Zusammenfassung: OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.09.2023 - 11 U 316/21

Das OLG Braunschweig entschied, dass ein Versicherungsnehmer, der bei der Antragstellung einer Berufsunfähigkeitsversicherung wesentliche gesundheitliche Beschwerden verschweigt und den Versicherungsfall absichtlich erst nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist gemäß § 124 Abs. 3 BGB meldet, um das Anfechtungsrecht des Versicherers zu vereiteln, treuwidrig handelt. Der Versicherer kann in solchen Fällen gemäß § 242 BGB die Leistung verweigern. Indizien für eine absichtliche Verzögerung der Meldung waren die exakte Meldung des Versicherungsfalls zehn Jahre und zwei Tage nach Versicherungsbeginn sowie die vorherige Meldung bei einem anderen Versicherer. Der BGH hat die Beschwerde des Versicherungsnehmers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen, wodurch die Entscheidung rechtskräftig ist.

Vorsicht bei der Antragstellung für Berufsunfähigkeitsversicherungen

Die Entscheidung des OLG Braunschweig vom 11.09.2023 (Az. 11 U 316/21) verdeutlicht eindrucksvoll die Risiken und Konsequenzen, die mit arglistigen Täuschungen bei der Antragstellung für Berufsunfähigkeitsversicherungen verbunden sind. Versicherungsnehmer sollten sich der Bedeutung und Tragweite ihrer Angaben im Antragsformular bewusst sein, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

1. Vollständige und wahrheitsgemäße Angaben:Bei der Antragstellung sind alle Gesundheitsfragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. Dies gilt insbesondere für Fragen nach psychischen Erkrankungen, wie Depressionen oder Angstzuständen. Auch vermeintlich weniger bedeutende Beschwerden müssen angegeben werden, sofern sie nicht offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen.

2. Keine wertende Auswahl treffen:Versicherungsnehmer dürfen ihre Antworten nicht auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken. Eine wertende Auswahl, bei der vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschwiegen werden, ist unzulässig.

3. Schweigepflichtsentbindung:Eine bei der Antragstellung erteilte Schweigepflichtsentbindung für Ärzte entbindet den Versicherer nicht von der Pflicht, ernsthafte Anhaltspunkte für unvollständige oder unrichtige Angaben im Antrag zu prüfen. Dennoch sollten Versicherungsnehmer sicherstellen, dass alle relevanten Informationen offengelegt werden.

4. Fristen beachten:Die Zehn-Jahres-Ausschlussfrist des § 124 Abs. 3 BGB für Arglistanfechtungen ist eine absolute Höchstgrenze. Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass eine absichtliche Verzögerung der Meldung eines Versicherungsfalls, um diese Frist zu umgehen, als treuwidriges Verhalten gewertet werden kann.

5. Treuwidrigkeit:Ein Versicherungsnehmer, der den Versicherungsfall absichtlich erst nach Ablauf der Ausschlussfrist meldet, um dem Versicherer das Anfechtungsrecht zu nehmen, handelt treuwidrig.  In solchen Fällen kann der Versicherer dem Leistungsanspruch den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten. 

Fazit:Versicherungsnehmer sollten bei der Antragstellung für Berufsunfähigkeitsversicherungen stets ehrlich und transparent sein. Unvollständige oder falsche Angaben können schwerwiegende rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich rechtzeitig juristisch beraten zu lassen, um Missverständnisse und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.