I. Fragen und Antworten zum Vermögenserwerb des Schulders im Insolvenzverfahren  

Welche Obliegenheiten hat der Schuldner im Insolvenzverfahren im Zusammenhang mit Vermögen, das er durch Erbschaften, Gewinne ua. erlangt (gemäß § 295 InsO) und was sind Folgen bei Verstoß gegen die Obliegenheiten (nach § 290 InsO) ?

Was regelt § 295 InsO mit welcher Zielstellung?

Was ist Vermögen, das der Schuldner von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt?

Und was passiert mit dem Gewinn aus einer Lotterie oder Ausspielung?

Wie ist die Obliegenheit zu erfüllen?  Muss man herausgeben, nachdem man es selbst ausbezahlt bekommt oder den Treuhänder informieren, dass man etwas bekommt?

1. Obliegenheiten

Gemäß § 295 InsO hat der Schuldner während der Wohlverhaltensphase bestimmte Obliegenheiten zu erfüllen, um die Restschuldbefreiung zu erlangen. Diese umfassen:

a. Erwerbsobliegenheit:

Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen und darf keine zumutbare Tätigkeit ablehnen.

b. Vermögensherausgabe:

Vermögen, das der Schuldner durch Erbschaften, Schenkungen oder Gewinne aus Lotterien und Ausspielungen erlangt, muss teilweise oder vollständig an den Treuhänder herausgegeben werden. Erbschaften und Schenkungen sind zur Hälfte des Wertes abzugeben, Gewinne aus Lotterien oder Ausspielungen hingegen vollständig.

c. Informationspflicht:

Der Schuldner muss jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzeigen und darf keine relevanten Vermögenswerte verheimlichen.

d. Zahlungen:

Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger dürfen nur an den Treuhänder geleistet werden.Die Zielstellung von § 295 InsO ist es, die Gläubigerrechte zu schützen und sicherzustellen, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase redlich handelt.

e. Erfüllung der Obliegenheit:

Der Schuldner muss den Treuhänder informieren und das Vermögen herausgeben, sobald er es erhält. Es ist nicht ausreichend, nur den Treuhänder zu informieren; die Herausgabe des Vermögens ist verpflichtend.

f. Folgen bei Verstoß gegen Obliegenheiten (§ 290 InsO):

Ein Verstoß gegen die Obliegenheiten kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen. Dies geschieht auf Antrag eines Gläubigers, wenn der Schuldner beispielsweise Vermögen verheimlicht oder seine Erwerbsobliegenheit verletzt.Vermögen durch Erbschaften, Schenkungen und Gewinne: Vermögen, das der Schuldner von Todes wegen, durch ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, ist zur Hälfte des Wertes abzugeben. Gewinne aus Lotterien oder Ausspielungen müssen vollständig abgeführt werden.

2. Was fällt unter den  Vermögenserwerb  im Sinne des § 295 InsO? 

a. Erbrechtlicher Erwerb

Es geht um den Sonderfall, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase über das der Abtretung unterliegende Einkommen hinaus, Vermögen erlangt.

b. Erwerb von Todes wegen

aa) Erbschaft

bb) Vermächtnis

cc) Pflichtteilsansprüche

3. Erwerb mit Rücksicht auf künftiges Erbrecht

Alles was die Übertragung im Wege der Erbfolge ersetzt.

Einzelheiten dazu müssten fallbezogen geprüft werden. Es gibt viele Sonderfälle.

4. Ausschlagung der Erbschaft 

Was passiert bei der Ausschlagung der Erbschaft?
Ist dies eine Obliegenheitsverletzung?
Was regelt § 83 Abs. 1S.1 InsO?

Die Antworten sprengen den Umfang hier.

5. Zur Lebensversicherung

Wenn der Versicherte verstirbt und der Bezugsberechtigte insolvent ist, hängt die Situation von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Art der Versicherung und den rechtlichen Regelungen im Versicherungsvertrag:

a. Lebensversicherung: 

Die Versicherungssumme wird in der Regel an den Bezugsberechtigten ausgezahlt, auch wenn dieser insolvent ist. Allerdings könnte die Versicherungssumme in die Insolvenzmasse des Bezugsberechtigten fallen und somit den Gläubigern zur Verfügung stehen.
Dies zu prüfen, vermag z.B. ein  Fachanwalt für Insolvenzrecht.

b. Widerrufliches oder unwiderrufliches Bezugsrecht: 

Wenn das Bezugsrecht widerruflich ist, könnten die Erben des Versicherten das Bezugsrecht ändern, bevor die Auszahlung erfolgt. Bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht bleibt die Auszahlung an den Bezugsberechtigten bestehen.

c. Erbrechtliche Aspekte: 

