Stand im Jahr 2023
Noch im April 2023 entscheid das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 24.04.2023 – 3 M 13/23 –, dass die Waffenbehörde einer Person nicht die Waffenbesitzkarte entziehen darf, nur weil sie Mitglied in der AfD ist. Bereits in dieser Frage waren sich zum damaligen Zeitpunkt die Gerichte uneinig.
In diesem Fall hatte sich ein AfD-Mitglied im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Waffenbesitzkarte gewandt. Die Waffenbehörde begründete den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis damit, dass der Landesverfassungsschutz des Landes Sachsen-Anhalt den AfD-Landesverband als Verdachtsfall einstufte. Deshalb lägen hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die AfD verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Als Mitglied der AfD unterstütze man diese Bestrebungen, weshalb dadurch der Tatbestand der sog. Regelunzuverlässigkeit erfüllt sei.
Den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis hob das Verwaltungsgericht auf, was das Oberverwaltungsgericht bestätigte. Denn die Einstufung als Verdachtsfall durch den Landesverfassungsschutz führe nicht zu der Annahme, dass Tatsachen vorlägen, die zur Überzeugung führen, dass der Betroffene verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt habe oder Mitglied in einer Vereinigung war, die solche Bestrebungen verfolgt habe. Das Oberverwaltungsgericht betonte, dass sich der Grad der Überzeugung verfassungsfeindlicher Bestrebungen nach dem Waffengesetz bestimme und nicht nach den Verfassungsschutzgesetzen. Der Wortlaut der waffenrechtlichen Norm setze voraus, dass das Verfolgen von Bestrebungen im Sinne der Vorschrift feststehen müsse.
Danach beziehe sich der tatsachenbegründende Verdacht im Zusammenhang mit dem Waffengesetz allein auf die Mitgliedschaft in einer Vereinigung und nicht darauf, dass diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolge oder verfolgt habe. Dies kann anhand der gesetzlichen Grundlage gerade nicht ausreichen, dass (nur) Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass die Vereinigung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge oder verfolgt habe.
Dies sahen die Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen anders.
Stand im Jahr 2025
Nunmehr hat das Verwaltungsgericht Magdeburg in drei Urteilen vom 25.03.2025 – 1 A 149/23 MD, 1 A 191/23 MD und 1 A 201/23 MD – (nicht rechtskräftig), sich dahingehend positioniert, dass im Falle zweier AfD-Mitglieder und einem ehemaligen AfD-Mitglied der jeweilige Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis rechtmäßig sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sie dem AfD-Landesverband unterstützt hätten. Dieser sei eine Vereinigung, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Bestrebungen verfolge. Das Verwaltungsgericht stellte zudem fest, dass die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt die AfD als gesicherte rechtsextremistische Bestrebung einstufe. Diese Einschätzung stütze das Verwaltungsgericht auf die Materialsammlung des Landesverfassungsschutzes. Insbesondere wende sich die AfD gegen das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG. Die Materialsammlung belege, dass die AfD mit ihren Äußerungen nicht nur Machtkritik übe, sondern sie stellten mit systematischen Beschimpfungen, Verdächtigungen und Verunglimpfungen von Repräsentanten und Institutionen des Staates das Vertrauen der Bevölkerung in die parlamentarische Staatsverfassung als Ganzes in Frage.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts begründe damit eine Mitgliedschaft in der AfD Sachsen-Anhalt oder deren Unterstützung eine Regelvermutung für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit.
Diese Regelvermutung könne nur dadurch widerlegt werden, wenn sich das betreffende Mitglied oder Unterstützer beharrlich von Verhaltensweisen und Aussagen anderer Mitglieder, die das Auftreten der AfD Sachsen-Anhalt prägen, distanzieren.
Der Umstand, dass die Betroffenen seit Jahren über die waffenrechtliche Erlaubnis verfügen und nie waffenrechtlich auffällig geworden sind, genüge für eine Ausnahme von der Regelvermutung nicht. Es genüge auch nicht, dass der Betreffende nicht mit Äußerungen der AfD-Sachsen-Anhalt, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, aktenkundig seien.
Fazit:
Das Verwaltungsgericht stellt sich mit seinen Entscheidungen gegen die bisherige Auffassung „seines“ Oberverwaltungsgerichts. Insbesondere, dass die Umstände der bisherigen jahrelangen waffenrechtlichen Unauffälligkeit sowie dass kein Aktives Tun aktenkundig sei, welche Äußerungen der AfD-Sachsen-Anhalt, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, feststehend unterstützen, die Regelvermutung nicht widerlegen würden, dürfte bedenklich sein. Hier geht die Unterscheidung, wie sie zuvor das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zutreffend herausgestellt hat, dass sich der Grad der Überzeugung verfassungsfeindlicher Bestrebungen nach dem Waffengesetz bestimmt und nicht nach den Verfassungsschutzgesetzen, verloren. Dies lässt erkennen, dass bereits mit der Mitgliedschaft in der AfD mit einem aktiven Tun im waffenrechtlichen Sinne, was auf verfassungsfeindliche Bestrebungen gerichtet sein muss, gleichgesetzt wird. Auch wenn den Betroffenen kein eigenes aktives Tun (was das Waffengesetz fordert) nachzuweisen ist, reicht die bloße Mitgliedschaft in der Partei für die Annahme der Unzuverlässigkeit aus. Hier sollte strikt darauf geachtet werden, dass nach wie vor das aktive Handeln Beurteilungsgrundlage bleibt und nicht der Gedanke, den man möglicherweise aus der Mitgliedschaft in einer Partei ableiten könnte. Inwieweit dies verfassungsrechtlich mit der waffengesetzlichen Grundlage vereinbart und somit gerechtfertigt werden kann, ist zweifelhaft und zu hinterfragen.
Hier wird es darauf hinauslaufen, dass das Bundesverfassungsgericht angerufen werden müsste. Denn eine solche über den Wortlaut des Gesetzes hinaus erfolgende Auslegung dürfte mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz der gesetzlichen Grundlage nicht zu vereinbaren sein.
Insofern kann hier nur eine eingehende Einzelfallprüfung helfen. Diese wäre Betroffenen dringend anzuraten.