Das Behindertentestament ist ein Spezialtestament zugunsten von Menschen mit Behinderung. Sobald ein behinderter Mensch Eingliederungshilfe oder Sozialhilfe bezieht und eine Erbschaft erhält, ist diese bis auf einen Vermögensfreibetrag einzusetzen. Das Behindertentestament ermöglicht es den Angehörigen, dem behinderten Menschen Vermögen oberhalb der Schonvermögensgrenze zukommen zu lassen, ohne dass das Sozialamt den Verbrauch des Erbes verlangen kann.


Wann ist ein Spezialtestament für Menschen mit Behinderung sinnvoll?


Erhält ein Mensch mit Behinderung Sozialhilfeleistungen z.B. in Form von Grundsicherung, muss er während des Sozialhilfebezugs zufließendes Vermögen bis auf einen Schonvermögensbetrag in Höhe von aktuell 10.000,- € einsetzen. Bezieht der Betroffene Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX, so steht ihm hierfür ein höherer Vermögensfreibetrag zu. Dieser Freibetrag beläuft sich auf 150% der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Das sind im Kalenderjahr 2025 67.410,- €.


Fließt dem Menschen mit Behinderung, der sowohl Eingliederungshilfe als auch Grundsicherung bezieht, eine Erbschaft in Höhe von beispielsweise 100.000,- € zu, dann werden sowohl die Eingliederungshilfe- als auch die Sozialhilfeleistungen eingestellt. Wenn die betroffene Person die Erbschaft bis auf einen Betrag von derzeit 67.410,- € verbraucht hat, bekommt sie wieder Eingliederungshilfeleistungen. Das ererbte Vermögen muss aber weiter verbraucht werden, da der Mensch mit Behinderung erst ab dem Erreichen der Schonvermögensgrenze von 10.000,- € wieder Grundsicherung vom Sozialamt bekommt.


Das Behindertentestament ist somit zugunsten von Menschen mit Behinderung sinnvoll, die Eingliederungshilfe und/oder Grundsicherung beziehen. Es verhindert, dass das Sozialamt seine Leistungen einstellen kann. Das zufließende Erbe steht dadurch dem behinderten Menschen für Leistungen oberhalb des Sozialhilfeniveaus zur Verfügung.


Wie ist das Behindertentestament zu gestalten?


Der Erblasser, der das Testament erstellt, muss den behinderten Angehörigen als sogenannten „nicht befreiten Vorerben“ einsetzen. Dieser Vorerbe muss einen Erbanteil mindestens in Höhe seines Pflichtteils bekommen. Im Testament ist zu regeln, für welche Zwecke das Erbe eingesetzt werden darf (bspw. Reisen, Freizeitgestaltung, Mobiliar, Kleidung, Hilfsmittel, Therapien etc.). Dem Vorerben muss ein Testamentsvollstrecker an die Seite gestellt werden, der das ererbte Vermögen verwaltet. Er hat es für die vom Erblasser vorgegebenen Zwecke zugunsten des Vorerben einzusetzen. Zusätzlich ist mindestens ein Nacherbe einzusetzen. Der Nacherbe erbt das nicht verbrauchte Vermögen, wenn der behinderte Vorerbe verstirbt.


Die dargestellte Konstruktion des Behindertentestaments führt dazu, dass der Vorerbe zwar keine direkte Zugriffsmöglichkeit auf seinen Erbteil hat, das Vermögen aber zur Verbesserung seines Lebensstandards eingesetzt werden kann.


Können Eltern ein gemeinschaftliches Testament zugunsten des behinderten Kindes erstellen?


Eltern haben die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament zugunsten ihres behinderten Kindes zu erstellen. Wenn sie dies tun, dann muss das Kind als behinderter Vorerbe bereits bei Versterben des ersten Elternteils mindestens ein Erbe in Höhe seines Pflichtteils erhalten. Wird dies im Testament nicht so geregelt, macht der Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht für das behinderte Kind Pflichtteilsansprüche gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend.


Bei dem häufig verwendeten „Berliner Testament“ beerben sich die Eheleute zuerst gegenseitig und erst nach Versterben des letzten Ehegatten erhalten auch die Kinder als Schlusserben ihre Erbteile. Wenn der erste Elternteil verstirbt, sind die Kinder damit faktisch enterbt. Das löst gesetzlich geregelte Pflichtteilsansprüche aus. Auch bei einem „Berliner Testament“, das Regelungen zugunsten eines behinderten Menschen enthält, muss daher jedenfalls für das behinderte Kind bereits nach Versterben des ersten Elternteils ein Erbteil in Höhe des Pflichtteils zugewandt werden, da anderenfalls der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch geltend machen könnte.


Angesichts der Komplexität eines Behindertentestaments ist es angeraten, dass Sie anwaltliche Hilfe bei dessen Erstellung in Anspruch nehmen. Gerne können wir Sie bei der Erstellung Ihres Testaments beraten.