In den USA sind viele junge Akademiker durch private Studienfinanzierungen jahrzehntelang stark belastet und leiden zum Teil ein Leben lang unter diesen Schulden. Die WirtschaftsWoche hatte am 3.9.2022 zu Studienkrediten in den USA bezeichnenderweise getitelt: „Ich werde tot sein, bevor ich frei bin“, und die erdrückende Last von Studienkrediten ist in den USA ständiges Thema, bei dem sogar diskutiert wird, ob die Last der Studienkredite einen negativen Effekt auf die US-Ökonomie hat. 

Wenn die private Studienfinanzierung zum Alptraum wird        

Auch in Deutschland und Europa finanzieren Studierende ihr Studium zunehmend in Teilen über private Studienfinanzierungen. Hier tummeln sich einige Anbieter, die auf Veranstaltungen Hand in Hand mit den oft privaten Hochschulen den Studierenden diese Art der Studienfinanzierung nahelegen. Sie sprechen oft von Fördervertrag und Förderbedingungen und erwecken teilweise so den Eindruck, es handelt sich um ein Stipendium oder eine gute Tat, die nur zum Wohl der Studierenden in Zusammenarbeit mit den Hochschulen geschaffen wurde.

Studierenden ist dabei oft nicht klar, worauf sie sich einlassen. Durch den Rahmen auf dem Campus der Hochschule werden die Angebote auch nicht hinterfragt. Die Anbieter stellen sich dabei auch gerne als gesellschaftlich verantwortungsvolles Unternehmen dar, bei dem das Wohl der Studierenden im Fokus steht. Dass es sich hier um gewinn- und renditeorientierte GmbHs oder GmbH & Co. KGs handelt, geht dabei oft ebenso unter wie die Vertragsbedingungen.

Die Anbieter suchen sich dabei vermutlich vor allem die lukrativen Studierenden aus, die Betriebswirtschaft, internationales Management, Jura, Medizin oder dergleichen studieren. Damit sinkt ihr Ausfallrisiko auf ein Niveau, von dem die Banken im Konsumentenkreditbereich wahrscheinlich nur träumen können.

Keine Kündigungsrechte, lange Vertragsdauer, hohe Zinsen

Kündigungsrechte der Studierenden? Man sucht sie meist vergeblich. Vertragsdauer: bis zu 20 Jahre. Maximaler Zinssatz: oft an der Grenze zur Sittenwidrigkeit. Rückzahlungsmöglichkeiten? Oft nur gegen hohe Vertragsstrafen möglich. Schutz der Verbraucher durch die Rechtsordnung? Laut Anbieter in Bezug auf das Darlehensrecht jedenfalls nein, denn es soll sich um einen eigenen Vertragstyp handeln, bei dem das Darlehensrecht keine Anwendung finde.

Dafür bieten einige Anbieter gerne Zusatzleistungen wie Webinare an, die vermutlich keiner der Studierenden braucht, die von ihnen meist nicht nachgefragt und in der Regel wohl auch nicht genutzt werden. Sie dienen den GmbHs und GmbH & Co. KGs wohl vor allem dazu, ihre altruistische Geschichte abzurunden, die Kosten aufzublasen und die Schutzvorschriften des Darlehensrechts damit möglichst auszuhebeln, um den Fördervertrag so zu einem Vertrag sui generis zu stilisieren.

Die Studierenden freuen sich über die einfache Finanzierung ihrer Hochschule und halten die Finanzierung für ein faires Angebot. Die Sprache und der Zugang sind meist locker. Alles sieht ganz easy und nett aus: Eine gute Tat als Generationenvertrag für alle.

Später kommt das große Erwachen

Wenn die Studierenden einige Jahre später dann in das Berufsleben starten, merken sie plötzlich, worauf sie sich eingelassen haben. Dass sich der zu zahlende Betrag nicht an ihrem Nettoeinkommen, sondern an ihren Bruttoeinnahmen orientiert und was das für sie bedeutet, erkennen sie erst jetzt. Aus 10 % zu zahlendem Betrag wird so schnell 20 % des Nettoeinkommens.

Die Studierenden fühlen sich so am Anfang ihres Berufslebens und ihrer Karriere ausgebremst und allein gelassen. Sie können weder die Studienfinanzierungen einfach kündigen noch einfach den erhaltenen Betrag zurückzahlen. Vielmehr ergeben die Rückzahlungen oft einen wucherischen Zinssatz, wenn man den Vertrag mit den tatsächlich von den Anbietern verlangten Rückzahlungen einmal genau nachrechnet bzw. den Maximalbeitrag zahlen muss. Die Verbraucherzentrale Bayern hat daher schon vor einiger Zeit ausdrücklich vor den privaten Studienfinanzierungen gewarnt.

