Die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, ist für viele Arbeitnehmer ein wichtiger Bestandteil des Arbeitslebens. Doch unter welchen Voraussetzungen darf ein Arbeitgeber die „Home-Office-Erlaubnis“ widerrufen oder aufheben? Diese Frage sorgt regelmäßig für Streitigkeiten, die vor den Arbeitsgerichten geklärt werden müssen. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (Az. 6 Sa 579/23 vom 11.07.2024) liefert wichtige Erkenntnisse zu diesem Thema – insbesondere zur Abwägung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen.


Der konkrete Fall


Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer, der über Jahre hinweg nahezu ausschließlich im Home-Office gearbeitet hatte, seinen Lebensmittelpunkt ca. 500 km entfernt vom Unternehmensstandort eingerichtet. Der Arbeitsvertrag erlaubte grundsätzlich Versetzungen sowie den Widerruf der Home-Office-Regelung. Dennoch erklärte das Landesarbeitsgericht den Widerruf der Home-Office-Erlaubnis für unwirksam.
Der Grund: Die Entscheidung des Arbeitgebers überschritt die Grenzen des "billigen Ermessens", wie es § 106 der Gewerbeordnung für das Weisungsrecht vorschreibt.


Abwägung der Interessen


Das Gericht stellte klar: Bei der Entscheidung, ob eine Home-Office-Erlaubnis widerrufen werden kann, müssen die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Hier hatte der Arbeitnehmer überzeugend dargelegt, dass er aufgrund familiärer und sozialer Bindungen seinen Wohnsitz nicht ohne Weiteres verlegen könne. Der Arbeitgeber hingegen konnte kein gleichwertiges sachliches Interesse vortragen, das die Anwesenheit des Arbeitnehmers vor Ort zwingend erforderlich machte. Der Kundenkontakt erfolgte ohnehin projektbezogen und fand in der Regel direkt beim Kunden statt.


Die Konsequenz für Arbeitgeber


Arbeitgeber sollten vorsichtig sein, wenn sie eine bestehende Home-Office-Vereinbarung widerrufen möchten. Selbst wenn der Arbeitsvertrag eine Versetzung oder den Widerruf der Home-Office-Erlaubnis zulässt, sollte die Entscheidung immer den konkreten Umständen des Einzelfalls standhalten und auf einer sachlichen Interessenabwägung beruhen.


Die Konsequenz für Arbeitnehmer


Arbeitnehmer sollten wissen: Ein Widerruf der Home-Office-Erlaubnis durch den Arbeitgeber ist nicht immer rechtmäßig. Insbesondere dann, wenn die persönliche Lebenssituation durch die langjährige Home-Office-Tätigkeit geprägt wurde, können Arbeitnehmer erfolgreich ihre Interessen geltend machen.


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