Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist bei den Betroffenen gefürchtet. Warum? In der Regel muss vom Unternehmen vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Mitarbeiter mehr als sechs Wochen im Jahr krank ist, § 167 Abs. 2 SGB IX. Geschieht dies nicht, hat der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess schlechte Karten. Das Gespräch ist deshalb wichtig und gut vorzubereiten.

Die Arbeitsgerichte prüfen sorgfältig, ob vor Ausspruch einer möglichen Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt wurde. Fehlt es an dieser Voraussetzung, kann sich der Arbeitnehmer regelmäßig mit Erfolg darauf berufen, dass er leidensgerecht hätte weiterbeschäftigt werden können. Folgende Punkte sollten deshalb bei einer Einladung zu einem solchen Gespräch unbedingt beachtet werden:


Soll ich zu diesem Gespräch erscheinen?

Ja, Sie sollten zu diesem Gespräch erscheinen. Wenn Sie das Gespräch ablehnen, verschlechtert sich die Ausgangslage für Sie im Kündigungsschutzverfahren erheblich. Es besteht zwar keine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an einem solchen Gespräch, wenn das Gespräch jedoch von Ihnen abgelehnt wird, fällt ein wesentliches Argument zum Aushebeln der Kündigung weg. Mein Ratschlag ist deshalb: Nehmen Sie an diesem Gespräch immer teil!


Soll ein Betriebsarzt hinzugezogen werden?

Nein. Sie sollten der Hinzuziehung eines Betriebsarztes widersprechen. Auf keinen Fall sollten Sie den Betriebsarzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden. Der Hintergrund ist, dass der Betriebsarzt oftmals im Lager des Arbeitgebers steht und nicht abgeschätzt werden kann, zu welchem Ergebnis der Betriebsarzt kommt. Eine negative Beurteilung durch den Betriebsarzt ist dann erstmal in der Welt. Ich rate dazu, gegebenenfalls eine eigene ärztliche Stellungnahme einzuholen und diese bei Bedarf in dem Gespräch vorzulegen. Das ist der sicherere Weg. Dann haben Sie es in der Hand, welche Stellungnahme dem Arbeitgeber präsentiert wird. Eine Verpflichtung zur Vorlage von irgendwelchen ärztlichen Dokumenten besteht ohnehin nicht.


Soll ich dem Arbeitgeber meine Diagnose mitteilen?

Nein, ich rate dazu, ärztliche Diagnosen möglichst nicht konkret mitzuteilen, auch nicht die Therapie. Stattdessen würde ich allgemein darüber sprechen, welche Verbesserungsvorschläge denkbar sind beziehungsweise auf welche Art und Weise der Arbeitsplatz für ihre gesundheitliche Situation verbessert werden kann. Es sollte deshalb beispielsweise allgemein von „Rückenbeschwerden“ gesprochen werden, zudem sollte dargestellt werden, wie der Arbeitsplatz ausgestaltet werden kann, damit Krankheitszeiten effektiv reduziert werden. Sie können beispielsweise auch die Einrichtung eines „Home-Office-Arbeitsplatzes“ ansprechen oder die Änderung der Arbeitszeiten. Eine genaue Diagnose und eine genaue Darstellung der ärztlichen Prognose und Therapie sind riskant und fehl am Platz.


Soll mein Anwalt an diesem Gespräch teilnehmen?

Im Regelfall ist es nicht notwendig, dass der eigene Rechtsanwalt an diesem Gespräch teilnimmt. Es kann jedoch bei einer Verhärtung der Fronten durchaus sinnvoll sein, den Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Nach meiner Erfahrung kann ein solches Gespräch dann auch mittels einer Videokonferenz (zum Beispiel via Teams) geführt werden, bei dem der Rechtsanwalt gemeinsam mit Ihnen per Video zugeschaltet ist. Auf diese Weise können sich der Anwalt und der Mandant untereinander abstimmen.

Stand: September 2024