Nachdem sich in Baden-Württemberg bereits das Verwaltungsgericht Freiburg (Juli 2024) und das Verwaltungsgericht Stuttgart (September 2024) mit der Frage befasst haben, ob die L-Bank von Kleinunternehmen und Solo-Selbständigen die für den ersten „Lockdown“ im Jahr 2020 gewährte Corona Soforthilfen zu Recht zurückfordern kann, hat nun auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe am 14.10.2024 jeweils den Tenor zweier erstinstanzliche Urteile hierzu verkündet – und zwar mit unterschiedlichem Ergebnis. Die Fälle waren vor dem VG Karlsruhe am 11.10.2024 als „Musterfälle“ verhandelt worden.


Von allen drei Verwaltungsgerichten liegen derzeit die Entscheidungsgründe noch nicht vor. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat angekündigt, diese voraussichtlich vor Ende des Jahres 2024 zu veröffentlichen.


Die vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe am 11.10.2024 verhandelten „Musterfälle“ unterscheiden sich in Bezug auf den Zeitpunkt und den Wortlaut der Bewilligungsbescheide, was nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe offenbar maßgeblich für die unterschiedlichen Entscheidungen war:


1.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe – 14 K 2955/24 – hatte die Klage gegen den Rückforderungsbescheid der L-Bank Erfolg. Dort wurde der Bewilligungsbescheid (zeitlich „früh“) auf der Grundlage der Richtlinie des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur „Soforthilfe Corona“ vom 22.03.2020 erlassen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Rückforderung der L-Bank für rechtswidrig gehalten. Der Rückforderungsbescheid der L-Bank wurde gerichtlich aufgehoben.


2.

Dagegen hat das VG Karlsruhe eine am selben Tag verhandelte Klage – 14 K 5099/23 - abgewiesen, bei der der Bewilligungsbescheid (zeitlich „später“) auf Grundlage der Verwaltungsvorschriften der Landesregierung Baden-Württemberg vom 08.04.2020 erlassen wurde.


Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in der mündlichen Verhandlung ist für die Rechtmäßigkeit der Rückforderung insbesondere entscheidend, von welchem Zuwendungszweck der Empfänger seinerzeit ausgehen durfte. Dieser werde in erster Linie in den behördlichen Bewilligungsbescheiden vorgegeben und definiert. Die Zwecksetzung in den zeitlich früheren Bescheiden auf Basis der Richtlinie des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur „Soforthilfe Corona“ vom 22.03.2020 ist sehr weit gefasst und kann daher die Rückforderungsbescheide der L-Bank wegen angeblich zweckwidriger Verwendung der Soforthilfe nach § 49 Abs. 3 LVwVfG nicht rechtfertigen.


Den Wortlaut der Zwecksetzung hat die L-Bank in den zeitlich späteren Bewilligungsbescheiden geändert, die auf Basis der Verwaltungsvorschrift vom 08.04.2020 erlassen wurden.


Dies hat das VG Karlsruhe nach sehr offener Diskussion im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.10.2024 nun – aus Sicht der L-Bank - offenbar für ausreichend gehalten, wobei die Entscheidungsgründe abzuwarten bleiben. Ob diese Anpassung hinreichend bestimmt war und die L-Bank bei zeitlich späteren Fällen berechtigt ist, die Soforthilfen zurückzufordern, bleibt auch nach der erstinstanzlichen Entscheidung des VG Karlsruhe offen. Hierzu wird voraussichtlich zweitinstanzlich durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden werden.


In beiden Fällen hat das Verwaltungsgericht die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen.


Vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe haben in erster Instanz nach derzeitigem Stand alle solchen Klagen erstinstanzlich gute Aussicht auf Erfolg, bei denen der Bewilligungsbescheid auf Basis der Richtlinie des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur „Soforthilfe Corona“ vom 22.03.2020 erlassen wurde (und nicht auf Basis der späteren Verwaltungsvorschrift vom 08.04.2020).