Versicherungsnehmer stehen oft vor der Herausforderung, welche Kosten ihre Versicherung nach einem Schadensfall tatsächlich übernimmt. Das LG Lübeck hat nun in einem wichtigen Urteil entschieden, dass ein Versicherer nicht nur für den Teil-Austausch von beschädigten Bodenbelägen aufkommen muss, sondern unter bestimmten Bedingungen den vollständigen Austausch übernehmen muss.


Der Fall:

Nach dem versehentlichen Anbohren einer Hauswasserleitung trat in einem Wohnhaus Leitungswasser aus, wodurch Parkett und Tapeten beschädigt wurden. Die Versicherung wollte lediglich für den Teil-Austausch der betroffenen Stellen aufkommen. Die Klägerin bestand jedoch darauf, dass der gesamte Parkettboden sowie die betroffenen Tapetenflächen erneuert werden, um ein einheitliches Erscheinungsbild wiederherzustellen.

Das Urteil:

Das LG Lübeck entschied, dass die Versicherung für den vollständigen Austausch des Parketts aufkommen muss (05.06.2024, 4 O 345/22, Abruf-Nr. 244014). Eine Reparatur oder Teil-Erneuerung sei nicht zumutbar, da die ursprüngliche Parkettsorte nicht mehr erhältlich sei. Ein Flickwerk mit unterschiedlichen Holzarten würde zu nicht hinnehmbaren optischen Brüchen führen. Hinsichtlich der Tapeten entschied das Gericht jedoch anders: Ein optischer Bruch zwischen Wohn- und Essbereich sei durch die räumliche Trennung akzeptabel, weshalb hier nur die teilweise Erneuerung erstattet werden müsse.

Erweiterung des Anwendungsbereichs: Auswirkungen auf andere typische Schäden

Das Urteil könnte auch auf ähnliche Fälle mit anderen Bodenbelägen wie Fliesen, Laminat oder Vinylböden anwendbar sein. Falls beispielsweise eine bestimmte Fliesensorte nicht mehr verfügbar ist und ein Teilersatz optische Brüche oder eine unzumutbare Uneinheitlichkeit erzeugt, könnte ein kompletter Austausch ebenso als erforderlich angesehen werden. Auch bei Wandverkleidungen oder speziellen Design-Oberflächen könnte die Zumutbarkeit einer Teilreparatur im Schadensfall infrage gestellt werden. Versicherungsnehmer sollten daher prüfen lassen, ob ihre Ansprüche auf vollständige Schadensbeseitigung bestehen.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Urteil:

Parkettschäden & weitere Bodenbeläge: Ist das ursprüngliche Material nicht mehr verfügbar, kann ein Komplettaustausch notwendig und versicherungspflichtig sein. 

Tapetenschäden & Wandverkleidungen: Optische Unterschiede zwischen Räumen können akzeptabel sein, sodass nur ein Teil der Kosten erstattet wird. 

Versicherungspflicht: Die Erstattungspflicht richtet sich nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und den individuellen Vertragsbedingungen. Ausschlaggebend ist grundsätzlich, was ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer zur Wiederherstellung investieren würde.


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Georg Sandtner

Rechtanwalt und

Fachanwalt für Versicherungsrecht