Falls kein Bezugsberechtigter benannt wurde oder das Bezugsrecht widerrufen wird, fällt die Versicherungssumme in den Nachlass des Verstorbenen und wird gemäß den erbrechtlichen Vorschriften verteilt.

d.  Bei einer Risikolebensversicherung, bei der der Bezugsberechtigte insolvent ist, gibt es zur Pfändbarkeit zu beachten:

Die Auszahlung der Versicherungssumme könnte in die Insolvenzmasse des Bezugsberechtigten fallen und somit den Gläubigern zur Verfügung stehen. Dies hängt davon ab, ob das Bezugsrecht widerruflich oder unwiderruflich ist.

e. Widerrufliches Bezugsrecht: 

Wenn das Bezugsrecht widerruflich ist, könnten die Erben des Versicherten das Bezugsrecht ändern, bevor die Auszahlung erfolgt. Dadurch könnte die Versicherungssumme an eine andere Person oder in den Nachlass des Verstorbenen fließen.

f. Unwiderrufliches Bezugsrecht: 

Ist das Bezugsrecht unwiderruflich, bleibt die Auszahlung an den Bezugsberechtigten bestehen, auch wenn dieser insolvent ist.

II. Regelungen im VVG zu Versicherungen


Im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gibt es Regelungen, die für diese Situation relevant sein könnten:

1. § 159 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) 

Dieser Paragraph regelt den Anspruch des Bezugsberechtigten. Bei einem widerruflichen Bezugsrecht erwirbt der Bezugsberechtigte den Anspruch auf die Versicherungsleistung erst mit Eintritt des Versicherungsfalls. Bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht hingegen erwirbt der Bezugsberechtigte den Anspruch sofort.

2. § 170 VVG: 

Hier wird das Eintrittsrecht des Bezugsberechtigten behandelt. Es wird klargestellt, dass der Anspruch des Bezugsberechtigten auf die Versicherungsleistung originär ist und nicht Teil des Vermögens des Versicherungsnehmers wird.

§ 170 VVG hat eine zentrale Bedeutung in Bezug auf den Anspruch des Bezugsberechtigten bei Lebensversicherungen. Die Kernpunkte dieses Paragraphen sind:

a. Originärer Anspruch des Bezugsberechtigten: 

§ 170 VVG legt fest, dass der Anspruch des Bezugsberechtigten auf die Versicherungsleistung originär ist. Das bedeutet, dass dieser Anspruch direkt dem Bezugsberechtigten zusteht und nicht über den Nachlass des Versicherungsnehmers läuft. Somit gehört die Auszahlung nicht zum Vermögen des Versicherungsnehmers, sondern wird ausschließlich dem Bezugsberechtigten zugeschrieben.

b. Schutz des Bezugsberechtigten:

Der Paragraph stellt klar, dass der Anspruch des Bezugsberechtigten auch dann besteht, wenn er erst mit Eintritt des Versicherungsfalls begründet wird, solange es sich um ein wirksam eingeräumtes Bezugsrecht handelt.

In dem Fall – wenn der Bezugsberechtigte insolvent ist – unterstreicht § 170 VVG, dass die Versicherungsleistung an den Bezugsberechtigten selbst ausgezahlt wird, aber bei einer Insolvenz in die Insolvenzmasse fallen könnte. Dies hängt auch von zusätzlichen insolvenzrechtlichen Regelungen ab.

III. Insolvenzrechtlicher Aspekt: Insolvenzanfechtung

Die unentgeltliche Zuwendung eines Bezugsrechts kann nach § 134 InsO (Insolvenzordnung) anfechtbar sein, insbesondere wenn es sich um eine Schenkung handelt.

Andere Anfechtungstatbestände nach § 129 ff Inso sollen hier nicht vertieft werden.
Sie können mit einem Fachanwalt besprochen werden.

Wenn man schon falsch oder sogar anfechtbar gehandelt hat, ist eine Beratung zu spät.


IV. Erforderliche Beratung


Sie sie Erbe oder Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung?
Sie befinden sich im Insolvenzverfahren?

Was fällt davon in die Insolvenzmasse und wenn ja, mit welchem Anteil?
Sie die Schulden zu berücksichtigen?

Es empfiehlt sich, die genauen Umstände mit einem Fachanwalt zu besprechen, um die rechtlichen Konsequenzen vollständig zu verstehen. Es ist immer ratsam, in schwierigen Fällen rechtlichen Rat einzuholen, um die genauen Auswirkungen und Möglichkeiten zu klären. 


Diese Darstellung ist ohne Gewähr und unverbindlich und kann keine Beratung ersetzen.

Fragen hierzu oder ähnliche Fragen an einen Spezialisten?



Hermann Kulzer, MBA 

Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierung

0351 8110233

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