1. Problemstellung
In letzter Zeit kommen viele Mandanten mit folgendem Problem in meine Kanzlei: Sie hatten nach Aufforderung durch das Jobcenter Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) beantragt, weil sie alleinerziehend sind und der Vater des Kindes keinen Unterhalt zahlt. Die UVG-Stelle hatte dann nach dem Namen und der Anschrift des Vater gefragt. Dies konnten die Mandanten aber nicht mitteilen, weil sie zu dem Vater keinen Kontakt mehr haben (häufig weil das Kind bei einem "One-Night-Stand" entstanden ist). Daraufhin hatte die UVG-Stelle den Antrag mangels Mitwirkung abgelehnt. Und jetzt versagt das Jobcenter die Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Betrages, den sonst die UVG-Stelle gezahlt hätte.
Das Problem dabei ist, die Mandanten kommen da nicht wieder raus, weil sie die unterbliebene Mitwirkung gegenüber der UVG-Stelle nicht nachholen können. Denn sie kennen den Vater des Kindes nicht und haben in der Regel auch keine Anhaltspunkte, wie man ihn ausfindig machen könnte. Deswegen macht es auch keinen Sinn einen neuen Antrag bei der UVG-Stelle zu stellen. Denn dieser würde aus denselben Gründen abgelehnt werden.
2. Die Entscheidung des Landessozialgerichts
Das Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen hat in einem solchem Fall entschieden, dass eine Entziehung durch das Jobcenter gemäß § 5 Abs. 3 S. 3 SGB II rechtswidrig ist, wenn die UVG-Stelle den Antrag mangels Mitwirkung gemäß § 1 Abs. 3 UVG versagt hatte. Denn sonst würde die betroffene Person dauerhaft geminderte Leistungen nach dem SGB II beziehen, ohne die Mögliochkeit zu haben, die Mitwirkung nachzuholen. Es läge dann eine nicht hinnehmbare dauerhafte Leistungsgewährung unterhalb des Existenzminimums vor (Urteil vom 20.12.2019 - L 9 AS 538/19).
3. Die Vorgehensweise meiner Kanzlei
Wir legen in diesen Fällen Widerspruch gegen den Bescheid des Jobcenter ein und setzen eine kurze Frist zur Abhilfe (meist 1 Woche). Wenn das Jobcenter nicht reagiert, stellen wir beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Dann geht es meist ziehmlich schnell. Entweder das Jobcenter gibt direkt ein Anerkenntnis ab oder es wird durch das Sozialgericht verpflichtet, ungekürzte Leistungen zu gewähren.