Verbraucherwiderruf bei Handwerkerleistungen


Dem Verbraucher steht beim Abschluss von Verbraucherverträgen außerhalb von Geschäftsräumen nach § 312 g I BGB ein Widerrufsrecht zu, wenn der Vertrag bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers (§ 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ) oder im Fernabsatz geschlossen wird.


Diese Vorschriften gelten auch für Verträge am Bau. Dies kann für den Handwerker zu erheblichen Einbußen führen.


Fehlt es an einer Widerrufsbelehrung oder ist die Widerrufsbelehrung unwirksam oder wurde der Widerruf während des Laufs der Widerrufsfrist erklärt, ohne, dass der Verbraucher von dem Unternehmer zuvor ausdrücklich verlangt hat, dass er vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Leistungen beginnt, so hat der Unternehmer zwar einen Anspruch auf Rückgabe gelieferter Waren, nicht aber einen Wertersatzanspruch wegen der bis dahin erbrauchten Leistungen ( „Dienstleistungen“). Der Europäische Gerichtshof hat zur Frage der Rechtsfolgen entschieden, dass es keinen anteiligen Vergütungsanspruch gibt. Eine  Auslegung der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU ergibt, dass der Unternehmer bei nicht hinreichende Unterrichtung über das Widerrufsrecht für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen ( nach der Begrifflichkeit des EU-Rechts „Dienstleistungen“ ) keinen Anspruch auf Wertersatz erhält.


Dies gilt allerdings nicht für den Fall eines Verbraucherbauvertrages, denn die Vorschriften gelten nicht für Verbraucherbauverträge, § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB.


Verbraucherbauverträge sind nach § 650 i Abs. 1 BGB Verträge über den Bau eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen. Kein Verbraucherbauvertrag liegt allerdings vor, wenn die beabsichtigte Baumaßnahme in mehrere Gewerke aufgespalten wird. Zwar gibt es auch beim Verbraucherbauvertrag ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, § 650 l BGB. Die Rechtsfolgen des Widerrufs des Verbraucher Bauvertrages unterscheiden sich aber ganz erheblich von den Folgen des Widerrufs im Fernabsatz oder bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen.

Bei Verbraucherbauverträgen ist Rechtsfolge des Widerrufs, dass die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind, § 357e BGB, und zwar auch dann, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist.

Diese unterschiedlichen Ergebnisse entsprechen nicht dem allgemeinen Rechtsempfinden und man könnte meinen, dass eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vorliegt. Das Verbraucherschutzniveau wurde vom Gesetzgeber in Deutschland jedoch bewußt für Verbraucherbauverträge niedriger angesetzt, als für allgemeine Verbraucherverträge.

Anzunehmen ist, dass die gesetzliche Regelung zum allgemeinen Verbrauchervertrag in Zukunft noch angepasst wird. 

Es fragt sich, ob das als unbillig empfundene Ergebnis korrigiert werden kann. Man kann argumentieren, dass die Ungleichbehandlung einen Ansatzpunkt für eine planwidrige Regelungslücke ist und damit eine der Voraussetzungen einer korrigierenden teleologischen Reduktion des Gesetzes liefert.

Hier stellt sich die Frage für den Richter, ob er aufgrund der EuGH Rechtsprechung eine planwidrige Regelungslücke annehmen darf und damit das Gesetz teleologisch reduzieren darf.

Dies erscheint als problematisch, da der deutsche Gesetzgeber sich bewusst für eine Ungleichbehandlung entschieden hat und daher keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vorliegt.

Aus Sicht des Unternehmers bleibt noch der Einwand des Rechtsmissbrauchs. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs knüpft an die gesetzliche Vorschrift des § 242 BGB an. Hier ist zu beachten, dass sich jeweils um eine Einzelfallentscheidung handelt, die an die Besonderheiten des Sachverhaltes im Einzelfall anknüpft so gibt es eine Entscheidung des Kammergerichtes Berlin, wonach der Widerruf des Verbrauchers treuwidrig sein soll, bei ganz geringfügigen Fehler der Information, wenn der Verbraucher bei Vertragsschluss den Fehler kannte oder bei einer Existenzgefährdung des Unternehmers, siehe Kammergericht Berlin, NZBau 2022, 401, RN. 31. die Entscheidung ist jedoch fragwürdig.

Die gesamte Situation ist misslich, da damit zu rechnen ist, dass die Untergerichte versuchen werden, das als unbillig empfundene Ergebnis über Treu und Glauben zu korrigieren, die Oberlandesgerichte allerdings möglicherweise solche Entscheidungen dann aufheben.

Im Regelfall enden die Rechtsstreitigkeiten mit einem Prozessvergleich.



Lengnick

Rechtsanwalt