In den aktuellen Urteilen – Februar und März 2025 - wurde der Anbieter von Online-Coaching „CopeCart“ zur Rückzahlung des Coaching-Honorars verurteilt.
Wir bereits in unserem Beitrag - Online-Coaching – Abzocke – Rückforderungsanspruch – Aktuelles Urteil LG München I – aufgezeigt, sind die Coaching-Angebote/Verträge verschiedenster Anbieter nichtig.
Entscheiden sind in den Fällen des Online-Coaching-Verträgen,
- ist das Fernunterrichtsgesetz (FernUSG) anwendbar,
- liegt eine Zulassung nach dem FernUSG vor,
- sind die Voraussetzungen Lernüberwachungskontrolle und räumliche Trennung erfüllt.
Die Voraussetzungen des FernUSG sind gesetzlich definiert und vielfach komplexer Natur.
Die Anbieter des Online-Coachings, die Unternehmen, müssen nicht nur die gesetzlichen Anforderungen des FernUSG erfüllen, sondern die Compliance entsprechend dem FernUSG beachten.
Online-Coaching fällt unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Wissensvermittlung gegen ein entsprechendes Honorar
- Räumliche Trennung von Lehrende und Lernende – dies gilt grds. für müssen Videokonferenzen, aber mehr als 50% des Coachings/Unterrichts muss ohne direkten persönlichen Kontakt erfolgen.
- Lernerfolgskontrolle muss vorliegend – der „Coach/Lehrer“ muss den Lernerfolg überwachen, bspw. durch Tests, Beantwortung von Fragen, Feedback.
In seinem Urteil 17.02.2025, Az.: 168 C 91/24 hat das Amtsgericht Köln einen Vertrag über Online-Coaching für nichtig erklärt,
weil es sich bei dem Coaching-Angebot um Fernunterricht handelte und der Anbieter nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) eine behördliche Zulassung (Genehmigung) nach § 12 FernUSG benötige,
da CopeCart diese nicht vorlegen konnte, wurde der Coaching-Vertrag ohne Rechtsgrundlage geschlossen und ist somit nichtig.
Zulassung nach dem Fernunterrichtsgesetz
Ein Fernunterrichtsvertrag verlange gemäß § 1 Abs. 1 FernUSG,
neben der räumlichen Trennung vom Lehrenden und Lernenden auch eine Überwachung des Lernerfolgs.
Der Bundesgerichtshof (BGH) legt den Begriff „Lernerfolgsüberwachung“ – insbesondere nach seinem Urteil v. 15.10.2009, Az. III ZR 310/08 - sehr weit aus, d.h.
es genüge, wenn ein vertraglicher Anspruch darauf bestehe, dass etwa in einer unterrichtsbegleitenden Veranstaltung durch mündliche Fragen individuell durch den Lehrenden oder einen Beauftragten kontrolliert wird, ob der Lernende den erlernten Stoff auch tatsächlich verinnerlicht hat.
Der BGH habe die Erfolgsüberwachung in jenem Fall bejaht, weil der Vertrag explizit die Worte „Lehrgang“ und „Studium“ enthielt, die eine Kontrolle des Lernerfolgs implizieren. Liege jedoch ein reines „Lernen durch Zuhören“ vor, werde der Lernerfolg nicht durch den Online-Coach kontrolliert.
Damit ein Coaching/Mentoring als Fernunterricht gemäß § 1 FernUSG eingeordnet wird,
muss eine räumliche Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem sowie eine Überwachung des Lernerfolgs vorliegen.
Nach dem Urteil des Landgerichts Hamburg - 19.07.2023 - 304 O 277/22 - liegt eine räumliche Trennung vor,
wenn weniger als die Hälfte des Lehrgangsstoffes im herkömmlichen Nah- oder Direktunterricht vermittelt wird und eine Tonübertragung in einen anderen Unterrichtsraum bzw. ein anderes Gebäude stattfindet.
Findet also eine räumliche Trennung im wörtlichen Sinn statt, sodass sich Lehrende und Lernende tatsächlich nicht am selben Ort aufhalten, ist der Anwendungsbereich des FernUSG eröffnet.
Grds. besteht bei den Coaching-/Mentoring-Verträgen das Problem, ist der Vertrag nichtig?
Die Nichtigkeit des Vertrags bestimmt sich nach § 7 FernUSG. Dieser besagt,
ein Fernunterrichtsvertrag, der von einem Veranstalter ohne die nach § 12 Abs. 1 erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs geschlossen wird, ist nichtig.
Wichtig ist,
die Beweislast für die behaupteten Tatsachen, insbesondere die Voraussetzungen für die Nichtigkeit nach § 7 FernUSG, liegt grundsätzlich beim Anspruchsteller, also demjenigen, der sich darauf beruft, dass der Vertrag nichtig ist und das Coaching-Honorar zurückverlangt.
Ist das FernUSG nur auf Verbraucher anwendbar?
Viele Coaching-Anbieter sind der Meinung, dass das FernUSG ausschließlich für Verbraucher gilt. Unternehmer können sich auf die Schutzvorschriften des FernUSG nicht berufen.
ABER!
