Chronologie:

Die Klägerin ließ sich in 2016 Brustimplantate des Herstellers Allergan einsetzen, die im Verdacht stehen karzinomauslösend zu sein. Diese wurden im Dezember 2018 vom Hersteller zurückgerufen, nachdem der CE-Zertifizierer die Weitervertreibung untersagt hatte. Sie begehrt nunmehr von ihrem Rechtsschutzversicherer LVM den Deckungsschutz für die Vorgehen gegen insgesamt vier Schädiger: den Hersteller, den Implanteur, den CE-Zertifizierer und dessen Aufsichtsbehörde. Mit der vorliegenden Klage werden lediglich die Deckungszusagen für die Vorgehen gegen Hersteller und Implanteur begehrt, die beiden weiteren Vorgehen sind bereits an anderer Stelle gerichtsanhängig.

Verfahren:

Das Landgericht Münster verurteilt die LVM mit klarer und passender Diktion, der Klägerin den begehrten Deckungsschutz für die beiden Vorgehen zu erteilen. Die Vorstellung des Beklagtenvertreters Henssen, es handele sich bei den vier Vorgehen lediglich um "einen Rechtsschutzfall", führt das Gericht ad absurdum. Auch stellt das Gericht ausdrücklich heraus, dass selbst im Falle einer kolportierten "Gesamtschuldnerschaft" der vier Schädiger, die Klägerin diese gleichzeitig und völlig unabhängig voneinander jeweils auf die volle Summe verklagen könne (§ 421 BGB). Die Behauptung der Beklagten, die Vorgehen hätten keine Aussicht auf Erfolg, seien von der Beklagten weder vorgetragen, noch ersichtlich, daher habe die LVM alle vier Vorgehen abzudecken. Gleiches gelte für den begehrten Deckungsschutz für die erstinstanzliche Verfolgung.

Anmerkungen von Ciper & Coll.:

Rechtsschutzversicherer, die ihre Versicherungsnehmer in Deckungsklagen "treiben", so wie hier, da sie sich weigern, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und in eindeutigen Sach- und Rechtslagen den von der Anwaltschaft begehrten Deckungsschutz zu erteilen, wissen dass ihre Prozessverluste die Versicherungsgemeinschaft belastet, nicht nur die Gerichtsbarkeit. Derartige Regulierungsverweigerungsmaschen sind daher nicht nur unseriös, sondern auch ein Fall für die BaFin, die als Aufsichtsbehörde die Regulierungspraktiken von Versicherern zu kontrollieren haben. Das wird in in dieser Angelegenheit hoffentlich auch entsprechend vorgenommen werden, meint Dr. DC Ciper LLM, Fachanwalt für Medizinrecht.