 den § 184b StGB auf eine Mindeststrafe von einem Jahr erhöhte und somit als Verbrechen hochstufte.
Weshalb wurde der Mindeststrafrahmen 2021 auf ein Jahr erhöht?
Als Reaktion auf die ansteigenden Fälle kinderpornografischer Delikte in der Polizeilichen Kriminalstatistik und als Reaktion auf öffentlich bekannt gewordene Missbrauchsfälle wie z.B. im Staufener Missbrauchsfall, im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach oder im Missbrauchsfall Lügde, hat der Gesetzgeber die Mindeststrafe in § 184b StGB auf ein Jahr angehoben.
Warum wird diese Änderung schon drei Jahre später wieder rückgängig gemacht?
Die Antwort liegt in der Notwendigkeit, bei Einzelfällen gerechter entscheiden zu können. Die Verschärfung des § 184b StGB machte eine Einstellung des Strafverfahrens bei leichteren Fällen oder Grenzfällen zur Straflosigkeit nicht mehr möglich. Eine Einstellung wegen Geringfügigkeit oder eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflagen und Weisungen setzt nämlich voraus, dass es sich bei der vorgeworfenen Tat um ein Vergehen im strafrechtlichen Sinne handelt.
Beispiele für leichtere Fälle und Grenzfälle
Leichtere Fälle sind beispielsweise solche, bei denen Jugendliche aus Neugier, Unbedarftheit, Imponierstreben und Abenteuerlust, aber nicht für sexuelle Erregung kinderpornografische Bilder besitzen. Ein weiteres Beispiel für einen Grenzfall zwischen Strafe und möglicherweise fehlendem Strafbedürfnis: Eine Mutter entdeckt auf dem Smartphone ihrer Tochter Nacktfotos, die diese mit einem Unbekannten austauscht. Die Mutter lässt sich die Bilder senden und geht damit sofort zur Polizei. Damit hätte sie den Tatbestand des § 184b StGB erfüllt.
Oder im Fall einer Westerwälder Schule: Eine Lehrerin lässt sich ein intimes Video über eine 13-Jährige auf ihr Handy laden, um die Mutter des Mädchens zu informieren. In solchen Fällen, die Personen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu verurteilen, wirft Bedenken auf.
Das „Problem“ der bisherigen Regelung
Ein Verbrechen kann nur durch § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt werden, nicht aber wegen Geringfügigkeit oder gegen Auflagen und Weisungen. Das bedeutet, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, dass jemand das Verbrechen begangen haben könnte, muss die Staatsanwaltschaft eine Anklage erheben. Erhärtet sich der Verdacht, droht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. In den oben genannten Fällen müssten die Personen allesamt angeklagt werden, egal ob sie nur die gespeicherten Inhalte zum Beweis oder zur Aufklärung nutzen wollten. Bei allen wäre dann eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten. Bei Lehrern droht sogar der Verlust des Beamtenstatus.
Vorteile der Gesetzesänderung
Weil Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinderpornografie nach § 184b StGB nun ein Vergehen ist, können solche Fälle einfacher von der Staatsanwaltschaft nach § 153 StPO und § 154 StPO eingestellt werden oder die Staatsanwaltschaft kann solche Fälle auch durch einen Strafbefehl beenden und so eine Hauptverhandlung vor dem Strafgericht vermeiden. Bei einer Einstellung nach § 153 StPO wegen Geringfügigkeit erfolgt auch keine Eintragung im Bundeszentralregister oder Führungszeugnis.
Ein weiteres Problem war die Belastung der Strafverfolgungsbehörden. Da selbst geringe Fälle nicht eingestellt werden konnten, gab es eine Menge an Anzeigen, die alle bearbeitet werden mussten. Nun verspricht man sich durch die Einstellungsmöglichkeit eine Priorisierung wirklich wichtiger, schwerwiegender Anzeigen bezüglich strafbarer Kinderpornografie.
Fazit: Flexibilität und Wirksamkeit durch die Gesetzesänderung
Durch die Herabsetzung der Mindeststrafe und die Möglichkeit zur Einstellung ist es den Strafverfolgungsbehörden möglich, bei zukünftigen Fällen verbotenen und strafbaren Umgangs mit Kinderpornografie flexibler zu reagieren. Dies führt zu einer effektiveren Verfolgung von Fällen der Kinderpornografie und ermöglicht eine gerechtere Behandlung von Einzelfällen.