Kann ich meine Tochter enterben? Kann ich meinen Sohn enterben? Kann ich meine Kinder enterben? Kann ich meinen Ehegatten enterben? Diese Fragen werden uns häufig gestellt. Die Antwort ist immer: Ja, Sie können frei wählen, wer Ihr Erbe sein soll. Dieses Recht sichert Ihnen Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes zu. Hieran knüpft dann die Folgefrage: Wenn ich frei wählen kann, wer mein Erbe wird, warum spricht man von einer „Enterbung“ bestimmter Personen?

Aber erst einmal von vorne:

Wer wird überhaupt Erbe?

Erbe wird, wen Sie als Erben in einem Testament oder Erbvertrag bestimmt haben. Haben Sie keinen „letzten Willen“ errichtet, dann gelten die gesetzlichen Regelungen zur Erbfolge. Wenn Sie in Ihrem Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, spricht man von einem „Enterben“ der gesetzlich vorgesehenen Erbberechtigten. Wer also vom Erblasser vom Nachlass ausgeschlossen und damit enterbt werden kann, richtet sich danach, wer nach der gesetzlichen Erbfolge überhaupt Erbe geworden wäre.

Gesetzliche Erben sind Ihre Verwandten und Ihr Ehegatte. Das Verwandtenerbrecht und das Ehegattenerbrecht stehen nebeneinander, sprich: gibt es einen Ehegatten, dann erbt dieser nicht allein, sondern erbt neben den gesetzlich bestimmten Verwandten. Die §§ 1924 ff. BGB geben für das Verwandtenerbrecht eine gestaffelte Ordnung der Erben vor, die sich an deren Verwandtschaftsgrad bemisst. Danach gelangt ein Verwandter nicht zur Erbfolge, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. In erster Linie sind die Abkömmlinge eines Erblassers zu dessen gesetzlichen Erben berufen. Abkömmlinge sind alle Personen, die mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt sind (§ 1589 S. 1 BGB). Enkelkinder werden durch im Erbfall lebende Kinder des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Hinterlässt der Erblasser zwei Kinder, so erben diese zu gleichen Teilen und schließen wiederum deren eigene Kinder von der Erbfolge aus. Ist eines der beiden Kinder bereits „vorverstorben“, so geht der Erbteil des vorverstorbenen Kindes direkt auf dessen Kinder (Enkel des Erblassers) wiederum zu gleichen Teilen über. Die Eltern des Erblassers, die das Gesetz der zweiten Ordnung zuteilt, werden durch die Kinder des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen. Geschwister des Erblassers werden erst dann Erben, wenn Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel) und mindestens ein Elternteil nicht vorhanden sind. Der vorhandene Elternteil erbt zu ½, während die Geschwister dann wieder an die Stelle des vorverstorbenen Elternteils treten und die verbleibende Hälfte zu gleichen Teilen erben.

Der Ehegatte wird vom Gesetz keiner bestimmten Ordnung zugeteilt. Er erbt aufgrund eines Sondererbrechts (§ 1931 BGB), welches davon abhängt, in welchem Güterstand der Erblasser verheiratet war. Leben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, steht dem überlebenden Ehegatten neben gemeinsamen Kindern oder Kindern des Erblassers aus § 1931 BGB ¼ und aus § 1371 BGB (pauschalierter Zugewinn im Todesfall) ein weiteres Viertel, insgesamt also ½ des Nachlasses zu. Gibt es keine Kinder, aber Verwandte der zweiten Ordnung, erhält der überlebende Ehegatte ¾ des Nachlasses. Eingetragene Lebenspartner sind wie Ehegatten zu behandeln, während der nichteheliche Lebenspartner nicht gesetzlicher Erbe ist.


Was müssen Sie tun, um ihren gesetzlichen Erben zu enterben?

Wenn Sie nicht möchten, dass eine nach der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigte Person Ihr Erbe wird, dann müssen Sie ein Testament oder einen Erbvertrag errichten. Darin können Sie dann Ihren oder Ihre Erben frei bestimmen.  Das reicht schon aus, es ist nicht notwendig, eine bestimmte Person ausdrücklich enterben.


Was ist die Folge einer Enterbung?

Aber Achtung: Wenn Sie zum Beispiel Ihren Ehegatten, Ihre Kinder oder, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, Ihre Eltern enterben möchten, so bestimmt § 2303 BGB, dass diesen ein Mindestwertanteil am Nachlass durch Einräumung eines sog. Pflichtteils zusteht. Diese wirtschaftliche Mindestbeteiligung, der Pflichtteil, auch Pflichtteilsanspruch, Pflichtteilsrecht und im Volksmund auch Pflichterbe genannt, soll als tragendes Strukturprinzip ebenso wie die Testierfreiheit durch die Erbrechtsgarantie des § 14 Abs. 1 GG geschützt sein (BVerfGE 112, 332). Der Pflichtteil besteht als reiner Zahlungsanspruch in Höhe der wirtschaftlichen Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteil muss daher in Ihre Überlegungen der Erbeinsetzung stets mit einbezogen werden, da Ihr letztwillig bestimmter Erbe den Pflichtteil aus dem Nachlass im Falle der Geltendmachung des Anspruchs bezahlen muss. Der Nachlass geht im Falle einer Enterbung von pflichtteilsberechtigten Personen daher in der Regel nicht ungeschmälert an den von Ihnen letztwillig bestimmten Erben.


Sie wollen gesetzliche Erben rechtssicher enterben? Dann lesen Sie vertiefend unsere Beiträge zu den Themen „Ansprüche enterbter Personen“ und „Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen“ oder kontaktieren Sie uns, wir stehen Ihnen gerne zur Seite.