Videoüberwachung unter Nachbarn oder im Verhältnis Vermieter/Mieter beschäftigt regelmäßig die Datenschutzaufsichtsbehörden und Gerichte. 

Was Sie unternehmen können, wenn der Nachbar oder Vermieter Ihr Grundstück oder den Hausflur im Mehrfamilienwohnhaus überwacht oder Sie eine solche Videoüberwachung befürchten, erfahren Sie in diesem Artikel.

Eine Videokamera zur Überwachung des eigenen Grundstücks darf nicht ohne Weiteres Bereiche erfassen, in denen Personen ohne ihre Einwilligung gefilmt werden könnten. Dies gilt insbesondere für

  • Nachbargrundstücke,
  • öffentlich zugängliche Bereiche und
  • Innenbereiche eines Mehrfamilienhauses (wie Treppenaufgänge, Fahrstühle oder Wohnungstüren), da die Mieter der Überwachung nicht ausweichen können.

Eine solche Überwachung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG), da sie dokumentiert, wer wann das Haus betritt oder verlässt und wer Besuch empfängt, sie kann bei den Betroffenen einen Überwachungsdruck erzeugen (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2010 (VI ZR 176/09).

Wie wehren Sie sich also?

  1. Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO

    Haben Sie Grund zur Annahme, von einer Videoüberwachung betroffen zu sein, können Sie gegen den Kamerabetreiber den Auskunftsanspruch des Art. 15 DSGVO geltend machen.

    Der Kamerabetreiber hat Ihnen unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats, Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten zu erteilen (z.B. über den Zeitpunkt und Umfang der Aufnahmen und deren Speicherung). Antwortet der Kamerabetreiber nicht innerhalb der gesetzten Monatsfrist oder nicht vollständig wie in Art. 15 DSGVO vorgesehen, können Sie sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde beschweren. Der Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO kann auch vor den Zivilgerichten durchgesetzt werden.

    Tipp: Haben Sie sich zunächst selbst erfolglos schriftlich um Auskunft nach Art. 15 DSGVO bemüht, kann der nach Ablauf der gesetzten Monatsfrist beauftragte Rechtsanwalt die für sein außergerichtliches Tätigwerden entstandenen Anwaltskosten als ersatzfähigen materiellen Schaden bei der Gegenseite geltend machen.

  2. Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde

    Die Datenschutzaufsichtsbehörde kann die Außerbetriebnahme der Kameras anordnen und diese gegebenenfalls mit Zwangsmitteln durchsetzen. Außerdem kann sie eine datenschutzrechtlich unzulässige Videoüberwachung als Ordnungswidrigkeit verfolgen und ein Bußgeld verhängen (Art. 83 Abs. 2 DSGVO).

    Bei Videoüberwachungsanlagen von Privatpersonen sind die Kontrollrechte der Aufsichtsbehörde jedoch stark eingeschränkt. Die Behörde verfügt nur bei Geschäftsräumen über eine gesetzliche Betretungsbefugnis – nicht aber bei Grundstücken und Wohnungen, die ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Aufgrund der hohen Auslastung vieler Behörden muss zudem mit einer langen Bearbeitungsdauer gerechnet werden.

  3. Zivilrechtliches Vorgehen - vorgerichtlich

    Wesentlich erfolgversprechender ist daher ein zivilrechtliches Vorgehen gegen den Kamerabetreiber.

    Unterlassung: Ein scharfes Schwert ist der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch. Als betroffene Person können Sie verlangen, dass die widerrechtliche Video­über­wachung sofort beendet wird, die Kamera anders justiert oder sogar abmontiert wird und ggf. existente Aufnahmen gelöscht werden  (§§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 17 DSGVO). Bei Wieder­holungs­gefahr, die nach einer ersten Verletzung regelmäßig vorliegt, kann der Betroffene von dem Filmenden verlangen, eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben.

    Schaden­ersatz: Der Betroffene kann vom Über­wacher Schaden­ersatz fordern, z.B. Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren und ggf. anderer Schäden, falls z.B. ein Teil des Gartens oder Balkons aufgrund der Videoüberwachung nicht mehr wie gewohnt genutzt werden konnte. Zusätzlich kann dem Betroffenen ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatzanspruch aus der DSGVO (Art. 82 DSGVO) zustehen. Die Höhe richtet sich dabei immer nach der Schwere des Eingriffs.

    Tipp: Auch Kameraattrappen können einen Anpassungs- und Überwachungsdruck erzeugen. Dagegen können Sie ausschließlich auf dem Zivilrechtsweg wirksam vorgehen. Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg hat entschieden, dass bereits die angedrohte Überwachung von Mietern im Eingangsbereich die allgemeine Handlungsfreiheit beeinträchtigt. (AG Lichtenberg, Beschluss v. 24.1.2008, 10 C 156/07)

  4. Zivilrechtliches Vorgehen - Klage auf Unterlassung und Schadensersatz

    Verweigert der/die Kamerabetreiber/in also die Entfernung der Kamera und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, ist der nächste Schritt die Einreichung einer Zivilklage auf Unterlassung. Gibt das Gericht der Klage statt, wird der/die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, wobei im Fall der Zuwiderhandlung eine empfindliche Geldstrafe zu zahlen ist, z.B. 250.000 Euro Ordnungsgeld oder ersatzweise Ordnungshaft.

    Eine solche Unterlassungsklage muss präzise formuliert sein, wobei die Anträge zwingend einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweisen müssen. Ein pauschaler Antrag, etwa „das Filmen zu unterlassen", ist dabei nicht ausreichend.

    Zusätzlich zum Unterlassungsanspruch können Betroffene auf dem Klageweg Ansprüche auf Auskunft geltend machen, auf Löschung der rechtswidrig erstellten Aufnahmen sowie auf Schadensersatz, wobei es auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankommt.

  5. Strafanzeige

    Nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

    Als betroffene Person können Sie gemäß § 205 Abs. 1 S. 2 StGB Strafantrag stellen.


Sprechen Sie mich zu Reaktionsmöglichkeiten bei illegaler Videoüberwachung Ihrer Wohnung oder Ihres Grundstücks gern an.

Gerne berate ich Sie auch zur rechtskonformen Gestaltung der Videoüberwachung auf Ihrem eigenen Grundstück.