Studierende werden so über eine lange Zeit während ihres Berufslebens finanziell belastet. Dies führt zu fehlender Altersvorsorge, fehlenden Rücklagen für Krisenzeiten, einem fehlenden Vermögensaufbau und weniger Chancen für eine Immobilienfinanzierung. Wohin das führt, kann man sich in den USA ansehen.

Wie sich eine gute Idee gegen die Studierenden wendet

Dabei ist der Grundgedanke gut, Studierenden eine einfache Möglichkeit zu bieten, ein Jahr ins Ausland an eine andere Universität zu gehen, einen internationalen Master zu machen oder das Studium noch einmal vor dem Berufseinstieg zu vertiefen. Wieso soll das nur Studierenden möglich sein, deren Familien über genügend Geld verfügen und bereit sind, es ihren Kindern dafür zur Verfügung zu stellen? Einfache und unkomplizierte Finanzierungen für die Ausbildung von „High Potentials“ sind gesellschaftlich sinnvoll. Verbesserte Chancengleichheit fördert voraussichtlich die Produktivität einer Gesellschaft an sich.

Das darf aber nicht dazu führen, dass Studierende am Campus oder im Internet überrumpelt werden und Verträge unterschreiben, die sich nachher als Zwangsjacke herausstellen und sie als junge Berufstätige unverhältnismäßig einschränken. Es kann auch nicht sein, dass die Studierenden nur mit Hilfe von Rechtsanwälten aus diesen Verträgen herauskommen. Der Staat sollte dafür sorgen, dass Studierende bei privaten Studienfinanzierungen denselben rechtlichen Schutz genießen wie bei Darlehensverträgen.

Wo bleibt der Schutz der Studierenden?

Die privaten Hochschulen werden hier kaum regulatorisch wirken, finanzieren sie sich doch durch die Zuführung ihrer Schutzbefohlenen an die GmbHs und GmbH & Co. KGs. Der Staat sollte hier nicht wegschauen und Studierende ohne große Erfahrungen mit Finanzdienstleistern den Anbietern einfach ausliefern, sondern die Anwerbung auf dem Campus und die Verbindung von Finanzdienstleistern mit Hochschulen grundsätzlich unterbinden oder zumindest auf echte Stipendien oder Studienfinanzierungen begrenzen, die niedrigere Kosten als übliche Darlehen haben und jederzeit von den Studierenden kündbar sind. Was bei Schulen schon anerkannt, aber immer wieder aktiv verteidigt werden muss, dass Anbieter den Unterricht oder den Schulhof nicht für Werbung ihrer (Finanz-)Produkte nutzen sollen, muss ebenso für Hochschulen gelten.

Was Studierende erkennen sollten

Studierende müssen zudem bei den Angeboten erkennen können, welche Belastungen auf sie im Berufsleben zukommen. Sie müssen den „Preis“, den sie dafür zahlen, einfach erkennen können, und sie müssen vor allem jederzeit ohne große Vertragsstrafen aus den privaten Studienverträgen herauskommen können wie bei der Rückzahlung bei Darlehensverträgen. Schon gar nicht sollte es möglich sein, dass private Studienfinanzierungen in der Spitze wucherische Zinssätze erreichen, ohne dass der Staat eingreift und ohne dass sich die Finanzaufsicht dafür zuständig fühlt.

Hilfe für betroffene Berufstätige

Als JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte haben wir seit vielen Jahren Erfahrung mit Anbietern privater Studienfinanzierungen und kennen die Möglichkeiten, aus diesen Verträgen herauszukommen. Dazu gehören insbesondere Anbieter bzw. Vermittler wie BRAIN CAPITAL, SFG FÖRDERGESELLSCHAFTEN, die DEUTSCHE BILDUNG und FESTO BILDUNGSFONDS.

Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe von JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte hat inzwischen zahlreichen Berufstätigen geholfen, aus ihren privaten Studienfinanzierungen herauszukommen und eine sinnvolle Lösung zu finden. Sprechen Sie uns bei Bedarf an.

Siehe dazu auch: Teure Bildungsfonds? Was Betroffene tun können.


Der Artikel ist zuerst als Editorial in der Zeitschrift Verbraucher und Recht im Jahr 2024 vom Mitherausgeber Dr. Achim Tiffe erschienen. Er wird hier in leicht geänderter Fassung wiedergegeben.