Das Oberlandesgericht Celle - OLG Celle – hat in seinem Urteil v. 01.03.2023, Az. 3 U 85/22 - hierzu klar Stellung bezogen und sich klar gegen die ausschließliche Anwendbarkeit auf Verbraucherverträge festgelegt:
Angenommen werden kann, dass das FernUSG grds. für den Verbraucherschutz entwickelt wurde und die Teilnehmer sich des Verbraucherschutzes bedienen dürfen, weil
- das Gesetz dem Verbraucherschutz dient und
- die Widerrufsvorschrift des FernUSG auf den Verbraucherwiderruf verweist.
Klar gegen diese Auslegung spricht,
dass das FernUSG außer an einer Stelle den Begriff des Verbrauchers nicht verwendet. Anders als in anderen Gesetzen gebe es aber keine gesonderte Vorschrift, die die Anwendung explizit nur für Verbraucherverträge vorschreibt.
Ferner spricht der Umstand, dass auch die Homepages zum Erwerb eines Fachanwaltstitels über eine Zulassung nach dem FernUSG verfügen, für eine Anwendbarkeit auf Nicht-Verbraucherverträge. Schließlich üben Rechtsanwälte einen freien Beruf aus und sind damit Unternehmer.
Auch das Argument aus der Gesetzesbegründung werde hinfällig, wenn sie so verstanden wird, dass das Gesetz zwar dem Schutz der Verbraucher gilt, jedoch Unternehmer nicht kategorisch vom Schutz des Gesetzes ausgeschlossen werden sollen.
Auch das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) hat die Ansicht des OLG Celle aufgegriffen und in seinem Urteil v. 6.12.2023, Az. 2 U 24/23 wie folgt ausgeführt,
indem es das Argument der Historie des Gesetzes aufgriff und erweitert. Nach der Ansicht des OLG Köln ist die „verbraucherschützende“ gesetzgeberische Zielsetzung des FernUSG älter als das modernde Verbraucherschutzrecht.
Der Begriff des Verbrauchers könne nicht mit dem heutigen Verbraucherbegriff gleichgesetzt werden und sei vielmehr so zu verstehen, dass damit jegliche Teilnehmenden am Fernunterricht gemeint seien, somit auch Unternehmer.
Wichtig ist – im Verfahren vor dem OLG Celle – Urteil v. 01.03.2023, Az. 3 U 85/22 - hatte die Beklagtenseite, der Coaching-Anbieter, vor dem BGH die Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, jedoch diese zurückgenommen, sodass das Urteil des OLG Celle rechtskräftig wurde.
Aktuelle Urteile zum Online-Coaching
Amtsgericht (AG) Köln, Urteil vom 17.02.2025 - Az.: 168 C 91/24
Verurteilung zur Rückzahlung des Coaching-Honorars CopeCart (Samer Consulting) i.H.v. 1.800,00 Euro und Auskunft über gespeicherte Daten.
Amtsgericht (AG) Wennigsen, Urteil vom 03.03.2025, Az.: 14 C 135/24
CopeCart (Lukas Lindner) wird zur Rückzahlung des Coaching-Honorars i.H.v. 3.570,00 Euro verurteilt.
Landgericht (LG) Tübingen, Urteil vom 18.03.2025, Az.: 4 O 242/24
NV Business Consulting GmbH (Philipp Lang) muss das Coaching-Honorars i.H.v. 9.500,00 Euro zurückzahlen.
Amtsgericht (AG) Mitte (Berlin), Urteil vom 18.03.2025, Az.: 8 C 188/24
CopeCart (NiCe Publishing Consulting GmbH) erneut zur Rückzahlung des Coaching-Honorars i.H.v. 720,00 Euro und Befreiung von der Restzahlung i.H.v. 2.880,00 Euro verurteilt.
Stellungnahme:
Verfügen Online-Coaches über keine Zulassung für Fernlehrgänge, fürchten sie die Nichtigkeit ihrer Coaching-Verträge. Darüber hinaus befähigt das Urteil nun auch Unternehmer dazu, sich per Widerruf vom Vertrag lösen zu können.
Die Rechtsprechung zeigt, dass die Coaching-Anbieter Verträge schließen, hierfür aber keine Rechtsgrundlage vorliegt, sodass die Verträge nichtig sind.
Die Coaching-Interessierte sollten sicherstellen, dass die Vertragspartner(in) klar ausgewiesen ist, insbesondere bei Geschäftsmodellen mit Online-Vermittlungsplattformen.
Die allermeisten Online-Anbieter von Coaching-, Mentoring- und anderen Seminaren und/oder Kursen versprechen einen übertriebenen Erfolg, welcher nicht realistisch ist.
Das aktuelle Urteil des Landgerichts (LG) München I vom 15.01.2025 – Az. 44 O 16944/23 zeigt, dass
die Rechtslage in der Praxis so ist, dass in den allermeisten Fällen und bei derartigen Verträgen viele rechtliche Ansatzpunkte bestehen, die den Ansprüchen der Online-Coaching-Anbieter entgegengehalten werden können und welche den Anspruch auf Rückzahlung ermöglichen.
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