Die Berechnung der Wertminderung bei Luxusfahrzeugen wie Ferrari, Lamborghini und Bugatti stellt eine besondere Herausforderung dar. Die üblichen Berechnungsmodelle sind oft nicht ausreichend, da für potenzielle Käufer die Unfallfreiheit bei solchen Fahrzeugen von außergewöhnlich hohem Interesse ist. Dies wurde in einem aktuellen Urteil des Landgerichts Köln deutlich, das sich mit der Wertminderung eines Ferrari F8 Spider nach einem Verkehrsunfall befasste.

Die Grundlagen

Nach einem Verkehrsunfall entsteht, in der Regel an nicht vorbeschädigten Fahrzeugen eine Minderung des potenziellen Verkaufserlöses, durch die dem Fahrzeug irreversibel anhaftende Unfalleigenschaft.  Fahrzeuge, die in Unfälle verwickelt waren und denen dadurch ein merkantiler Minderwert anhaftet, werden am Gebrauchtfahrzeugmarkt grundsätzlich günstiger als unfallfreie Fahrzeuge gehandelt. 

Der Fall: Ferrari F8 Spider

Im vorliegenden Fall war der Kläger Eigentümer eines Ferrari F8 Spider mit einem Neupreis von 294.004,- €. Bei einem Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug beschädigt, und ein von dem Kläger beauftragter Sachverständiger stellte eine Wertminderung von 20.000,- € fest. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahlte jedoch nur 10.900,- €, basierend auf der Marktrelevanz- und Faktorenmethode (MFM). Der Kläger verkaufte das Fahrzeug später für 310.000,- €, nachdem der Preis aufgrund des Unfallschadens von ursprünglich 330.000,- € reduziert wurde.

Gerichtsurteil: LG Köln, Urteil vom 5.2.2024 (16 O 206/22)

Das Landgericht Köln entschied zugunsten des Klägers und bestätigte die Wertminderung von 20.000,- €. Das Gericht stellte fest, dass „die gängigen Berechnungsmodelle auf den Markt für Luxusautos nicht passend sind“ und „für entsprechende potenzielle Käufer sei die Unfallfreiheit ein außergewöhnlich hohes Interesse“ (LG Köln, Urteil vom 5.2.2024, 16 O 206/22). Der Sachverständige hatte in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass „zweifelsfrei“ eine merkantile Wertminderung verbleibe und diese mit Sicherheit in Höhe von 20.000,- € eingetreten sei.

Begründung des Gerichts

Das Gericht folgte den Angaben des Sachverständigen. Der Sachverständige hatte sich anhand von Lichtbildaufnahmen und der weiteren Aktenlage ein Bild vom Schadenumfang gemacht und die Wertminderung plausibel festgelegt. Insbesondere erachtete der Sachverständige den bei dem Unfall erfolgten Radanstoß für die Berechnung eines Minderwertes als erheblich. Dieser Faktor erschien dem Gericht bei einem Luxussportwagen plausibel und nachvollziehbar. Zusätzlich beschrieb der Sachverständige die Auswirkungen des „Makels“ eines Unfalls bei Käufern von Fahrzeugen der Luxusklasse. Diese stellten sich gravierender dar als auf dem „normalen“ Gebrauchtwagenmarkt. Der Sachverständige gelangte zu der Feststellung, dass „die gängigen Berechnungsmodelle auf den Markt für Luxusautos nicht passend sind“, da für potenzielle Käufer die Unfallfreiheit von außergewöhnlich hohem Interesse sei. Daher müssten regelmäßig verhältnismäßig hohe finanzielle Anreize im Gegenzug für ein Unfallfahrzeug geboten werden.

Anpassung der Berechnungsmethoden

Der Sachverständige berechnete den Minderwert nach einer angepassten MFM und dem BVSK-Wertminderungsmodell, wobei er einen Luxusfaktor aufschlug. Aufgrund der beschriebenen Erwägungen zu dem Gebrauchtwagenmarkt im Luxussegment war dieser Aufschlag für das Gericht nachvollziehbar. Ferner hatte der Sachverständige lizensierte Ferrarihändler in Deutschland zu einer Wertminderung bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug mit dem konkreten Schadensbild befragt. Seiner endgültigen Berechnung legte der Sachverständige eine Schätzung basierend auf seinen eigenen Erfahrungswerten, die modifizierte Anwendung der MFM und des BVSK-Wertminderungsmodells sowie die Händlerbefragung zugrunde.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Berechnung der Wertminderung von Luxusfahrzeugen spezifische Marktverhältnisse und Käuferinteressen zu berücksichtigen. Das Gericht stellte klar, dass „bei einem merkantilen Minderwert handelt es sich um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kfz allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vorwiegend wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kfz besteht“ (BGH, Urteil v. 23.11.2004 - DAR 2005, 78).

Fazit

Das Urteil des Landgerichts Köln zeigt, dass bei der Berechnung der Wertminderung von Luxusfahrzeugen wie dem Ferrari F8 Spider besondere Faktoren berücksichtigt werden müssen. Die Unfallfreiheit ist für potenzielle Käufer von außergewöhnlich hohem Interesse, was zu einer höheren Wertminderung führt. Die Anpassung der Berechnungsmethoden durch einen Sachverständigen und die Berücksichtigung spezifischer Marktverhältnisse sind daher entscheidend, um eine angemessene Entschädigung zu gewährleisten. 

Kontakt

Die Anwälte der mehrfach ausgezeichneten Rechtsanwaltskanzlei Posikow Kehren Rechtsanwälte Partnerschaft mbB sind u.a. auf das Autokaufrecht, das Verkehrsrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Verkehrsstrafrecht spezialisiert. Partner der Anwaltskanzlei Rechtsanwalt Igor Posikow ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und konnte bereits zahlreiche Mandanten bundesweit beraten und erfolgreich vertreten.

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